Artikel zur Behandlung der Riesenzellarteriitis

Autoren

Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich
Dr. Claudine A. Blum
Aarau
PD Dr. Thomas Neumann
St. Gallen

Special Focus on Tocilizumab (Teil 1)

Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

Die schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Heilmittel (Swissmedic) erteilte am 18.06.2018 die Zulassung für die Behandlung der Riesenzellarteriitis (Temporalarteriitis) mit Tocilizumab (Actemra®).

Die Riesenzellarteriitis ist eine Vaskulitis mittlerer und grosser Arterien, welche fast ausschliesslich Personen im Alter über 50 Jahre befällt. Den Goldstandard der Behandlung bildeten bisher Glukokortikoide über längere Zeit, entsprechend assoziiert mit erheblicher Morbidität und Mortalität. Wie Einzelberichte und nun zwei randomisierte placebokontrollierte Studien (Phase II bzw. Phase III) gezeigt haben, stellt Tocilizumab einen Durchbruch in der Behandlung der Riesenzellarteriitis dar. Dies gibt uns Anlass genug, in einer dreiteiligen Übersicht die entscheidenden Studien vorzustellen, zudem die bisherigen positiven und negativen Aspekte der Therapie mit Glukokortikoiden aufzuzeigen und anhand von praktischen Beispielen aus der Praxis die Handhabung der neuen Therapie vorzustellen.

Im ersten Teil nun eine kurze Review der zwei randomisierten Studien:

Erste Studie

Villiger P. M. et al.: Tocilizumab for induction and maintenance of remission in giant cell arteritis: a phase 2, randomised, double-blind,placebo-controlled trial. Lancet 2016;387:1921-7.

Phase II randomisierte doppelblinde placebokontrollierte Studie; Vergleichung Tocilizumab (Infusionen alle vier Wochen bis Woche 52) versus Placebo.
Beide Gruppen erhielten per os Prednison in einer initialen Dosis von 1 mg/kg pro Tag, in der Folge mit Reduktion bis auf 0 mg.

Diese Berner Studie mit 20 Patienten zeigte als primären Outcome eine komplette Remission nach 12 Wochen bei 85% der Patienten unter Tocilizumab und 40% der Patienten unter Placebo. Ohne Rückfall bis zur Woche 52 blieben ebenfalls 85% unter Tocilizumab versus 20% unter Placebo. Die kumulative Dosis von Prednison war signifikant tiefer unter Tocilizumab. Bezüglich Nebenwirkungsprofil traten keine Überraschungen auf.

Zweite Studie

Stone J. H. et al.: Trial of Tocilizumab in Giant-Cell Arteritis. N Engl J Med 2017;377:317-28.

Randomisierte doppelblinde placebokontrollierte Phase-III-Studie mit vier Gruppen:

  1. Placebo sc wöchentlich plus Prednison (Reduktionschema über 26 Wochen)
  2. Placebo sc wöchentlich plus Prednison (Reduktionschema über 52 Wochen)
  3. Tocilizumab sc wöchentlich (162 mg) plus Prednison (Reduktion über 26 Wochen)
  4. Tocilizumab sc alle zwei Wochen (162 mg) plus Prednison (Reduktionschema über 26 Wochen)

Initiale Prednison-Dosis zwischen 20 mg und 60 mg täglich, Reduktion über 26- bzw.
52 Wochen auf 0 mg. Eingeschlossen wurden 250 Patienten über 50 Jahre, diagnostisch gesichert entweder mit Temporalbiopsie oder Bildgebung der grossen Gefässe.

Resultate: Anhaltende Remission ab Woche 12: 14% bzw. 18% in Placebogruppen versus 56% bzw. 53% in Tocilizumabgruppen. Kumulative Prednisondosis: Placebogruppen 3300 mg bzw. 3800 mg versus Tocilizumabgruppen je 1900 mg.
Sicherheit: Häufigkeit der Nebenwirkungen ähnlich in allen Gruppen, weniger ernsthafte Nebenwirkungen in der Tocilizumab-Population. Häufigste Nebenwirkungen waren Infekte.

Fazit: Die beiden Studien belegen, dass Tocilizumab eine effiziente Behandlung bei Riesenzellarteriitis darstellt und gegenüber der früheren Behandlungsmodalität mit ausschliesslichen Glukokortikoiden sowohl in der Wirksamkeit wie auch im Sicherheitsprofil überlegen ist.

Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

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