Übergewichtige Kinder haben häufig Knie- und Rückenschmerzen

Are children living with obesity more likely to experience musculoskeletal symptoms during childhood? A linked longitudinal cohort study using primary care records

Firman N et al. Arch Dis Child 2024:archdischild-2023-326407

Von 63‘418 (50.9 % Knaben) Erstklässlern und 55‘364 (50.8 % Knaben) Sechstklässlern im Nordosten Londons hatten 1868 (3.0 %) respektive 4477 (8.1 %) eine hausärztliche Konsultation wegen muskuloskelettaler Symptome oder Diagnosen. Der Gewichtsstatus wurde ethnisch angepasst: Untergewicht <2.; Übergewicht ≥91.; adipös ≥98. Perzentil. Mädchen der ersten Klasse mit Übergewicht (HR 1.24) und mit Adipositas (HR 1.67) hatten häufiger als normalgewichtige mindestens eine muskuloskelettale Konsultation. Mädchen der 6. Klasse mit Adipositas hatten öfter (HR 1.20), und Jungen mit einem BMI im untergewichtigen Bereich hatten seltener (HR 0.39) eine muskuloskelettale Konsultation. Am häufigsten waren in der ersten Klasse bei den Mädchen Knieschmerzen (41.4 % der Konsultationen), gefolgt von Rückenschmerzen (32.1 %); in der 6. Klasse führten die Mädchen dann häufiger Rückenschmerzen (44.8 %) als Knieprobleme (35.8 %) zum Arzt.

Adipöse Mädchen suchen ihren Hausarzt häufiger für eine muskuloskelettale Konsultation auf als normalgewichtige. Adipositas dürfte ein wichtiger Faktor für muskuloskelettale Symptome sein, insbesondere bei Mädchen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Hilft der Effekt von NSAR zur Differenzierung entzündliche versus mechanische Rückenschmerzen?

A Good Response to Nonsteroidal Antiinflammatory Drugs Does Not Discriminate Patients With Longstanding Axial Spondyloarthritis From Controls With Chronic Back Pain

Baraliakos X et al. J Rheumatol 2024;51(3):250

In dieser prospektiven Studie wurde der Effekt einer NSAR Therapie auf die   Rückenschmerzen bei Patienten mit einer axialen Spondylarthritis (axSpA) und Patienten mit nicht entzündlichen chronischen Rückenschmerzen untersucht. Es wurden 233 (68 mit axSpA und 165 mit non-axSpA Rückenschmerzen) eingeschlossen. Das Durchschnittsalter war 42 Jahre bei den axSpA Patienten und 49 Jahre bei den non-axSpA Patienten. Die durchschnittliche Dauer der Rückenschmerzen betrug 15.1, resp. 14.6 Jahre mit einem durchschnittlichen Schmerz-Score von 5.9, resp. 6.3 (VAS 0-10). Die Patienten mussten bestehende NSAR 2 Tage vor Studienbeginn absetzen. Sie erhielten danach NSAR in der höchst möglichen Dosierung während 4 Wochen. Die NSAR waren Diclofenac 2-mal 75mg, Ibuprofen 3 mal 800 mg, Acemetacin 2-mal 90 mg, Naproxen 2-mal 500mg, Etoricoxib 1-mal 90 mg oder Celecoxib 2-mal 200mg.

Eine Verbesserung der Schmerzen um mindesten 2 Punkte in der VAS Schmerz hatten im Verlauf der 4 Wochen 30.9% der axSpA und 29.1 der non-axSpA Patienten. Ein gutes Ansprechen (>50 % Schmerzreduktion) nach 4 Wochen zeigten 23% versus 16.4%. Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen waren nicht signifikant!

Kommentar
Diese Studie ist für mich in zweierlei Hinsicht interessant. 1. Das Ansprechen auf NSAR ist bei Patienten mit einer axialen Spondylarthritis nicht besser als bei Patienten mit nicht entzündlichen chronischen Rückenschmerzen. 2. ist das Ansprechen, zumindest bei langjährigen Rückenschmerzen, unabhängig ob entzündliche oder nicht entzündlich, enttäuschend schlecht mit einem guten Ansprechen (>50 % Schmerzreduktion) bei nur knapp ¼ der Patienten.

Damit ist das Kriterium «gutes Ansprechen auf NSAR» in den ASAS Klassifikationskriterien für die axiale SpA von 2009 zu relativieren.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Risikofaktoren für persistierende Schmerzen bei RA Patienten

Predictors for severe persisting pain in rheumatoid arthritis are associated with pain origin and appraisal of pain

Baerwald C et al. Ann Rheum Dis 2024:online ahead of print

Diese prospektive Multizenterstudie zeigt den Schmerzverlauf von 567 Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) mit einer mittleren Krankheitsdauer von 2.5 -2.7 Jahren zum Zeitpunkt eines DAS28 von > 3.2 und einem Schmerzempfinden gemessen anhand einer VAS von > 50 vor und unter intensivierter antirheumatischer Therapie.

Analysiert wurden demographische Daten, DAS-28/CRP, VAS für Schmerz, „painDETECT Fragebogen“ zur Erfassung eines neuropathischen Schmerzes und die Skala für Schmerzkatastrophisierung.

In der Gruppe der Responder zeigten trotz DAS-Verbesserung nach 24 Wochen immerhin 22.6% (128 Patienten) einen persistierenden VAS für Schmerzen > 50. Bei 50% dieser Patienten persistierten die Schmerzen auch noch bis zur nächsten Analyse nach 48 Wochen.

Unabhängige Risikofaktoren hierfür waren Schmerzkatastrophisierung und eine grosse Anzahl an schmerzhaften Gelenken zu Beginn der Therapieeskalation.

Schlussfolgernd wird der Schmerz bei RA als multifaktoriell – und somit nicht ausschliesslich entzündlich, sondern ebenfalls neuropathisch/nichtnozizeptiv – gesehen.

Kommentar
Bei initial fast 100% Schmerzen im Rahmen einer RA Diagnose sind nach ca 1 Jahr (offiziell suffizienter) Therapie noch mindestens 15% der RA-therapierten Patientinnen und Patienten schmerzgeplagt, und dies weitgehend unabhängig von einem «tender/swollen joint count».

Die vorgelegte Studie zeigt, wie wichtig es ist, erstens diese Schmerzen nicht zusätzlich zu «katastrophisieren», sondern sie ernst zu nehmen und auf einen positiven Verlauf hinzuweisen und hinzuarbeiten.

Zweitens scheint die Intensität der initialen Präsentation im Fall ausgeprägter Aktivität eine klare Rolle für den Schmerzverlauf zu spielen.

Neben dem Focus der rasch- und bestmöglichen Therapie zur Inflammationsreduktion und Remissionserhaltung bedarf es einer Aufklärung und wenn irgend möglich auch einer nicht-medikamentösen Therapie von chronischen Schmerzen auch in diesem «setting».

Erfahrungsgemäss sind einige Betroffene auch in Sorge, dass im Rahmen einer Schmerzfreiheit die anti-rheumatische Medikation gestoppt werden könnte – was ärztlicherseits ja eher nicht dem Standard entspricht. Angst vor der zukünftigen Situation scheint somit ebenfalls eine grosse Rolle zu spielen in der Schmerzwahrnehmung und dem Schmerzverlauf. Inwieweit hier immer eine suffiziente Intervention angeboten werden kann oder auch in Anspruch genommen wird, bleibt individuell unterschiedlich.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Medikamentös induzierte Kopfschmerzen

Medication-overuse headache: a narrative review

Gosalia H et al. J Headache Pain 2024;25:89

Kopfschmerzen durch Medikamenten-Überkonsum betrifft ein bis zwei Prozent der Bevölkerung. Die vorliegende Review berücksichtigt die relevante Literatur sowie Guidelines, ebenso die eigene klinische Erfahrung der Autoren. Verschiedene Medikamente können zu Kopfschmerzen führen (im Allgemeinen definiert als mindestens 15 Kopfschmerztage pro Monat über drei Monate). Diese umfassen aus rheumatologischer Sicht insbesondere die NSAR, Paracetamol sowie Opioide. Studien zeigen, dass ein abrupter Entzug in der Regel zu mehr Schmerzen zumindest in der Übergangsphase führt und deshalb als alleinige Massnahme nicht fruchtet. Viel mehr steht an erster Stelle der Empfehlungen die Aufklärung des Patienten. Dies kann bereits viel ändern, sofern der Patient die Zusammenhänge einsieht. Verschiedenste Substanzen können einen Entzug erleichtern, entscheidend ist aber die Information des Patienten.

Fazit
Medikamentös induzierte Kopfschmerzen stellen ein beträchtliches Krankheitsproblem dar. Eine allgemein gültige und erfolgreiche Intervention gibt es nicht. Indessen ist die Aufklärung des Patienten eine Voraussetzung, um allenfalls mit Überbrückungstherapie einen Entzug zu erleichtern.

Sehr wichtig ist indessen die Früherkennung der Ursache von Kopfschmerzen. Klagt ein Patient über Schmerzen, empfiehlt sich als erster Schritt eine Durchsicht der Medikamentenliste unter Berücksichtigung, dass Patienten in der Regel Medikamente von mehr als einem Arzt verschrieben einnehmen. Darauf abgestützt empfiehlt sich eine eingehende Aufklärung des Patienten.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich