Dr. med. Christian von Mitzlaff, ORL, Universitätsspital Zürich
Dr. med. Christian Thüring, ORL, Universitätsspital Zürich
Eine 13-jährige bis anhin hörgesunde Patientin wurde uns zur fachärztlichen Beurteilung zu -
gewiesen, nachdem sie sich mit einem Mikadostab am rechten Gehörgang verletzt hatte.
Es kam darau.in zu einem sofort einsetzenden, stechenden Schmerz im rechten Ohr sowie zu einem Tinnitus, welcher rasch regredient war.
Weiter berichtet die Patientin über eine Hörminderung auf diesem Ohr.
Bildgebung:
Welche Verdachtsdiagnose halten Sie für zutreffend?
Richtige Antwort:
D. Traumatische Trommelfellperforation
Auflösung:
Bei diesem Fall handelt es sich um eine traumatische Trommelfellperforation,
verursacht durch die direkte Krafteinwirkung
des Mikadostabs. Die Perforation ist im hinteren oberen
Quadranten lokalisiert und vergleichsweise klein. Durch die
Perforation lassen sich Teile der Gehörknöchelchenkette erkennen,
in diesem Fall das incudostapediale Gelenk (Gelenk
zwischen Amboss und Steigbügel).
Trommelfellperforationen können traumatisch durch
Einwirkung eines Fremdkörpers oder eine Druckänderung
bei einem Schlag auf das Ohr au.reten. Nicht-traumatische
Ursachen können eine spontane Perforation im
Rahmen einer Otitis media oder eine bleibende Perforation
nach Ohreingri.en, z.®B. Paukenröhrchen sein.
Zusätzliche Verletzungen der Gehörknöchelchenkette
oder des Innenohrs sind je nach Stärke des Traumas
ebenfalls möglich.
Die Diagnose ergibt sich einerseits aus der Anamnese mit
unmittelbar einsetzenden Schmerzen, sowie möglicher
blutiger Otorrhoe, Hörminderung, Schwindel oder
Tinnitus. Klinisch zeigt sich in der Regel ein Weber-Versuch,
der in das betro.ene Ohr lateralisiert und möglicherweise
ein negativer Rinne-Versuch. In der Otoskopie
imponiert die sichtbare Verletzung des Trommelfells.
Bei sehr kleinen Perforationen kann der Stimmgabelversuch
normal ausfallen. Bei pathologischen Befunden im
Sinne eines Weberversuches, der in das gesunde Ohr
lateralisiert, ausgeprägter Hörminderung und Schwindel
ist dringend eine rasche weiterführende ohrenärztliche
Diagnostik angezeigt.
Traumatische Trommelfellperforationen heilen in der
Regel spontan zu und bedürfen keiner Intervention. Der
Patient soll einen konsequenten Wasserschutz des
betro.enen Ohrs durchführen. Bei Verletzungen mit
einem kontaminierten Gegenstand, der bis ins Mittelohr
perforiert, ist eine antibiotische .erapie sinnvoll.
Als Komplikationen einer persistierenden Trommelfellperforation
können gehäu.e Mittelohr- und Geh.rgangsentzündungen
au.reten. Bei langanhaltender Perforation
kann sich eine chronische Otitis media (Otitis media
chronica simplex oder Cholesteatom) entwickeln.