Nachdem wir in der letzten Ausgabe (November; 6/2020) die Untersuchungsmethoden für den Ellbogen aufgezeigt haben, widmen wir uns in den künftigen Ausgaben den häufigsten Krankheitsbildern und deren Behandlung. Um möglichst strukturiert vorzugehen teilen wir den Ellbogen in ein laterales und mediales Kompartiment ein, was dem Untersucher bei klarer Schmerzlokalisation bereits eine gewisse Eingrenzung ermöglicht. Wir beginnen nun mit dem lateralen Ellbogenschmerz. Nach Ausschluss einer Affektion der HWS und Schulter können mit der systematischen Untersuchung die folgenden, häufigsten Differentialdiagnosen gut voneinander abgegrenzt werden.

Tennisellbogen (Epicondylopathia humeri radialis, Epicondylitis humeri radialis)

Obwohl der Tennisellbogen die wahrscheinlich häufigste und bekannteste Ursache für den lateralen Ellbogenschmerz ist, bestehen einige Unklarheiten.

Dies beginnt schon beim häufig gebrauchten Namen «Epicondylitis»: Mehrere Studien haben gezeigt, dass es sich weder um eine akute, noch um eine chronische Entzündung handelt. Histologisch besteht eine nicht-entzündliche, angiofibroblastische Tendinopathie mit Neovaskularisation und gestörter Kollagengerüstbildung. Dies entspricht chronischen Mikroläsionen am Sehnenursprung durch repetitive Mikrotraumata oder Überbelastung. Der am häufigsten betroffene Sehnenansatz ist derjenige des Extensor carpi radialis brevis Muskels (Abb. 1).

Abb. 1: Präparat lateraler Ellbogen; ECRB: Extensor carpi radialis brevis; Lateraler Bandkomplex mit: Radiales Seitenband (R-LCL), Ulnares laterales Seitenband (U-LCL bzw. LUCL) und Ligamentum Anulare (An Lig.); Arrigoni P, YJARS: 30, 2014

Dabei gilt es v.a., auch die anatomische Nähe zum lateralen Seitenbandkomplex zu beachten. So versteht man die enge Vergesellschaftung des Tennisellbogens mit einer möglichen lateralen Bandinstabilität.

Als Ursache für die Mikrotraumata gilt eine falsche Griffhaltung z.B. beim Tennisspielen, viel häufiger sind aber repetitive Bewegungen am Arbeitsplatz, von Tastaturschreiben bis zu monotonen schweren handwerklichen Tätigkeiten.

1–3% der erwachsenen handwerklich tätigen Bevölkerung leidet jährlich an einem Tennisellbogen, der meist mehrere Monate symptomatisch bleibt und häufig mehrwöchige krankheitsbedingte Abwesenheiten mit sich bringen kann. (Keijsers R, Shoulder & Elbow: 11, 2018; Calfee RP, J Am Acad Orthop Surg: 16, 2007)

Die Abgrenzung zu den, hier im Artikel erwähnten, häufigsten Differentialdiagnosen des lateralen Ellbogenschmerzes erfolgt meistens durch die Anamnese und eine einfache klinische Untersuchung. Wegweisend ist die lokale Druckdolenz und der positive Cozen-Test, die Durchführung wurde in unserem Artikel im Heft 6/2020 beschrieben. Bildgebende
Abklärungen mittels MRI sind meistens nicht notwendig (Abb. 2), höchstens zum definitiven Ausschluss einer lateralen Bandläsion und einer posterolateralen Instabilität (ein ausführlicher Beitrag über die Bandinstabilitäten folgt in einer der nächsten Ausgaben).

Abb. 2: MRI, Coronarschnitt; H: Humerus; R: Radius; U: Ulna; 1: Ursprung Extensor carpi radialis brevis mit typischem hyperintensem Signal als Zeichen der Tendiopathie ; 2: Extensor carpi radialis brevis; 3: Ligamentum anulare

Trotz der Häufigkeit der Erkrankung sind nur wenige Therapieansätze ausreichend evidenzbasiert. Unbestritten ist, dass an erster Stelle das Krankheitsverständnis und die damit verbundene Vermeidung von schmerzverursachenden Tätigkeiten stehen. Der zweite Pfeiler der Behandlung bildet die Physiotherapie mit exzentrischen Dehnungs- und Kräftigungsübungen und einem täglich durchgeführtem Heimprogramm. Bei fehlender Besserung über mehrere Monate kann eine PRP/ACP (platelet rich plasma/
autologes conditioniertes Plasma) Infiltration in den loco dolenti durchgeführt werden, die bei zwischenzeitlich positivem Ansprechen wiederholt werden kann. Steroidinfiltrationen hingegen sollten unterlassen werden, da sie nur kurzfristig nützen und längerfristig sogar schaden (Fettgewebsnekrosen, Seitenbandläsionen). Begleittherapien wie Ultraschallbehandlungen oder Kompressionsbandagen haben keine starke Evidenz, werden aber trotzdem häufig verwendet.

Durch eine kurzzeitige NSAR Therapie, kombiniert mit Elimination der verursachenden schmerzhaften Bewegungen und Physiotherapie, bessern sich 80% der Tennisellbogen innert eines Monats, 90% innert eines Jahres. Der Patient muss dafür aber unbedingt über die langwierige Therapie aufgeklärt werden. Insgesamt benötigen etwa nur 10% der Patienten eine chirurgische Therapie. Bei Therapierefraktären Tennisellbogen muss eine posterolaterale Ellbogeninstabilität klinisch und gegebenenfalls mittels MRI ausgeschlossen werden. Letztere kann Ursache oder Folge eines Tennisellbogens sein.

Hausintern gehen wir nach folgendem Schema vor: Bei klinischer Diagnosestellung (Druckdolenz über Epicondylus humeri radialis und positiver Cozen- Test; Illustration der Tests in der Ausgabe 6/2020) sowie klinisch fehlendem Hinweis für eine posterolaterale Instabilität (Varus-Stresstest, Drawer- Test, Pivot-Shift-Test, Table top und Table top relocation Test; Illustration der Tests in der Ausgabe 6/2020) folgt eine NSAR Therapie mit Physiothera- pie und je nach Arbeitsbelastung Verschreibung einer Arbeitsunfähigkeit zur Vermeidung der schmerzauslösenden Belastung. Wichtig sind das Krankheitsverständnis und die damit verbundene Vermeidung von schmerzverursachenden Tätigkeiten sowie die Information des Patienten über den oftmals langwierigen Verlauf. Eine komplette Ruhigstellung sollte vermieden werden. Stellt sich unter diesen Massnahmen innert drei Monaten keine Besserung ein, führen wir zusätzlich eine PRP/ACP Infiltration durch, die bei zwischenzeitlich positivem Ansprechen bis zu drei Mal wiederholt werden kann. Persistieren die Beschwerden über ein halbes Jahr, schliessen wir mittels MRI eine Läsion des lateralen Bandkomplexes aus und therapieren schlussendlich mittels arthroskopischem Release der Extensor carpi radialis brevis Sehne (Abb. 3).

Abb. 3: Arthroskopischer Blick auf Epicondylus humeri radialis; Links vor Release ECRB; Rechts nach Release ECRB. ECRB: Extensor carpi radialis brevis; R-LCL: Radial lateral collateral ligament; U-LCL: Ulnar lateral collateral ligament

Der Eingriff erfolgt ambulant, postoperativ soll der Ellenbogen für sechs Wochen geschont werden mit jedoch erlaubter Belastung nach Schmerzmassgabe (Physiotherapie). Dies führt meistens zu einer Arbeitsunfähigkeit von ca. zwei Wochen bei Bürotätigkeiten und bis zu zwei Monaten für handwerkliche Tätigkeiten.

PIN-Syndrom (Supinator-Syndrom)

Plica-Syndrom (Posterolaterale Plica, Impingement)

Radio-capitellare Knorpelschäden (Osteochondrosis dissecans und Arthrose)