In diesem Beitrag werden die wichtigsten Brüche des Ellbogens behandeln und die häufigsten Frakturmuster aufarbeiten. Brüche des Ellbogengelenkes zeigen eine Häufigkeits-Verteilung über 2 Altersgruppen. Einerseits junge Patienten nach Sport- oder Arbeitsunfällen, andererseits ältere Patienten nach Sturzereignissen. Bei Brüchen um das Ellbogengelenk ist häufig ein operativer Eingriff zur Wiederherstellung der Kongruenz des Gelenkes erforderlich. Die konservative Therapie ist bei undislozierten Frakturen oder geringen Ansprüchen des Patienten möglich.

Das Ellbogengelenk besteht aus 3 Anteilen – Dem Humero-Radial-Gelenk, dem Humero-Ulnar-Gelenk sowie dem proximalen Radio-Ulnar-Gelenk.

Klinische Untersuchung

Bei Brüchen des Ellbogens wird das Gelenk ähnlich wie bei der Ellbogenluxation schmerzbedingt in der Regel am Körper gehalten und von den Patienten mit der Gegenseite gestützt. Wir achten inspektorisch insbesondere auf Verletzungen der Haut und Fehlstellungen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen offener und geschlossener Fraktur. Weiter ist die Überprüfung der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität entscheidend. Eine Bewegungsprüfung ist schmerzbedingt meist nicht möglich.

Radiologische Diagnostik

Standardröntgenbilder des betroffenen Ellbogens in 2 Ebenen (a.p./lat.) reichen für die erste Beurteilung aus. Bei intraartikulärer Beteiligung ist eine CT Diagnostik zur präoperativen Planung hilfreich.

Olecranonfrakturen

Frakturen des Olecranon können durch direkten auf den Ellbogen, aber auch indirekt durch Stürze auf den Arm entstehen. Die Artikulation mit dem distalen Humerus bildet das Humero-Ulnar-Gelenk. Die Tricepssehne Ellbogen breitflächig am Olecranon und zieht das Bruchfragment nach proximal.

Olecranonfrakturen werden in der Regel operativ therapiert. Einzige Ausnahme wäre die undislozierte Fraktur bei älteren Patienten mit geringen Ansprüchen und radiologisch zentriertem Gelenk. Diese können mit gutem funktionellem Resultat auch konservativ therapiert werden. Als operative Möglichkeiten kommt bei einfachen Brüchen die
Zuggurtungs-Osteosynthese (Abb. 1) und bei komplexeren Brüchen die Plattenosteosynthese (Abb. 2) zum Einsatz.

Abb. 1: Einfache Olecranonfraktur (A, B: Unfallbilder; C, D: postoperatives Resultat nach Zuggurtungs-Osteosynthese)
Abb. 2: Olecranonfraktur mit Zwischenfragmenten (A, B: Unfallbilder; C, D: postoperatives Resultat nach Plattenosteosynthese – Synthes VA-LCP Olecranon-Platte)

In der Regel heilen diese Frakturen mit einem guten funktionellen Resultat. Ein verbleibendes mildes Extensionsdefizit ist möglich. Durch die subcutane Lage des Knochens stört das Osteosynthesematerial in vielen Fällen und muss in einem zweiten Eingriff entfernt werden.

Transolecranäre Luxationsfraktur

Durch direkte Stürze auf den Ellbogen kann es zu komplexen Frakturen der proximalen Ulna in Kombination mit einer Luxation kommen. Die Kraft wirkt direkt durch das Olecranon ein. Diese Frakturen unterscheiden sich in ihrer Morphologie von den später gezeigten Monteggia-Frakturen und werden deshalb gesondert aufgeführt. In der Regel handelt es sich um mehrfragmentäre Frakturen. Ziel ist es, das Gelenk mit einer Plattenosteosynthese und falls erforderlich freien Schrauben wiederherzustellen (Abb. 3).

Abb. 3: Transolecranäre Luxationsfraktur (A: Unfallbild; B, C: CT Diagnostik zur präoperativen Planung mit sichtbarer Luxation des Gelenkes; D, E: Postoperatives Resultat 3 Monate nach Plattenosteosynthese mit zentriertem Gelenk)

Je nach Komplexität der Ausgangsverletzung kann eine Bewegungseinschränkung (häufig ein Extensionsdefizit) verbleiben. Ähnlich wie bei zuvor genannten Olecranonfrakturen kann das Material stören und muss in diesen Fällen in einem zweiten Eingriff entfernt werden.

Radiusköpfchenfrakturen

Nach Stürzen auf den Arm sind Frakturen des Radiusköpfchens häufig. Bei undislozierten Frakturen findet man häufig ein positives Fettpolster-Zeichen (fat pad Zeichen, Abb. 4) als indirekten Frakturnachweis.

Abb. 4: fat pad Zeichen

Klassifikation von Radiusköpfchenfrakturen

Radiusköpfchenfrakturen werden nach Mason in 3 Typen eingeteilt. Der Typ I ist die undislozierte oder minimal dislozierte Fraktur, der Typ II ist > 2 mm disloziert und der Typ III beinhaltet stark dislozierte und mehrfragmentäre Frakturen.

Therapie von Radiusköpfchenfrakturen

Die Typ I Fraktur kann konservativ therapiert werden. Es erfolgt die funktionelle Nachbehandlung. Nach einer kurzen Ruhigstellung in einer Mitella dürfen die Patienten nach Massgabe der Beschwerden bewegen und haben ein gutes funktionelles Resultat zu erwarten. Typ II Frakturen mit Dislokation > 2 mm werden in der Regel operativ verschraubt (Abb. 5
und 6).

Abb. 5: Einfache Fraktur des Radiusköpfchens (A, B: Unfallbilder; C, D: CT-Diagnostik mit sichtbarer Stufe; E, F: Osteosynthese mit Schrauben)
Abb. 6: Klinisches Resultat nach Verschraubung einer Radiusköpfchenfraktur (A: Inzision; B, C, D, E: Klinische Funktion nach 3 Monaten)

Auch bei Typ III Frakturen ist eine Operation erforderlich. Je nach Komplexität der Fraktur ist eine Osteosynthese oder bei komplexen Fällen die Implantation einer Radiusköpfchenprothese erforderlich.

Bei stabilem Ellbogen und nicht rekonstruierbarem Radiusköpfchen, kann dieses auch entfernt werden. War der Ellbogen luxiert und ist entsprechend instabil, darf das Radiusköpfchen unter keinen Umständen entfernt werden.

Monteggia-Frakturen

Bei der von Giovanni Battista Monteggia beschriebenen Fraktur handelt es sich um eine Fraktur des proximalen Drittels der Ulna in Kombination mit einer Luxation im Humero-Radial-Gelenk nach anterior. Insgesamt gehören Monteggia-Frakturen zu den selteneren Frakturen.

Klassifikation von Monteggia-Frakturen

Es erfolgt die Klassifikation der Verletzung nach Bado in 4 Typen. Typ I ist dabei die klassische Monteggia-Fraktur mit Bruch der Ulna im proximalen Drittel und Dislokation des proximalen Radius aus dem Humero-Radial-Gelenk nach anterior. Der häufigere Typ II zeigt eine Fraktur der Ulna mit Luxation des proximalen Radius nach posterior (Abb. 7).

Abb. 7: Monteggia-Fraktur Typ Bado II (A: Bild vor Reposition; B, C: postoperative Kontrolle 3 Monate nach Plattenosteosynthese sowie Rekonstruktion des Processus coronoideus und des proximalen Radio-Ulnar-Gelenkes mit freien Schrauben); D, E, F, G: Klinisches Resultat nach Osteosynthese

Beim seltenen Typ III luxiert der Radius nach lateral. Typ IV sind Frakturen von Radius und Ulna. Der Typ II der Bado Klassifikation wurde von Jupiter zusätzlich in 4 Untergruppen eingeteilt.
Entscheidend ist in dieser Sub-Klassifikation die Beteiligung des Processus coronoideus der Ulna.

Therapie von Monteggia-Frakturen

Bei korrekter anatomischer Reposition und Fixation der Ulna reponiert das Radiusköpfchen in den meisten Fällen und benötigt keine zusätzliche Stabilisation.
Wie auf dem Bild (Abb. 7-D) ersichtlich, ist auch bei diesen Verletzungen das häufigste Residuum ein mildes Extensionsdefizit.

Frakturen des distalen Humerus

Unter den distalen Humerusfrakturen werden unterschiedliche Frakturmuster zusammengefasst. Die extraartikulären Frakturen werden als suprakondyläre Frakturen bezeichnet. Bei den artikulären Frakturen kann nur der radiale oder der ulnare Pfeiler oder beide Pfeiler betroffen sein. Die kleinste artikuläre Fraktur wäre die Abscherfraktur des Capitulum
humeri – diese Fraktur wird als Hahn-Steinthal Fraktur bezeichnet.

Frakturen des distalen Humerus werden mit wenigen Ausnahmen operativ versorgt. Dabei ist die biomechanisch stabilste Art der Versorgung die Doppelplatten-Osteosynthese. Es werden also 2 Platten am distalen Humerus angelegt (Abb. 8). Bei komplexeren Frakturen muss zusätzlich das Olecranon osteotomiert werden, um bessere Einsicht auf den Gelenkblock
zu erhalten (Abb. 9).

Abb. 8: Distale Humerusfraktur (A, B: Unfallbilder; C, D: Versorgung mit Doppelplatten-Osteosynthese und freier Schraube – VA-LCP für distalen Humerus der Fa. Synthes; E, F, G, H: Klinisches Resultat nach Osteosynthese)
Abb. 9: Komplexe distale Humerusfraktur (A, B: Unfallbilder; C, D: intraoperative Bilder mit Doppelplatten-Osteosynthese und freien Schrauben sowie Olecranon-Osteotomie; E, F, G, H: Klinisches Resultat nach Osteosynthese)

Die Ellbogenprothese bei komplexen Frakturen des distalen Humerus

Bei komplexen distalen Humerusfrakturen des älte- ren Patienten mit schlechter Knochenqualität kann auch direkt die Implantation einer Ellbogenprothese erfolgen (Abb. 10).

Abb. 10: Distale Humerusfraktur bei einer älteren Patientin mit schlechter Knochenqualität (A, B: Unfall- bilder; C, D: Versorgung mit Coonrad-Morrey Ellbogen- Totalprothese Fa. Zimmer®; E, F, G, H: Klinisches Resultat nach Ellbogenprothese)

Ziel in diesem Patientenkollektiv ist, eine möglichst baldige Wiederherstellung der Alltagsfunktion mit nur einem operativen Eingriff zu erreichen. Zu beachten ist nach Implantation einer Ellbogenprothese das Limit für die Belastung des Ge- lenkes. Es beträgt 1 kg für repetitive Lasten und 5 kg für allgemeine Lasten.

 

Zusammenfassung – Outcome

Frakturen um das Ellbogengelenk heilen in der Regel mit einem guten funktionellen Outcome für den Pa- tienten. Häufig verbleibt lediglich ein mildes Extensionsdefizit, mit dem die Patienten den Alltag jedoch gut bewältigen können. Vor allem nach Osteosynthesen an der Ulna muss das Osteosynthesematerial häufig in einer zweiten Operation wieder entfernt werden, da es durch die subcutane Lage des Knochens stören kann.

Posttraumatische Arthrosen die zur Notwendigkeit der Implantation einer Ellbogenprothese führen, sind äusserst selten.

Zusammenfassung

Frakturen um das Ellbogengelenk sind die Domäne der operativen Therapie. Ziel ist die anatomische Wiederherstellung aller Gelenkanteile. Bei korrekter Indikationsstellung und anatomischer Frakturreposition haben diese Frakturen ein gutes funktionelles Outcome. Ein mildes Extensionsdefizit ist das häufigste Residuum nach Frakturen um das Ellbogen- gelenk. Posttraumatische Arthrosen, die zur Notwendigkeit der Implantation einer Ellbogenprothese führen, sind äusserst selten.