Sind Schmerzen wetterabhängig?

Are weather conditions associated with chronic musculoskeletal pain? Review of results and methodologies

Beukenhorsta A.L. et al. Pain 2020;161:668

Die Autoren gehen der uralten Frage nach, welchen Einfluss das Wetter auf die Schmerzempfindung hat. In 5 Datenbasen fanden sie 4707 Artikel und wählten 43 für die Auswertung aus. Die Datenlage erweist sich als dürftig. Viele Studien stammen aus grauer Vorzeit mit fraglicher Qualität, und über die Hälfte der Studien berichten über weniger als 100 Patienten. 86% der Studien waren longitudinal mit oft kurzer Beobachtungszeit (1 Monat) in einer Patientenkohorte. In 84% der Studien basierte die Schmerzangabe auf Selbstdeklaration. Die Diagnosen bei 33 muskuloskelettalen Studien waren 10 RA, 9 Arthrose, 8 Fibromyalgie, 4 Kreuzschmerz und 2 Gicht. Zwei Drittel der Studien fanden zwar eine Beziehung zwischen irgendeiner Wetter-Variablen (meistens Temperatur, Luftdruck, relative Feuchtigkeit, Niederschlagsmenge) und Schmerz, aber bei metaanalytischer Betrachtungsweise ergaben sich keine Konsistenzen.

Die spannende Frage – bei den täglichen Klagen vieler Patienten wegen Schmerzverstärkung bei schlechtem und insbesondere feuchtem Wetter – nach dem Stellenwert der Wetterlage auf die Schmerzempfindung bleibt ungeklärt. Kann die Arthrose den Wetterwechsel vorausspüren lassen? Sind Schmerzen bei feuchtem Wetter schlimmer? Im Zeitalter von Big Data (nur 9 Studien zur Arthrose) sollten wir, abgesehen von der Pathogenese, endlich bessere Zahlen generieren, und das Fazit der Autoren ist denn auch eine Anleitung zu besseren Studien.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Hyperlaxizität und Muskelkraft

Does muscle strength change over time in patients with Hypermobile Ehlers-Danlos Syndrome/Hypermobility Spectrum Disorder? An 8-year follow-up study

Coussens M. et al, Arthritis Care Res, 2020:online

Die axiale und artikuläre Hyperlaxizität ist sehr häufig und eine wichtige Ursache, respektive Differentialdiagnose von undifferenzierten Arthralgien. Patientinnen mit hypermobilem Ehlers-Danlos-Syndrom (HEDS) weisen eine reduzierte Muskelkraft und Kraftausdauer auf. In dieser prospektiven Studie wurden über 30 betroffene Patientinnen mit einer gesunden Kontrollgruppe über den Zeitraum von 8 Jahren beobachtet: die Muskelkraft wurde gemessen, zudem Muskelmasse und -dichte mittels Dual-Energie-Röntgenabsorptiometrie und peripherer quantitativer Computertomographie ausgewertet. Die Analyse der Daten ergab, dass Muskelkraft und Ausdauer sowohl zu Beginn als auch im Verlauf in der HEDS-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant niedriger waren. Die Patientinnen zeigten keine Muskelatrophie und keine vermehrte Muskelverfettung.

Fazit:
Bei Hyperlaxizität sollte immer ein zugrundeliegendes Syndrom (EDS-Syndrome, Fibrillinopathien, hereditäre Mypathien, skelettale Dysplasien und chromosomale/genetische Störungen etc.) ausgeschlossen werden. Diese Studie legt nahe, dass Patientinnen mit HEDS ein gezieltes Training benötigen, um Muskelkraft und Ausdauer zu erhöhen. Das würde sich auch auf die Schmerzen positiv auswirken, da die Studie zudem zeigte, dass Patientinnen wesentlich höhere Schmerzscores und eine grössere funktionelle Beeinträchtigung aufwiesen.

Zur Studie
KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Calprotectin: Wertvolle Ergänzung bei RA und SpA

Serum calprotectin: a promising biomarker in rheumatoid arthritis and axial spondyloarthritis

Jarlborg M. et al, Arthritis Res & Ther, 2020:online

Calkprotectin besteht aus zwei kalziumbindenden Proteinen und dient als Entzündungsmarker bei Infekten, Entzündungszuständen oder Neoplasmen. Die vorliegende Studie untersuchte den Wert von Calprotectin als Biomarker für Krankheitsaktivität und Schweregrad bei RA, axSpA und PsA in einer Kohorte aus dem SCQM-Register.

Bei allen drei Erkrankungsformen war Calprotectin im Mittel höher als bei gesunden Kontrollen. Bei RA-Patienten widerspiegelte Calprotectin sowohl die Aktivität wie auch den Schweregrad der Erkrankung. Bei axSpA war Calprotectin korreliert mit dem Aktivitätsscore sowie dem Vorhandensein einer Coxitis. Für PsA-Patienten war die Bestimmung des Calprotectins nicht hilfreich. Unter den RA-Patienten, behandelt mit Tocilizumab, zeigte Calprotectin im Gegensatz zum CRP den Entzündungsgrad an.

Fazit:
Diese Schweizer Studie ist sehr wertvoll, indem sie die Rolle von Calprotectin in der Aktivitätsbestimmung von RA und axSpA unterstreicht und insbesondere bei Tocilizumab behandelten RA-Patienten im Gegensatz zum CRP (welches durch Tocilizumab meist ganz unterdrückt wird) den Schweregrad der Entzündung differenzierter anzeigt. Bei PsA scheint sich die Bestimmung von Calprotectin nicht zu lohnen.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich