Secukinumab bei Riesenzellarteritiis

Safety and Efficacy of Secukinumab in Patients with Giant Cell Arteritis (TitAIN): A Randomised, Double-Blind, Placebo-Controlled, Phase 2 Trial.

Venhoff N. et al. Lancet Rheumatol 2023; 5: online ahead of print

Die Behandlung der Riesenzellarteriitis (RZA) mit Glukokortikoid-sparenden Medikamenten ist ein ungelöstes Problem. In dieser randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten multizentrischen Phase-2-Studie wurde Secukinumab auf die Wirksamkeit bei RZA untersucht. Eingeschlossen wurden 52 Patienten im Alter von 50 Jahren oder älter mit neu aufgetretener oder rezidivierender Riesenzellarteriitis. Die Patienten hatten noch keine Biologika-Therapie und erhielten Glukokortikoide in einer Prednisolon-Äquivalentdosis von 25-60 mg/Tag. Sie erhielten bis Woche 4 einmal wöchentlich und danach alle vier Wochen 300 mg Secukinumab oder Placebo subkutan.

In beiden Behandlungsgruppen wurde die Prednisolondosis über einen Zeitraum von 26 Wochen auf 0 mg gesenkt. Vier von 27 Patienten in der Secukinumab-Gruppe und acht von 25 Patienten in der Placebo-Gruppe brachen die Behandlung bis Woche 28 der Studie ab. Auf der Grundlage der Bayes’schen Analyse betrug der mediane Anteil der Patienten, die bis Woche 28 in anhaltender Remission waren, 70 % in der Secukinumab-Gruppe gegenüber 20% in der Placebo-Gruppe. Zwei Patienten (einer in jeder Gruppe) starben während der Studie, wobei in beiden Fällen kein Zusammenhang mit der Studienbehandlung vermutet wurde. Secukinumab wurde gut vertragen, ohne dass neue Sicherheitsbedenken auftraten.

Kommentar
Es häufen sich die Hinweise, dass der T-Helfer-17-Signalweg eine wesentliche Rolle in der Pathogenese der Riesenzellarteriitis spielt. Das Ungleichgewicht der T-Helfer-17-T-regulatorischen Zellen, welches in der Pathogenese der Riesenzellarteriitis involviert ist, wird durch IL-6 kontrolliert; dies als möglicher Link zur Wirksamkeit von Tocilizumab. IL-17 hat zusätzlich Auswirkungen auf viele Zellen, die an der Pathogenese der Riesenzellarteriitis beteiligt sind, darunter Makrophagen, Endothelzellen und Fibroblasten.

Dies ist die erste «Proof-of-Concept» Studie, die das Potenzial von IL-17A als therapeutisches Ziel für die Behandlung von Patienten mit Riesenzellarteriitis untersucht. Phase-2-Studien sollten in der Regel mit Vorsicht interpretiert werden. Die TitAIN – Studie hat jedoch sehr gute Ergebnisse für eine Phase-2-Studie vorgelegt, sodass die Chancen für eine eventuelle Zulassung hoch sind.

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Dr. Christian Marx
Zürich

Sind Gallensäuren und das Mikrobiom der Schlüssel zur Fibromyalgie?

Altered serum bile acid profile in fibromyalgia is associated with specific gut microbiome changes and symptom severity

Minerbi A. et al. Pain 2023;164:e66

Bei 42 Frauen mit Fibromyalgie wurden, verglichen mit 42 gesunden Kontrollpersonen, mit 16S rRNA-Sequenzierung und gezielten Metabolom-Ansätzen Veränderungen des Darmmikrobioms, begleitet von signifikanten Veränderungen in der Serumkonzentration sekundärer Gallensäuren, speziell einer Verarmung an α-Muricholsäure, nachgewiesen. Die α-Muricholsäure im Serum korrelierte mit der Schwere der Symptome, einschliesslich Schmerzintensität und Müdigkeit.

Es ist bestechend, eine somatische Charakterisierung des bislang unspezifischen Krankheitsbildes der Fibromyalgie in Reichweite zu sehen. Bei diesem Krankheitsbild erlebten wir den Wechsel der Klassifikationskriterien 1990 mit ‘tender points’ zu jenen 2010 ohne Schmerzpunkte und lediglich unspezifischen Ganzkörperschmerzen, welche die Unsicherheit einer präzisen Charakterisierung widerspiegeln. Gemäss neuer Rechtsprechung kommt der Psychiatrie bei der Fibromyalgie ein hoher Stellenwert zu.

Aufgrund dieser Historie bestehen aus Sicht des Klinikers Zweifel an den Resultaten dieser Studie. Wir alle kennen Fibromyalgie-Patientinnen, welche Diäten (zur Veränderung des Mikrobioms) erfolglos ausprobiert haben.

Der kritische Blick auf die Studie sieht die kleine Anzahl von lediglich 42 Patientinnen sowie die aufwändige Analyse mit statistischen Lernalgorithmen und als Fazit lediglich einer (α-Muricholsäure) wesentlich signifikanten Substanz (bei p<0.05 muss jede 20. Substanz statistisch abweichen). Im Text werden von 17 Gallensäuren 6 herausgenommen, wovon 5 Signifikanz erreicht haben sollen, aber in der Tabelle finden sich nur 3 signifikante Werte. Vorerst bleibt also eine Bestätigung dieser Resultate, insbesondere mit einer grösseren Kohorte, abzuwarten. Ich bleibe neugierig und offen für neue Ideen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Verschlechtern Steroidinfiltrationen das postoperative Ergebnis beim Tennisellbogen?

Effect of Repetitive Corticosteroid Injection on Tennis Elbow Surgery

Ha C. et al. Am J Sports Med 2023;51:1886

Die Epicondylits humeri lateralis ist ein sehr häufiges Krankheitsbild, das oftmals langwierig ist und evidenzbasierte Therapien zur Behandlung Mangelware sind. Zum Glück ist die Prognose unabhängig von den gewählten Therapien in 90 bis 95 % gut und eine Operation ist nur selten notwendig.

Obwohl es Hinweise gibt, dass Glukokortikoidinfiltrationen im Ansatzbereich der Sehne des M. extensor carpi radialis eher kontraproduktiv sind und zu einer Schädigung der Sehne führen können, wird diese Therapie heute noch viel angewendet.

In dieser retrospektiven Studie wurde untersucht, ob der Outcome nach einer chirurgischen Behandlung (modifizierte Nirschl Technik) der Epicondylitis humeri lateralis schlechter ist bei Patienten mit vorausgehenden, repetitiven Steroidinfiltrationen.

Es wurden 99 Patienten analysiert. Vor der Operation hatten diese Patienten im Durchschnitt während 25.4 Monaten eine konservative Therapie mit durchschnittlich 4.37 Steroidinjektionen. Der postoperative Verlauf wurde im Durchschnitt über 42.8 Monate beobachtet. In allen Symptom- und Funktions-Outcomeparametern zeigte sich ein gutes und anhaltendes Resultat postoperativ. Bei 82.8 % der Patienten war das Ergebnis exzellent, bei 14.1 % gut, bei 2% genügend und nur bei 1 Patienten schlecht. Relevante Komplikationen traten nicht auf. Der Outcome bei den Patienten war unabhängig von der Anzahl vor der Operation verabreichter Steroidinfiltrationen.

Kommentar
Entgegen der landläufigen Meinung, dass wiederholte Steroidinfiltrationen beim Tennisellbogen schädlich sind, zeigt diese Studie bei schweren Formen dieser Erkrankung, trotz langdauernder konservativer Therapien, ein sehr gutes Ergebnis der operativen Therapie. Der Outcome ist sehr gut und interessanterweise unabhängig von der Anzahl verabreichter Steroidinfiltrationen vor der Operation.

Obwohl ich persönlich eine chronische Epicondylitis humeri lateralis nur noch selten mit Glukokortikoidinjektionen behandle – ich ziehe neben der Physiotherapie die fokussierte Stosswellentherapie oder die Platelet Rich Plasma-Injektionen vor – hilft eine 1 oder 2-malige Steroidinfiltration bei sehr «aktiver» Epicondylitis zumindest kurzfristig sehr gut und schadet gemäss dieser Studie auch nicht.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

ChatGPT: Zuverlässig?

Assessing ChatGPT’s capacity for clinical decision support in pediatrics: A comparative study with pediatricians using KIDMAP of Rasch analysis

Kao HJ et al. Medicine 2023;102:e34068

Quality of citation data using the natural language processing tool ChatGPT in rheumatology: creation of false references

Hueber AJ, Klyer A. RMD Open 2023;9:e003248

ChatCPT ist in aller Munde. Brauchbar als Generator eines raschen Kochrezepts oder in der Medizin etwa zur Beantwortung mit Wiedererwägung einer Rehabiliationsanfrage für einen Patienten. Wie steht es hingegen bei der Diagnosestellung bzw. bei der Suche nach exakten Referenzen?

Die beiden Arbeiten kommen zum folgenden Schluss:

Bei gewöhnlichen häufigen pädiatrischen Symptomen vermag ChatGPT bei klinischen Entscheidungen mithelfen. Es braucht jedoch noch klare Anpassungen und Verfeinerungen der Tool-Fähigkeiten.

Bei der Suche von Zitaten (betreffend Behandlung einer seltenen Erkrankung oder etwa für die Suche nach Risikofaktoren bei JAK-Inhibition liefert das Tool zwar brauchbare Referenzen, jedoch in einer hohen Zahl auch fiktive Manuskripte, welche gar nicht existieren.

Fazit
ChatGPT mag im Alltag helfen; in der Medizin muss das Potenzial jedoch noch deutlich verbessert werden. Trotzdem kann ein Arbeitsversuch durchaus unternommen werden, jedoch mit der nötigen Vorsicht und kritischen Haltung.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich