Nach 12 Monaten ist Physiotherapie bei Gonarthrose Infiltrationen überlegen

Physical Therapy versus Glucocorticoid Injection for Osteoarthritis of the Knee

Deyle G.D. et al. N Engl J Med 2020;382:1420

156 Patienten mit Gonarthrose (Durchschnittsalter 56 Jahre, BMI 31) wurden randomisiert und je 78 erhielten entweder Physiotherapiesitzungen (durchschnittlich 11.8 Sitzungen) oder Glukokortikoidinfiltrationen (40mg Triamcinolonacetonid, allenfalls nach 4 und 9 Monaten wiederholt, durchschnittlich 2.6 Injektionen). Der mittlere WOMAC-Score verminderte sich in der Glukokortikoidgruppe von 108.8 auf 55.8 und in der Physiotherapiegruppe von 107.1 auf 37.0 (95% CI 18.8 [p=0.008]). Auch die Verbesserungen in den funktionellen Tests wie Alternate Step Test [p=0.003] und Timed Up and Go Test [p=0.005] waren in der Physiotherapiegruppe günstiger, so dass die Autoren eine Überlegenheit der Physiotherapie gegenüber der Glukokortikoidinfiltration postulieren. Die Kosten waren in beiden Gruppen identisch. Im Übrigen fanden sich drei Totalendoprothesen in der Glukokortikoidgruppe vs. keine in der Physiotherapiegruppe.

Verdienstvoll ist die Durchführung einer Physiotherapiestudie. Allerdings stellen sich verschiedene methodische Fragen. Natürlich konnte diese Studie nicht verblindet werden. Die Zuteilung der vier Kellgren–Lawrence-Grade zu den beiden Gruppen war ungleich. Der Zeitraum von 12 Monaten ist fragwürdig gewählt, da bekannt ist, dass die Wirkung einer Glukokortikoidinfiltration nicht allzu lange anhält, hingegen nach 6 Wochen einer Placeboinfiltration überlegen ist. Die Patienten in der Physiotherapiegruppe hatten mehr Arztkontakt (mit möglichem Placeboeffekt) als die Glukokortikoidgruppe. Die Rekrutierung der kleinen Patientenzahl erfolgte im Rahmen der Militärversicherung und mag nicht auf die Allgemeinheit übertragen werden. Trotz aller Einwände wird mit dieser Studie die Physiotherapie bei Gonarthrose unterstützt.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Korreliert der Hydroxychloroquin-Serumspiegel mit dem Retinopathie-Risiko?

Hydroxychloroquine Blood Levels Predict Hydroxychloroquine Retinopathy

Petri M et al. Arthritis Rheumatol 2020;72:448

In dieser prospektiven Untersuchung der Johns Hopkins Lupus Kohorte wurden 537 Patienten mit SLE unter Hydroxychloroquin (HCQ) bezüglich Häufigkeit und Risikofaktoren einer Retinopathie untersucht. Bei den Patienten erfolgten prospektiv regelmässig ophthalmologische Kontrollen und auch repetitive Bestimmungen der HCQ-Plasmasiegel. Die HCQ Plasmaspiegel zeigten dabei eine starke inter- und intraindividuelle Variabilität.

Das Gesamtrisiko einer HCQ Retinopathie betrug 4.3 %. Das Risiko stieg mit einer Therapiedauer von > 16 Jahren an und korrelierte mit dem Plasmasiegel von HCQ. Andere Risikofaktoren waren das Alter, männliches Geschlecht und hoher BMI. Kein Patient mit einer HCQ Retinopathie erblindete.

Die wichtigste Erkenntnis aus dieser Studie ist für mich nicht die Häufigkeit der HCQ Retinopathie, sondern die Tatsache, dass die HCQ Plasmaspiegel auch bei gleicher Dosis sehr unterschiedlich sein können. Dies könnte einerseits einen Einfluss auf die Wirksamkeit haben und andererseits auch die aktuellen Empfehlungen HCQ nicht > 5mg/kg KG zu dosieren beeinflussen. Die Studie zeigte klar, dass es Patienten gibt, die mit bereits tieferer Dosis hohe HCQ Serumspiegel haben können, und damit ein höheres Retinopathie-Risiko aufweisen.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Krankheitsaktivität bei Psoriasisarthritis

Assessment of the Patient Acceptable Symptom State (PASS) in psoriatic arthritis: association with disease activity and quality of life indices

Lubrano E et al, RMD open, 2020:online

In der täglichen klinischen Praxis ist die Beurteilung der Krankheitsaktivität von entscheidender Bedeutung im Management von Patienten mit Psoriasis-Arthritis. Oft fehlt die Zeit, aufwendige Fragebogen auszufüllen. In dieser Studie wurde untersucht, inwiefern eine einzige Frage (!), der Patient Acceptable Symptom State (PASS), mit aufwendigeren Tools (vom Patienten oder vom Arzt erhoben), korrelieren. Die «PASS»-Frage lautet: «Denken Sie daran, wie sich Ihre PsA in den letzten 48 Stunden auf Sie ausgewirkt hat. Wenn Ihr Zustand in den nächsten Monaten so bleiben würde wie in den letzten 48 Stunden, wäre das für Sie akzeptabel?». Der PASS (ja/nein) wurde verglichen mit dem DAPSA-Score (Disease Activity Score for Psoriatic Arthritis), mit Remissionskriterien, mit dem PsAID-Score (Psoriatic Arthritis Impact of Disease) und anderen Fragebögen.

Resultate:
Patienten, die mit «Ja» auf «PASS» geantwortet haben, zeigten einen signifikant besseren durchschnittlichen DAPSA-Score, signifikant weniger systemische Entzündungszeichen, einen niedrigeren Leeds Enthesitis Index Score, einen signifikant niedrigeren PsAID-Score, geringere Schmerzen und eine bessere Funktion.

Fazit:
Das Hauptergebnis dieser Studie ist, dass eine einzige Frage (PASS) eine gute Sensitivität und Spezifität aufweist, um schnell und verlässlich zu erfassen, wie die Krankheitsaktivität ist. Solche validierten Fragen können einfach im Alltag implementiert werden.

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KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Chinesische Medizin bei rheumatoider Arthritis

Traditional Chinese medicine Biqi capsule compared with leflunomide in combination with methotrexate in patients with rheumatoid arthritis; a randomized controlled trial

Wang Z et al, Chin Med, 2020:online

Randomisierte kontrollierte Studie mit Vergleich einer traditionellen chinesischen Medizin für rheumatoide Arthritis (Biqi) kombiniert mit MTX versus eine Kombination von Leflunomid und MTX über 24 Wochen. 81% der Patienten in der Kombination mit Biqi erreichten einen ACR20 nach 24 Wochen, was nicht statistisch signifikant unterschiedlich war zur Gruppe Leflunomid und Methotrexat.

Hingegen war die Häufigkeit an Nebenwirkungen signifikant tiefer in der Biqi-Gruppe (11,4% versus 40% in der LEF-Gruppe). Weitere Analysen lassen vermuten, dass Biqi die Th2 vermittelte Immunantwort verbessert.

Fazit:
Nach bereits verschiedenen Studien mit der traditionellen chinesischen Medizin Biqi ist dies eine erste randomisierte Studie mit Vergleich zu einer traditionellen Kombinationstherapie mit LEF und Methotrexat. Die Nebenwirkungen waren unter Biqi-Kombination deutlich geringer als unter LEF. Dies ist jedoch nicht erstaunlich, da die Kombination LEF und Methotrexat sehr häufig Nebenwirkungen zeigt, insbesondere in voller Dosierung (in dieser Studie wurde LEF mit 20mg täglich und Methotrexat in einer Dosierung von 10- bis 15mg verabreicht.

Die Aussage der Studie ist schwierig zu interpretieren, sind doch insgesamt 10 verschiedene Substanzen in einer Biqi-Kapsel vereinigt (unter anderem auch Strychnin). Zudem waren in der Studie auch Glukokortikoide in einer Dosierung von 2,5mg bis 10mg pro Tag erlaubt und die Folsäuregabe betrug zweimal oder dreimal 5mg pro Tag! Zudem gibt es auch eine Metaanalyse von 10 randomisierten kontrollierten Studien in Vergleich von Methotrexat als Monotherapie zu Methotrexat kombiniert mit Biqi; Dabei zeigte sich eine Überlegenheit der Kombination, wobei die Clinical Trials qualitativ in der Mehrheit den übrigen Kriterien nicht genügen.

Die Möglichkeit einer zusätzlichen traditionellen chinesischen Medizin wäre durchaus wünschenswert. Viele Patienten wünschen sich dies. Allerdings braucht es dazu klarere Daten und auch die Evaluation der einzelnen Komponenten dieser Mischmedizin bezüglich ihrer Wirkung.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich