GTPS: Welche Muskeln sollten speziell trainiert werden?

Muscle Size and Quality of the Gluteal Muscles and Tensor Fasciae Latae in Women with Greater Trochanteric Pain Syndrome

Cowan R. M. et al, Clin. Anat 2020:online

Im klinischen Alltag wird der laterale Hüftschmerz (GTPS = Greater Trochanteric Pain Syndrome) oft mit einer Bursitis trochanterica gleichgesetzt. Dies ist ein Mythos, denn sowohl klinische Erfahrung wie auch die Literatur zeigen, dass Bursitiden viel seltener sind als beispielsweise Pathologien der Rotatorenmanschette der Hüfte. In der Rheuma-Schweiz Zeitschrift 1/2014 (http://www.rheuma-schweiz.ch/index.php?id=375) haben wir über den «Mythos Bursitis trochanterica» berichtet.

Eine australische Gruppe untersuchte in einer prospektiven Studie Muskelvolumina der Aussenrotatoren und welche Muskeln unter Anwendung der Goutallier Klassifikation am meisten verfettet sind. Die Analyse ergab, dass symptomatische Teilnehmerinnen eine signifikant höhere Fettinfiltration im Gluteus maximus (P = 0,021) und Gluteus minimus (P = 0,018) aufwiesen, insbesondere im hinteren Teil (P = 0,04) mit gleichzeitiger Insuffizienz der genannten Muskeln.

Fazit der Autoren: Ein Verständnis der jeweils betroffenen Muskeln hilft bei der gezielten Rehabilitation. Die Glutealmuskelatrophie und eine fettige Infiltration bei GTPS implizieren, dass gezielt der Gluteus maximus und der Gluteus minimus in der Rehabilitation berücksichtigt werden sollen. Die Behandlung des GTPS ist sehr komplex (gezielte Physiotherapie mit Stärkung der Aussenrotatoren, allenfalls lokale PRP/Hyaluronsäure-Injektion ohne Steroide etc.) und muss individuell zusammen mit dem Physiotherapeuten und dem Hüftorthopäden abgestimmt werden.

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KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Dosisreduktion oder Absetzen bei Remission der SpA?

Maintenance of clinical remission in early axial spondyloarthritis following certolizumab pegol dose reduction

Landewé R. et al. Ann Rheum Dis 2020:79:920

736 Patienten mit früher axialer Spondylarthritis (axSpA, radiografische oder nicht-radiografische Form) erhielten zweiwöchentlich 200 mg Certolizumab Pegol (CZP). Falls sie bei Woche 48 eine Remission (Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score [ASDAS] <1.3) erreichten (323 Patienten, 43.9%), wurden 313 Patienten randomisiert entweder mit CZP 200 mg alle 2 Wochen (volle Dosis), mit CZP 200 mg alle 4 Wochen (reduzierte Dosis) oder mit Placebo für weitere 48 Wochen weiterbehandelt. Schubfreiheit (das heisst kein Flare: ASDAS ≥2.1 zu zwei Zeitpunkten oder ASDAS >3.5 einmalig) erreichten 83.7% (87/104), 79.0% (83/105) und 20.2% (21/104) der entsprechenden Gruppen (p<0.001 vs. Placebo für beide CZP-Gruppen). Die Patienten mit radiografischer oder nicht-radiografischer Form waren vergleichbar.

Erneut (cf. weekly vom 14.09.2020 [https://www.rheuma-schweiz.ch/index.php?id=1994] bei RA) beschäftigt sich eine (Industrie-gesponserte) Studie mit Patienten in Remission, hier bei SpA. Und erneut zeigt sich, dass ein Absetzen schlechter abschneidet als die Weiterbehandlung, hier speziell mit Dosisreduktion, wie wir dies in der Praxis auch tun: Intervall strecken oder Dosis vermindern.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Rituximab bei ANCA-Vaskulitis

Long-Term Rituximab Use to Maintain Remission of Antineutrophil Cytoplasmic Antibody-Associated Vasculitis: A Randomized Trial

Charles et al. Ann Intern Med 2020;173:179

In dieser französischen Folgestudie (MAINRITSAN 3) zum MAINRITSAN 2 Trial wurde untersucht, ob eine länger als 18 Monate dauernde remissionserhaltende Therapie mit Rituximab bei den ANCA-Vaskulitiden Placebo überlegen ist. Die MAINRITSAN 2 Studie zeigte, dass Rituximab als remissionserhaltende Therapie mit 2 x 500mg zum Zeitpunkt 0 und 14 Tagen, gefolgt von 500 mg nach 6,12 und 18 Monaten Azathioprin überlegen war. Allerdings war die Rezidivrate auch in der Rituximabgruppe hoch mit nur 57.9 % Rezidiv freiem Überleben 32 Monate nach der letzten Rituximabgabe. In der MAINRITSAN 3 Studie wurden Patienten mit einer ANCA-Vaskulitis aus der MAINRITSAN 2 Studie, die nach 28 Monaten (10 Monate nach der letzten Rituximabgabe) in kompletter Remission waren in 2 Gruppen randomisiert. 47 erhielten Placebo und 50 Rituximab zum Zeitpunkt 0, nach 6, 12 und 18 Monaten.

28 Monate nach Studieneinschluss zeigte der primäre Studienendpunkt «Rezidiv freies Überleben» einen deutlichen Benefit in der Rituximabgruppe (97% versus 74%). Von den 12 Patienten mit Rezidiven in der Placebogruppe hatten 10 eine Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und nur 2 eine Mikroskopische Polyangiitis (MPA).

Daneben waren bis auf einen Patienten mit Rezidiv alle noch ANCA-Antikörper positiv. Daneben zeigte sich, dass die Konversion von ANCA negativ zu ANCA positiv im Verlauf ein Risiko für ein Rezidiv darstellt. Die Nebenwirkungsrate in beiden Gruppen war vergleichbar.

Diese französische Studie belegt klar, dass eine länger als 18 Monate dauernde remissionserhaltende Therapie mit Rituximab 500 mg 6 monatlich das Rezidivrisiko bei den ANCA-Vaskulitiden minimiert. Die Studie zeigt auch, dass Patienten mit GPA ein höheres Rezidivrisiko haben als Patienten mit MPA und ebenso Patienten mit positiven ANCA-Antikörpern, resp. solche mit im Verlauf Konversion von ANCA negativ zu ANCA positiv.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Hepatitis E Virus und rheumatische Erkrankungen

Hepatitis E Virus and rheumatic diseases: what do rheumatologists need to know?

Di Bartolomeo S. et al, BMC Rheumatology, 2020:online

Übersichtsartikel über den gegenwärtigen Stand des Wissens betreffend Zusammenhang zwischen Hepatitis E Virus (HEV) und Rheumaerkrankungen.

Hepatitis E stellt die häufigste Ursache einer akuten Hepatitis und Gelbsucht weltweit dar. In Europa allein wird die Zahl der jährlichen Infektionen auf 2 Millionen geschätzt. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt mehrheitlich durch eine sogenannte Anthropozoonose (Übertragung vom Tier auf den Menschen), insbesondere scheint die Übertragung durch zu wenig gekochtes Wild- und Schweinefleisch häufig.
Der HEV-Infekt kann verschiedene extrahepathische Manifestationen auslösen, unter anderem auch rheumatologische.

Die grosse Mehrheit der Infizierten bleibt asymptomatisch. Etwa 10% entwickeln einen milden und selbstlimitierenden Verlauf mit Müdigkeit, Nausea, Pruritus, Gelbsucht und erhöhten Leberenzymen. Chronische Infekte sind jedoch möglich, insbesondere bei immunsupprimierten Patienten. Bei diesen kann es zu Leberzirrhose und Leberversagen kommen. HEV kann kutante Vaskulitiden (nekrotisierende Kleingefässvaskulitis und Purpura Schönlein-Henoch) triggern. Arthralgien, Myalgien und sogar akute Polyarthritis wurden beschrieben.
Die Infektionsauswirkungen können einen Schub der rheumatischen entzündlichen Erkrankungen simulieren und dadurch zu einer unnötigen verstärkten immunsuppressiven Therapie führen, was gefährlich sein kann.

Wann denken wir an HEV-Infekt? Bei Verschlechterung des Allgemeinzustandes, neu auftretenden rheumatischen Beschwerden trotz vorgängig gut eingestelltem Krankheitsverlauf und gleichzeitig neu erhöhten Transaminasen sollten wir an diese Erkrankung denken und entsprechend abklären.
Meist führt eine Reduktion der Immunsuppression, oder – falls klinisch vertretbar – ein kurzzeitiges Absetzen der Basistherapie zu einer Clearance des Virus. Selten ist eine antivirale Therapie zusätzlich notwendig (in der Regel Ribavirin). Seit 2018 werden in der Schweiz Blutprodukte auf HEV getestet.

Fazit:
HEV-Infektionen haben eine hohe Inzidenz (in Europa 19%). Rheumatologische Manifestationen sind möglich, betroffen sind insbesondere immunsupprimierte Patienten.
Meist sind die Verläufe mild, können aber auch tödlich sein (Chronifizierung und Leberversagen). Die rheumatologischen Manifestationen verschwinden meist nach kurzer Zeit, gegebenenfalls unterstützt durch Reduktion oder Absetzen der Basistherapie für kurze Zeit (Elimination des Virus). Bei chronischen Verläufen mit persistierender HEV-Positivität muss antiviral behandelt werden.
An die Diagnose einer HEV-Infektion ist insbesondere zu denken, wenn im Zusammenhang mit Allgemeinsymptomen, Arthralgien und Myalgien eine gleichzeitige Transaminaseerhöhung vorliegt.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich