COVID-19: Langzeit-Auswirkungen

Anticipating the long-term cardiovascular effects of COVID-19

Becker R. J Thrombosis and Thrombolysis, 2020:online

SARS-CoV2 Infektionen können in allen Organen funktionelle und strukturelle Auswirkungen nach sich ziehen. Bei Patienten nach Coronavirus-Erkrankung sind persistierende Symptome häufig, solche können in fast 90% noch 60 Tage nach Diagnosestellung festgestellt werden.

Die vorliegende Arbeit gibt eine Übersicht über mögliche Auswirkungen dieser Viruserkrankung. Die häufigsten Symptome sind Müdigkeit, Dyspnoe, Arthralgien, Thoraxschmerzen, Husten, Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen.

Die COVID-19 assoziierte Koagulopathie und das starke entzündliche Syndrom können Mikro- und Makro-Läsionen im Myokard setzen ohne Vorhandensein einer Ischämie. Schon zu Beginn der SARS-CoV2-Erkrankungen wurde bei hospitalisierten Patienten eine verminderte linksventrikuläre Auswurffraktion beschrieben. Bekannt ist, dass verschiedene Viren zu einer Myokarditis führen können; auch bei SARS-CoV2 Erkrankungen wurden diese Viren im kardialen Gewebe in einem hohen Prozentsatz bei Verstorbenen identifiziert. Bei Hospitalisierten mit schwererer Erkrankung wurden bei fast 80% im kardialen MRI myokardiale wie auch perikardiale Entzündungen nachgewiesen.

In kardialen Biopsien zeigte sich eine lymphozytäre Entzündung. Die Literaturübersicht ergibt, dass etwa 80% der Patienten mit schwerer SARS-CoV2-Erkrankung eine kardiale Beteiligung haben und etwa 25% eine myokardiale Entzündung noch 3 Monate nach Diagnose. Auch renal tubuläre Läsionen konnten identifiziert werden. Autopsiebefunde zeigten eine Entzündung des Endothels mit begleitenden makro- und mikrovaskulären Thrombosen in Arterien, Venen, Arteriolen, Kapillaren und Venulen aller grösseren Organe.

Die häufigen Auswirkungen der SARS-CoV2-Erkrankung auf Herz, Lunge wie auch vaskuläre Funktionen, insbesondere auch bei Patienten mit keinen oder minimalen Symptomen während der initialen Infektion, führen zu Fragen bezüglich der Langzeiteffekte in kardiovaskulärer Hinsicht. Zurzeit können diese Fragen nicht abschliessend beurteilt werden. Hochwahrscheinlich ist jedoch eine Langzeitbeeinträchtigung nach SARS-CoV2-Erkrankung, auch bei jungen Patienten, insbesondere auch bei Sportlern.

All dies unterstreicht den hohen Stellenwert der Massnahmen zur Verhinderung einer Ansteckung sowie den Bedarf einer baldigen effizienten Impfung.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

Vagusstimulation vermindert Krankheitsaktivität bei RA

Safety and efficacy of neurostimulation with a miniaturised vagus nerve stimulation device in patients with multidrug-refractory rheumatoid arthritis: a two-stage multicentre, randomised pilot study

Genovese M Lancet Rheumatology, 2020:online

In dieser offenen Studie wurde untersucht, ob eine Vagus-Stimulation einen Einfluss auf die Krankheitsaktivität bei RA-Patienten mit ungenügendem Ansprechen auf mindestens 2 oder mehr Biologika oder Januskinasehemmer hat.

Tierexperimentell hat die Vagusstimulation über cholinerge Reizung einen immunmodulierenden, antiinflammatorischen Effekt. In dieser Studie wurde die Vagusstimulation erstmalig am Menschen ausprobiert. Bei 14 Patienten wurde ein miniaturisierter Vagusstimulator implantiert. Die ersten 3 Patienten erhielten eine offene Stimulation, die restlichen 12 wurden in 3 Gruppen eingeteilt; 1 davon mit Placebostimulation, die anderen beiden Gruppen mit 2 verschiedenen Vagusstimulationsprotokollen. Obwohl sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen zeigte, was bei der kleinen Anzahl Probanden nicht weiter erstaunt, hatten 50 % der stimulierten Patienten eine klinisch relevante Reduktion der Entzündungsaktivität. Relevante Nebenwirkungen, insbesondere Herzrhythmusstörungen traten bei der Vagusstimulation nicht auf.

Diese Studie zeigt einen interessanten neuen Therapieansatz über eine Vagusstimulation, das Immunsystem zu beeinflussen mit einem möglichen antiinflammatorischen Effekt. Studien mit mehr Probanden sind notwendig, um diesen Effekt zu beweisen und insbesondere auch zu quantifizieren.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Können Glukokortikoide bei stabiler RA abgesetzt werden?

Continuing versus tapering glucocorticoids after achievement of low disease activity or remission in rheumatoid arthritis (SEMIRA): a double-blind, multicentre, randomised controlled trial

Burmester G.R. et al. Lancet 2020;396:267

Diese «Steroid EliMination In Rheumatoid Arthritis (SEMIRA)»-Studie untersuchte die Reduktion der Glukokortikoide bei krankheitsaktivitätsarmen (DAS28-ESR <3.2) Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA). Die Basisbehandlung mit Tocilizumab (162 mg/Wo s.c. oder 8 mg/kgKG/4 Wo i.v.) mit oder ohne weitere csDMARDs wurde konstant gehalten. Von den 259 Patienten, welche seit >24 Wochen Glukokortikoide eingenommen hatten, wurden 128 für 24 Wochen mit Prednison 5 mg behandelt, während bei 131 die Prednisondosis reduziert und bei Woche 16 ganz abgesetzt wurde. Der DAS28-ESR sank in der ersten Gruppe um 0.08 und stieg in der zweiten um 0.54 an. Den definierten Therapieerfolg erreichten 99 (77%) Patienten mit Prednison vs. 85 (65%) ohne.

Diese Studie wirft erstmals die Frage der Weiterbehandlung von RA-Patienten bei tiefer Krankheitsaktivität oder Remission auf. Allerdings geht es hier nur um eine begleitende Glukokortikoidbehandlung bei weiter bestehender Basistherapie. Das Weglassen von Prednison gelang bei zwei Dritteln der Patienten, aber insgesamt scheint die Krankheitsaktivität bei Prednisonreduktion wieder aufzuflackern und war das Beibehalten der niedrigdosierten Glukokortikoide dem Stop überlegen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Vitamin-D-Rezeptor-Gen und Bandscheibendegeneration

Genetic risk factors for lumbar disc disease

Doraisamy R. et al, Clinl Anat. 2020:online

Lumbale Bandscheibendegenerationen sind bekanntermaßen multifaktoriell bedingt. Auch die Genetik spielt eine Rolle: In der Pathogenese wird eine Assoziation mit dem Vitamin-D-Rezeptor-Gen (VDR-Polymorphismen FOK1, TAQ1 und APO1) beschrieben. In dieser prospektiven kontrollierten Studie wurden bei 100 gesunden und asymptomatischen Personen und bei 93 Patienten (Alter im Schnitt 30-40 Jahre) mit neuen Rückenschmerzen („lumbovertebrales Syndrom“ ohne Radikulopathie) und ohne Vorgeschichte von Kreuzschmerzen MRT-Bilder angefertigt und von allen Teilnehmern wurden periphere Blutproben entnommen zur genetischen Analyse, um einen Zusammenhang zwischen den Genen FOK1/Taq1 und einer lumbalen Bandscheibendegenerationen zu ermitteln.

Die Analyse ergab, dass Personen mit dem dominanten Genotyp für Taq1 (nicht für Fok1-Genotyp) ein signifikant höheres Risiko hatten und die Autoren kommen zum Schluss, dass es eine relevante genetische Prädisposition gibt als unabhängiger Risikofaktor für lumbale Bandscheibendegenerationen.

Für den klinischen Alltag ist dies natürlich nicht so wichtig, aber wer weiss, allenfalls können wir eines Tages dieses Wissen nutzen zur Risikoabschätzung oder für präventive Massnahmen und in ferner Zukunft womöglich für Gentherapien? Der Weg dahin ist allerdings noch sehr lang…

Zur Studie
KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel