Wirksamkeit und Sicherheit der Radiosynoviorthese
Safety and Efficacy of Radiosynoviorthesis: A Prospective Canadian Multicenter Study
Desaulniers M et al., J Nucl Med 2024: Online ahead of print
In dieser prospektiven Multizenterstudie aus Kanada wurde die Effektivität und Sicherheit einer Radiosynoviorthese (RSO) bei Patienten mit entzündlichen Rheumaerkrankungen und therapierefraktärer Mono-oder Oligosynovitis, trotz adäquater Standardtherapie und/oder 2 Glukokortikoidinjektionen in das betroffene Gelenk, untersucht. 360 Patienten wurden so behandelt mit einer RSO von 392 Gelenken. Die häufigsten zugrundeliegenden rheumatischen Erkrankungen waren Spondylarthritiden (31%), RA (25%), seltener undifferenzierte Arthritis, PVS, aktivierte Arthrose etc.. Die RSO erfolgte in 83% im Kniegelenk und seltener im Ellbogen, im OSG, in der Hüfte oder der Schulter. Bei 84 % erfolgte die RSO mit Yttrium und bei 10 % mit Rhenium. Zusätzlich dazu wurde 40 mg Methylprednisolon injiziert. > 90 % der Patienten zeigten im behandelten Gelenk eine Verbesserung der klinischen Parameter wie Schmerz, Schwellung und Erguss nach 12 Monaten. In den Outcome Parametern HAQ, Disease Activity und Patienten Globaleinschätzung zeigte sich jedoch kein signifikanter Effekt. Nebenwirkungen der RSO waren selten (9.4%) und meistens mild. 8 davon waren schwere NW. 3 hatten eine RSO induzierte Synovitis, 2 eine Hautnekrose am Injektionsort und 1 Patient eine septische Arthritis.
Kommentar
In dieser offenen prospektiven Studie wurde der Effekt und die Sicherheit einer Radiosynoviorthese bei Patienten mit therapierefraktärer Synovitis trotz einer adäquaten Basistherapie und/oder nach 2-maliger Glukokortikoidtherapie untersucht. Es zeigte sich dabei bei > 90 % der Patienten nach 12 Monaten eine Verbesserung der klinischen Parameter Schmerz, Schwellung und Erguss. Dass die Outcomeparameter wie HAQ, Disease Activity Score und Patienten Globaleinschätzung keine signifikante Besserung zeigten, ist nicht erstaunlich, da die Mehrheit der Patienten eine entzündliche Erkrankung Typ RA oder Spondylarthritis hatten, und sich die Verbesserung in einem Gelenk nur gering auf die globalen Scores auswirkt. Die Radiosynoviorthese wird heute nur noch selten angewendet, vor allem wegen den Fortschritten in den letzten 2 Jahrzehnten bei den Basistherapeutika (z.B. Biologika) zur Behandlung der entzündlichen Rheumaerkrankungen. Sie kann jedoch gut wirksam sein bei therapierefraktären Monarthritiden, insbesondere im Kniegelenk. Die Wirksamkeit beträgt zwischen 60-80 %. Leider basieren diese Zahlen auf meistens älteren und qualitativ schlechten Studien. Aktuelle gute und placebokontrollierte Studien fehlen weitgehend. Auch ist offen, ob die RSO mit einer Glukokortikoidinjektion kombiniert werden sollte. Daneben scheint die Kombination einer arthroskopischen Synovektomie mit anschliessender RSO nach 6 Wochen noch wirksamer zu sein als die alleinige arthroskopische Synovektomie oder RSO (Goetz M et al. Arthroscopy. 2011;27(1):52ff)

Der Klinik angepasste Grenzwerte für die Messung der Intima-Media Dicke bei Riesenzellarteriitis (GCA)
Ultrasound Intima-Media Thickness Cut-Off Values for the Diagnosis of Giant Cell Arteritis Using a Dual Clinical and MRI Reference Standard and Cardiovascular Risk Stratification
Seitz P et al. Front Med 2024;11:1389655
In einer retrospektiven Studie wurde die diagnostische Genauigkeit von Ultraschall und MRT T1-fatsat-black blood (T1-BB) bei der Diagnose der GCA untersucht. 144 Patienten mit einer Aufteilung in 74 Patienten (51,4%) mit GCA und 70 Patienten (48,6%) ohne GCA wurden in die Studie aufgenommen. Die Autoren massen die Intima-Media-Dicke (IMD) der A. temporalis und ihrer Äste mittels Ultraschalls und legten diagnostische Grenzwerte (cut-off) basierend auf statistischer und klinischer Optimierung inklusive kardiovaskulären Risikos fest. Statistisch optimale Grenzwerte (SG) sind: «common superficial temporal artery» (CSTA): 0,86 mm, Frontalast (FB) 0,68 mm, Parietalast (PB) 0,67 mm; mit einer Sensitivität und Spezifität: 86,5% resp. Spezifität: 81,4%. Die klinisch optimalen Grenzwerte (KG=Patient-Level) sind: CSTA: 1,01 mm, FB: 0,82 mm, PB: 0,69 mm; mit einer Sensitivität und Spezifität: 79,7% resp. Spezifität: 90,0%. Klinisch optimale Grenzwerte für Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko: CSTA: 1,03 mm, FB: 0,86 mm, PB: 0,80 mm; mit einer Sensitivität und Spezifität: 89.6% resp. 90.5%.
Kommentar
Die Studie bietet einen nuancierten Ansatz für die Diagnose der GCA und stellt eine Reihe von Instrumenten und Methoden zur Verfügung, die direkt im klinischen Umfeld angewandt werden können. Erstmals wird der klinischen Praxis entsprechend die ganze A. temporalis mit allen Ästen dynamisch in Lift-Technik abgefahren und die Messung an der verdächtigen Stelle durchgeführt. Die Studie bestätigt die IMT «cut-offs» anderer Studien für den statistisch optimalen Grenzwert (SG). In der Praxis ist dieser jedoch oft ungenügend, da die Vortestwahrscheinlichkeit für die Festlegung des «cut-off» nicht miteinbezogen wird. Die Studie schlägt deshalb vor, den «cut-off» je nach klinischer Situation (im Rahmen eines Bayes’schen Ansatzes) entsprechend der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit anzupassen (=klinisch optimaler Grenzwert, KG). Dementsprechend werden «cut-off»-Werte hervorgehoben welche eine hohe Spezifität (ca. 90 % oder höher) aufrechterhalten, was für die Bestätigung der GCA-Diagnose bei Patienten mit einer hohen Vortestwahrscheinlichkeit und für die Minimierung von falsch-positiven Ergebnissen entscheidend ist; dies widerspiegelt sich dann in höheren positiven Likely-hood Ratios (LR+) KG 7.97 (vs. SG 4.65). Die Forschungsergebnisse verdeutlichen die Komplexität der GCA-Diagnose bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko, bei denen die «cut-off»-Werte angepasst werden müssen, um die diagnostische Genauigkeit zu erhalten.

Augenerkrankungen im Alter korrelieren mit Stürzen und Frakturen
Risk of Falls and Fractures in Individuals With Cataract, Age-Related Macular Degeneration, or Glaucoma
Tsang J. et al. JAMA Ophthalmol 2024;142:96
Diese Kohortenstudie in England untersuchte die Krankenhausaufenthalts- und Mortalitätsdaten von 2007 bis 2020 bei Menschen mit Katarakt, altersbedingter Makuladegeneration (AMD) oder Glaukom mit Vergleichspersonen (1:5). 410‘476 Personen mit Katarakt, 75‘622 mit AMD und 90‘177 mit Glaukom (mittleres Alter 74, 79 und 70 Jahre) hatten ein erhöhtes Risiko für Stürze (HR 1.36 bei Katarakt; 1.25 bei AMD und 1.38 bei Glaukom) im Vergleich zu Vergleichspersonen. Ebenso war das Fraktur-Risiko erhöht (HR 1.28 bei Katarakt, 1.18 bei AMD und 1.31 bei Glaukom). Lokalisationsspezifische Frakturanalysen ergaben eine Zunahme an fast allen Körperstellen (einschließlich Hüfte, Wirbelsäule, Unterarm, Schädel- oder Gesichtsknochen, Becken, Rippen oder Brustbein und Unterschenkelfrakturen).
Unser Augenmerk auf Augenkrankheiten bei Personen mit Osteoporoserisiko wird bestätigt. Bei der Sturzprävention spielen Katarakt, Makuladegeneration und Glaukom eine wichtige Rolle.
