Hilft Akupunktur bei der symptomatischen Spinalkanalstenose
Effect of Acupuncture on Neurogenic Claudication Among Patients with Degenerative Lumbar Spinal Stenosis: A Randomized Clinical Trial
Zhu L et al. Ann Intern Med 2024;177(8):1048
In dieser randomisiert kontrollierten Studie aus China wurden Patienten mit symptomatischer Spinalkanalstenose randomisiert und mit echter oder Scheinakupunktur behandelt. Es wurden 196 Patienten (je 98 pro Behandlungsgruppe) mit einem Durchschnittsalter von 65 Jahren eingeschlossen. Davon beendeten 174 die Studie nach 30 Wochen. Die Patienten erhielten 3 Sitzungen Akupunktur, oder Scheinakupunktur pro Woche während 6 Wochen. Celecoxib als Schmerzreservemedikament war erlaubt. Der primäre Studienendpunkt war der modifizierte Roland Morris Disability Questionnaire (RMDQ, Score 0-24 mit minimal klinischer Signifikanz von 2-3). Der Ausgangs-RMDQ betrug 12.6 in der Akupunkturgruppe und 12.7 in der Scheinakupunkturgruppe. Nach 6 Wochen betrug er noch 8.1 versus 9.5. Der positive Effekt hielt in beiden Gruppen bis zur 30.Woche an zu Gunsten der Akupunkturgruppe mit einem unterschied von -1.8 im RMDQ. Auch in den verschiedenen sekundären Studienendpunkten (z.B. Schmerzskala, minimale oder bedeutende Verbesserung im RMDQ) zeigte sich nach 6, resp. 30 Wochen eine Verbesserung der Scores zu Gunsten der Akupunkturgruppe. Beide Gruppen zeigten keine Unterschiede in der Einnahme der Schmerzreservemedikation mit Celecoxib.
Kommentar
Diese Studie aus China zeigt einen klinisch bedeutenden, wenn auch minimalen Effekt auf die Symptome inklusive Schmerzen der Akupunktur bei Patienten mit symptomatischer Spinalkanalstenose. Der Unterscheid zwischen der echten Akupunktur und der Scheinakupunktur ist minimal und klinisch nicht signifikant. Beide Gruppen zeigen nach 6-wöchiger Behandlung und auch noch im Follow-Up nach 30 Wochen eine Verbesserung im Roland Morris Disability Questionnaire und auch der Schmerzskala. Da könnte man auch argumentieren, dass die Verbesserung durch einen Placeboeffekt zu Stande kam.
Zusammenhang zwischen BRI (Adipositas) und Gesamtmortalität
Body Roundness Index and All-Cause Mortality Among US Adults
Zhang X. et al. JAMA Netw Open 2024; 7(6):e2415051. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.15051
Bei 32’995 Erwachsenen (Durchschnittsalter 47 Jahre, Frauen 50%, Kaukasier 68%) in den USA stieg der mittlere Body Roundness Index (BRI) von 1999 bis 2018 allmählich von 4.8 auf 5.6 an, mit einer zweijährigen Veränderung von 0.95 % (p<0.001), und dieser zunehmende Trend war bei Frauen, älteren Menschen und ‘mexikanischen Amerikanern’ offensichtlicher. Nach 10 Jahren traten 3452 Todesfälle (10.5 % der Teilnehmer) auf. Es zeigte sich ein U-förmiger Zusammenhang zwischen BRI und Gesamtmortalität, wobei das Risiko bei Erwachsenen mit einem BRI von weniger als 3.4 um 25 % (Hazard Ratio [HR] 1.25) und bei Erwachsenen mit einem BRI von 6.9 oder mehr um 49 % (HR 1.49) im Vergleich zum mittleren Quintil der BRI von 4.5 bis 5.5 anstieg.
Adipositas ist nicht nur wegen kardiovaskulärem Risiko und Diabetes, sondern auch wegen gehäuften entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und schlechterer Wirkung der spezifischen Therapeutika ein riesiges Gesundheitsproblem. Seit den 90er-Jahren messen wir Grösse und Gewicht und berechnen daraus den Body Mass Index [BMI, kg/m2]) als Messwert für Übergewicht (>25) und Adipositas (Grad I >30, Grad II >35, Grad III [Adipositas permagna] >40). Dabei wird die Fettverteilung (insbesondere viszerales Fett) nicht berücksichtigt und können beispielsweise muskulöse Menschen einen hohen BMI mit niedrigem Gesundheitsrisiko haben. 2013 schlug die Mathematikerin Diana Thomas den Body Roundness Index (BRI) vor, welcher – ohne Berücksichtigung des Körpergewichts – den Bauchumfang und optional den Hüftumfang mit der Körpergrösse in eine Formel bringt und ein Oval (elliptische Körperform) berechnet.
Die Studie belegt einerseits die bekannte Zunahme der Häufigkeit von Adipositas in der US-Bevölkerung in den letzten 20 Jahren (jährlich um 0.5 %) und zeigt andererseits einen Vorteil des BRI gegenüber dem BMI. In Zukunft dürften Fortschritte in Präzisionsmedizin und Technologie mit verbesserter Analyse der Körperkomposition (Muskelmasse, Körperfett, Wassergehalt und Metabolismusrate) neue Möglichkeiten zur Adipositasdefinition bringen. Das Resultat dieser Kohortenstudie ist ein U-förmiger Zusammenhang zwischen dem BRI und der Gesamtmortalität. Was unsere tägliche Praxis betrifft, ist das Augenmerk auf die Häufigkeit und die Gefahren der Adipositas mit entsprechender Patientenmotivation zur Lebensstiländerung wohl wichtiger als die Diskussion, ob wir lieber BMI oder BRI messen.
Häufigkeit und Klassifikation der Chondrokalzinose im Kniemeniskus (Faserknorpel)
Prevalence and Classification of Meniscal Calcifications in the Human Knee
Shakya BR et al. Osteoarthritis Cartilage 2024; 32(11):1443
Die Studie untersuchte das Auftreten von Meniskusverkalkungen bei Personen mit und ohne Kniearthrose (OA). Zudem sollte identifiziert werden, ob es sich um Verkalkungen aus basischem Kalziumphosphat (BCP) oder Kalziumpyrophosphat-Dihydrat (CPP) handelt. Es wurden 82 Meniskusproben aus dem hinteren Horn (medial und lateral) von 41 menschlichen Probanden analysiert. Von diesen hatten 20 Personen eine vollständige Knieprothese aufgrund von medialer Kompartimentsarthrose, während 21 verstorbene Spender keine bekannte Kniearthrose aufwiesen. Die Bewertung der Meniskusverkalkungen sowie die histopathologische Einstufung nach Pauli erfolgten anhand von histologischen Schnitten. Zusätzliche Schnitte wurden mittels Raman-Spektroskopie analysiert, um BCP- und CPP-Verkalkungen anhand ihrer charakteristischen spektralen Signaturen zu identifizieren.
Alle Personen mit OA wiesen Verkalkungen in mindestens einem Meniskus auf; im Vergleich dazu wiesen nur 9,5 % der Spender Meniskusverkalkungen auf. Unter den 35 Menisken mit Verkalkungen bei OA-Patienten waren 28 (80 %) BCP, 5 (14 %) CPP und 2 (6 %) wiesen beide Typen auf. Von den 4 Menisken der Spender hatten 3 (75 %) CPP und 1 (25 %) beide Typen. Die Analyse ergab eine Assoziation zwischen dem Pauli-Score und dem Vorhandensein von BCP bei OA-Patienten mit einem Odds Ratio von 2,1 (95 % CI 0,8, 5,3) pro 1 Punkt des Pauli-Scores. Die Assoziation zwischen Pauli-Score und dem Vorhandensein von CPP (in der gesamten Stichprobe) schien schwächer zu sein, mit einem Odds Ratio von 1,3 (95 % CI 1,1, 1,7).
Kommentar
Es wurde festgestellt, dass BCP-Verkalkungen fast ausschließlich in den Menisken von Personen mit OA vorhanden waren, während CPP-Verkalkungen bei beiden Gruppen in ähnlicher Häufigkeit auftraten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass BCP-Verkalkungen eng mit dem Krankheitsprozess der OA verbunden sind. Interessant sind diese Ergebnisse aus rheumatologischer Sicht bei der Evaluation der Chondrokalzinose im Kontext einer möglichen CPP-Erkrankung.
In der Diagnosestellung der CCP-Erkrankung ist die Chondrokalzinose in der Bildgebung insb. dem Ultraschall eine Schlüsselelement. Die optimale Methode zur Untersuchung der Kalziumpyrophosphatablagerungskrankheit (CPPD) mittels Ultraschalls beinhaltet eine bilaterale Beurteilung der Knie, Handgelenke und Hüften. Insbesondere die Erkennung von CPPD in mindestens zwei Gelenken mithilfe dieses verkürzten Untersuchungsprotokolls zeigte eine Sensitivität von 96,7 % und eine Spezifität von 100 % für die Diagnose von CPPD. Diese Methode ist effizient und benötigt durchschnittlich nur etwa 12,5 Minuten, was sie zu einer praktischen Option für klinische Anwendungen macht. Die OMERACT-Zeichen sind: 1. Hyperechogene Bänder im hyalinen Knorpel; 2. Hyperechogene Punkte im meniskalen Faserknorpel; 3. Hyperechogene noduläre oder ovale Ablagerungen; 4. Weichteilverkalkungen; 5. Verkalkungen im acetabulären Labrumfaserknorpel und im hyalinen Knorpel des Femurkopfes. Hyperechogene Bänder im hyalinen Knorpel sind besonders spezifisch.
CRPS: Behandlung mit intravenösem Bisphosphonat
Is CRPS-1 a Chronic Disabling Disease? A Long-term, Real-Life Study on Patients Treated With Neridronate
Varenna M et al. Arthritis Musculoskel Dis 2024:online ahead of print
Das CRPS (Komplexes regionales Schmerzsyndrom, Algodystrophie) ist eine schmerzhafte Erkrankung, welche oft zu erheblichen Funktionsstörungen führt. Die vorliegende retrospektive Studie untersuchte den Verlauf des CRPS für die obere Extremität nach Behandlung mit Neridronat, einem intravenös zu verabreichenden Bisphosphonat.
49 Patienten mit CRPS der oberen Extremität, Behandlung nach einer mittleren Krankheitsdauer von 10 Wochen mit 400 mg Neridronat-Infusionen während 10 Tagen, Beobachtung über mindestens ein Jahr, im Mittel über vier Jahre.
Bei 46 Patienten (94%) kam es zu einer vollständigen Erholung, die diagnostischen Kriterien konnten nicht mehr ausgemacht werden. 78% erreichten eine funktionell vollständige Wiederherstellung. Prädiktoren für eine verbleibende funktionelle Störung waren jüngeres Alter sowie Verzug der Behandlung.
Fazit
Unter den medikamentösen Behandlungsoptionen gibt es ausser für die Bisphosphonate kaum positive Forschungsresultate betreffend Therapie des CRPS. Neridronat, ein zu infundierendes Bisphosphonat (erhältlich aus Italien, wo das Medikament für die Osteogenesis Imperfecta zugelassen ist), scheint in dieser Studie besonders günstig abzuschneiden. Ob ein anderes intravenös zu verabreichendes Bisphosphonat wie Zoledronat ähnlich gut wirkt, bleibt offen. Zu beachten ist der retrospektive Charakter der Beobachtungsstudie.
Der positive Einfluss von Bisphosphonaten scheint aufgrund verschiedener Studien gesichert. Interessant wäre ein direkter Vergleich verschiedener Bisphosphonate, um die beste Option zu identifizieren. Wie häufig bei chronischen Krankheiten ist der Zeitpunkt des Therapieeinsatzes entscheidend: je früher um so besser.