Thrombosen sind bei RA-Patienten gehäuft

Risk of venous thromboembolism in rheumatoid arthritis

Ketfi C. et al. Joint Bone Spine 2021;88:105122. Rev Rhum 2021;88:338

Dieser englisch oder französisch lesbare Artikel gibt einen Überblick über die Pathophysiologie, Epidemiologie und Behandlungsstrategien der Venenthrombose (VTE) bei Rheumatoider Arthritis (RA). Das Risiko für VTE ist bei Patienten mit RA im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung mehr als doppelt so hoch; die Inzidenz wird auf 4 Fälle pro 1000 Personenjahre geschätzt (Normalpopulation: 1.3 Fälle). Verschiedene Mechanismen und kausale Faktoren (wie beispielsweise Antiphospholipid-Antikörper, Hyperhomozysteinämie, aber auch Formation von Immunkomplexen wegen ACPA und erhöhtem IgG-RF mit Komplementaktivierung und Produktion von TNF und IL-6) liefern gute Erklärungen für die Hyperkoagulabilität. Auch die Endothelfunktion ist gestört mit vermehrter Permeabilität und Leukozyten- und Plättchen-Adhärenz sowie früher Arteriosklerose. Zusätzlich befinden sich RA-Patienten oft in Perioden von erhöhtem Risiko für VTE (z. B. Operation, erstes Jahr nach RA-Diagnose, längere Liegedauer wegen akuter Erkrankung). Bei den DMARDs werden JAK-Hemmer (Tofacitinib, Barcitinib), insbesondere im Zeitfenster nach der ersten Verschreibung, mit einem erhöhten VTE-Risiko in Verbindung gebracht.

Der in einer ruhigen Viertelstunde über die Festtage, zu denen ich euch viel Musse wünsche, lesenswerte «tour d’horizon» erinnert uns daran, bei der venösen Thromboseprophylaxe für RA-Patienten grosszügig zu sein.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

COVID-Impfung von RA/SpA Patienten – ungenügender Schutz nach 1. Impfung

Importance of the Second SARS-CoV-2 Vaccination Dose for Achieving Serological Response in Patients with Rheumatoid Arthritis and Seronegative Spondyloarthritis

Simader E et al. Ann Rheum Dis 2021:online ahead of print

Diese Studie untersucht die Kinetik der humoralen Reaktion nach der ersten und zweiten Dosis von Boten-RNA (mRNA)-Impfstoffen bei Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen (HC); sowie eine Analyse der Faktoren, welche die Quantität der Immunantwort beeinflussen. Eingeschlossen wurden 89 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA, 53 Patienten) und seronegativer Spondyloarthritis (SpA, 46 Patienten) unter Ausschluss von Patienten, die B-Zell-depletierende Therapien erhielten. Untersucht wurde die Reaktion auf mRNA-Impfstoffe nach der ersten und zweiten Impfstoffdosis in Bezug auf die Serokonversionsrate und den Titer. 169 gesunde Teilnehmer wurde als Vergleichsgruppe (HC) verwendet. Die Serokonversionsraten nach der ersten Immunisierung betrugen nur 54 % bei Patienten mit entzündlicher Arthritis im Vergleich zu 98 % in der HC-Gruppe. Nach der zweiten Impfung lag die Serokonversionsrate jedoch in allen Gruppen bei 100 %. Die Patienten (RA, SpA) entwickelten nach der ersten Impfung niedrigere Antikörpertiter als die HC-Gruppe, aber nach der zweiten Dosis gab es keinen Unterschied mehr. Während eine Monotherapie mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) keinen Einfluss auf die Antikörperspiegel hatte, waren die Serokonversionsraten sowie die Titerwerte bei Patienten, die eine Kombination von DMARDs erhielten, im Vergleich zu HC reduziert.

Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen, die mit DMARDs behandelt werden, zeigen eine eingeschränkte humorale Reaktion auf die erste Impfstoffdosis, aber eine ausgezeichnete endgültige Reaktion auf die Impfung mit mRNA-Impfstoffen. Daher ist für eine wirksame Impfantwort bei Patienten mit entzündlicher Arthritis unter DMARD-Therapie die vollständige Durchführung von zwei Impfungen erforderlich.

Kommentar:
Die aktuelle Studie legt nahe, dass die meisten Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen beide Impfungen benötigen, um eine substanzielle Antikörperreaktion zu entwickeln. Daher ist es für die Behandlung von Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen wichtig, dass die nicht-pharmazeutischen Schutzmaßnahmen bis zum Abschluss des vollständigen Impfschemas konsequent durchgeführt werden.
Interessanterweise haben auch Patienten unter Methtorexat und PDN zwischen 7-8mg/d gut auf die 2. Impfung angesprochen.

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Dr. Christian Marx
Zürich

Tofacitinib: Neue Therapieoption bei ANCA-Vaskulitis?

Tofacitinib for the treatment of antineutrophil cytoplasm antibody-associated vasculitis: a pilot study

Liu Y et al. Ann Rheum Dis 2021;80:1631

In dieser offenen Studie wurden 10 Patienten mit einer ANCA Vaskulitis (6 Patienten hatten eine Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), 3 eine Mikroskopische Polyangiitis (MPA) und 1 eine Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)) mit Tofacitinib 2 mal 5 mg behandelt. Ausser bei einem Patienten mit neu diagnostizierter GPA hatten alle anderen Patienten einen Relaps der Vaskulitis unter der bisherigen Therapie mit Glukokortikoiden und verschiedenen Immunsuppressiva (u.a. Cyclophosphamid, Rituximab, Mycophenolat Mofetil, Azathioprin). Keiner der Patienten hatte eine organbedrohliche Manifestation der Vaskulitis (Lunge, Niere, Nervensystem).

Nach einer Beobachtungszeit von 6–13 Monaten erreichten 9 dieser Patienten eine komplette und 1 Patient eine partielle Remission der Vaskulitis. Die Glukokortikoiddosis konnte von 22 mg/Tag auf 8 mg/Tag reduziert werden. Ein Relaps der Erkrankung trat bei keinem der Patienten auf. Zur Behandlung mit Tofacitinib und Glukokortikoiden erhielten je 1 Patient zusätzlich Cyclophosphamid, MTX, MMF oder Cyclosporin und 3 Hydroxychloroquin.

Konklusion:
Diese offene Fallstudie aus China zeigte bei 9 von 10 Patienten mit einer ANCA Vaskulitis und Relaps unter einer bestehenden Therapie mit Glukokortikoiden und diversen Immunsuppressiva ein vielversprechendes Ansprechen auf Tofacitinib additiv zu Glukokortikoiden und bei 4 davon mit einem zusätzlichen Immunsuppressivum. Allerdings hatte keiner dieser Patienten eine organbedrohliche Vaskulitismanifestation.
Ich bin gespannt, ob Studien geplant sind zur Wirksamkeit eines Januskinasehemmers bei den ANCA Vaskulitiden, entweder zur Remissionsinduktion oder Remissionserhaltung. Gemäss www.clincialtrials.gov. ist derzeit nur 1 Studie am Laufen, welche MTX und Tofacitinib in der Remissionserhaltung untersucht.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

TNF-Hemmer bei PsA: Mono versus Kombi

Effectiveness and treatment retention of TNF inhibitors when used as monotherapy versus comedication with csDMARDs in 15 332 patients with psoriatic arthritis. Data from the EuroSpA collaboration

Lindström U et al. Ann Rheum Dis 2021;80:1410

Bei Psoriasis Arthritis (PsA) werden TNF-Hemmer oft in Kombination mit synthetischen DMARDs eingesetzt, obwohl der zusätzliche Nutzen unklar ist. Die vorliegende Studie untersuchte in 13 europäischen Ländern die Kombinationstherapie mit einer TNF-Blocker-Monotherapie in Bezug auf Wirksamkeit und Einsatzdauer von TNF-Blockern.

Beobachtungsstudie, 15’332 Patienten, 62% in Kombinationstherapie, 38% in Monotherapie mit TNF-Blockern.
Die Kombitherapien bestanden hauptsächlich aus Methotrexat, Sulfasalazin und Leflunomid. Eine Kombimedikation zeigte allgemein bessere Remissionsraten als die Monotherapie. Methotrexat im Speziellen war assoziiert mit einer verbesserten Remission unter Kombination mit Adalimumab und Infliximab (50% höhere Remissionsraten nach einem Jahr im Vergleich zur Monotherapie). Zudem verbesserte Methotrexat das Verbleiben auf Infliximab. Für Etanercept fand sich kein Vorteil der Kombitherapie.

Fazit:
Diese sehr grosse Beobachtungsstudie unterstreicht die heute gängige Therapiestrategie einer Kombination mit synthetischen DMARDs bei Gabe von TNF-Hemmern. Insgesamt zeigte die Kombitheraphie verbesserte Remissionsraten, insbesondere aber Methotrexat, welches in der Praxis am häufigsten eingesetzt wird, führte zu einer 50% besseren Remissionsrate für die TNF-Blocker Adalimumab und Infliximab.
Damit zeigt sich der Vorteil der Kombinationstherapie mit TNF-Blockern nicht nur in bereits früheren Untersuchungen der RA, sondern jetzt auch bei der Behandlung der PsA. Dies ganz im Gegensatz zur Behandlung der axialen Spondyloarthritis.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich