Karpaltunnelsyndrom: Elastographie und seltene Ursachen

Sonoelastic response of median nerve to rehabilitation in carpal tunnel syndrome und Ultrasound Findings in Less Frequent Causes of Carpal Tunnel Syndrome

Polat Y.D. et al, Jultrason 2020:online, Bianchi S. et al, J Ultrasound Med 2020:online

In der ersten prospektiven Studie wurde das Therapieansprechen auf konservatives Management (u.a. Ruhigstellung mittels Schienenbehandlung) nicht nur klinisch, elektrophysiologisch und morphologisch im Ultraschall-B-Bild, sondern auch sonoelastographisch evaluiert (betreff. Sonoelastographie (SE) vgl. http://rheuma-schweiz.ch/index.php?id=1207). Nach der 6-wöchigen Therapie bei mildem Karpaltunnelsyndrom (KTS) zeigte die SE einen signifikant weicheren Medianusnerv, während die traditionellen Parameter (Klinik, Querschnittsfläche anhand Ultraschalluntersuchung) sich nahezu nicht änderten. Die Autoren gehen davon aus, dass die ?enderung des Nervs in der SE ein früher Hinweis auf biomechanische Veränderungen und von klinischer Bedeutung sein kann, womöglich in Zukunft ein unabhängiger prognostischer Faktor oder frühes diagnostisches Zeichen werden könnte, was noch zu beweisen ist mittels prospektiver Vergleichsstudien mit optimiertem Studiendesign.
Die zweite Arbeit ist ein ausgezeichneter Review, in dem weniger häufige und nicht selten verkannte Ursachen eines KTS illustriert werden. Eine Liste von Ursachen eines KTS finden Sie hier: http://www.irheuma.com/de/index.php?p=rheumatology-a-z/a-1-2/carpal-tunnel-syndrome-cts

Zur Studie
KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Fitness nach kolorektalem Karzinom ist günstig

Physical Activity and Long-Term Fatigue Among Colorectal Cancer Survivors - A Population-Based Prospective Study

Eyl R.E. et al. BMC Cancer 2020;20:438

1781 Individuen mit kolorektalem Karzinom (CRC) zwischen 2003-2014 mit 5-Jahres-Überleben in Deutschland wurden hinsichtlich physischer Aktivität (PA) untersucht. Die PA vor Diagnosestellung hatte keinen Einfluss auf die Müdigkeit nach fünf Jahren. Jedoch korrelierte das Ausmass der PA nach Diagnosestellung mit einer geringeren Müdigkeit gemäss Fatigue Assessment Questionnaire und EORTC Quality of Life Questionnaire-Core 30 Fatigue Subscale für physische, kognitive und affektive Müdigkeit nach fünf Jahren.

Zwar handelt es sich um epidemiologische Daten und äussern sich die Autoren nicht zu den Mechanismen des Einflusses von Fitness auf die Müdigkeit und auf das Wohlbefinden der Karzinompatienten, aber es ist schön zu sehen, dass physische Aktivität nicht nur muskuloskelettal, sondern auch im onkologischen Bereich günstige Effekte hat.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Harnsäuresenkung und Nierenfunktion

Effects of allopurinol on the progression of chronic kidney disease

Badve SV et al. N Engl J Med 2020; 382:2504

In dieser placebokontrollierten Studie wurde untersucht, ob eine harnsäuresenkende Therapie mit Allopurinol bei Patienten mit chronischer Nierensuffizienz (CKD) eine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion (eGFR) verzögert.

Es ist bekannt, dass eine Hyperurikämie mit der Niereninsuffizienz assoziiert ist. Ob die Hyperurikämie selbst das Fortschreiten der CKD fördert oder nicht, ist nicht klar. Bei Patienten mit Hyperurikämie und manifester Gicht gibt es gewisse Hinweise aus Beobachtungsstudien, dass eine harnsäuresenkende Therapie (sUT) die Nierenfunktion positiv beeinflusst.

369 Patienten, bei ursprünglich geplanten 620 Patienten, mit CKD Stadium 3 und 4 aber ohne Gicht wurden in die Studie eingeschlossen. 185 erhielten Allopurinol (100 bis 300 mg), 184 Patienten ein Placebopräparat. Der durchschnittliche Serumharnsäurewert bei Studienbeginn war in beiden Gruppen 8.2 mg/dl (=490 µmol/l). Nach 2 Jahren zeigte sich trotz Senkung des Harnsäurespiegels in der Verumgruppe auf 5.3 mg/dl (=320 µmol/l), bei gleichbleibenden Werten in der Placebogruppe, kein signifikanter Unterschied im primären (Änderung der eGFR) und in den sekundären Studienendpunkten (≥ 40 % Verschlechterung der eGFR, terminale Niereninsuffizienz, Mortalität, kardiovaskuläre Ereignisse und Hospitalisation, Blutdruck, Proteinurie).

Obwohl die Studie «underpowered» war (nicht genügend Patienten eingeschlossen) und 30% der Patienten im Verlauf Allopurinol absetzten, scheint bei Patienten mit CKD Stadium 3 und 4 eine medikamentöse Serumuratsenkung keinen nephroprotektiven Effekt zu haben.

Interessant wäre der Einschluss von Patienten mit CKD, Hyperurikämie und Gicht gewesen. Es gibt Daten, allerdings aus retrospektiven Beobachtungsstudien, dass bei Gichtpatienten unter einer harnsäuresenkenden Therapie die Rate an kardiovaskulären Ereignissen abnimmt und auch ein Benefit für die Nierenfunktion besteht. Allenfalls haben Patienten mit manifester Gicht bereits eine Harnsäurekristallablagerung in der Niere mit dadurch bedingter chronischer interstitieller Entzündung und beeinträchtiger Nierenfunktion, währenddem Patienten mit Hyperurikämie aber ohne Gicht diese Ablagerungen noch nicht haben.

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar