Zu viele Nebenwirkungen bei Opioiden für Rückenschmerzen

Initial Choice of Spinal Manipulative Therapy for Treatment of Chronic Low Back Pain Leads to Reduced Long-term Risk of Adverse Drug Events Among Older Medicare Beneficiaries

Whedon J. M. et al. Spine 2021;46:1714

28160 Patienten im Alter von 65 bis 84 Jahren aus Registern erhielten (ab 2013 über einen Zeitraum von 5 Jahren) eine langfristige Behandlung ihrer chronischen Kreuzschmerzen (cLBP) mit Opioiden (Opioid Analgesic Therapy, OAT) oder mit Chiropraktorenbehandlung (Spinal Manipulative Therapy, SMT). Die Nebenwirkungsquote für OAT war mehr als 42-mal höher als für SMT.

Diese Daten – leider ohne Auswertung der Wirksamkeit der Therapien, welche freilich bei LBP für Opioide schwach belegt ist – machen darauf aufmerksam, dass wir Ärztinnen und Ärzte allzu oft zu starken Schmerzmitteln greifen, deren Nebenwirkungen im Vergleich zur Wirkung unverhältnismässig sind. Erstaunt hat mich die Häufigkeit der Manipulationen bei 5000 US-Personen (das ist ein Fünftel der Studienpopulation) im Osteoporosealter: Andere Länder andere Sitten! Ich empfehle physiotherapeutisch geleitete Seniorengruppen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Absetzen der Immunsuppression bei Patienten mit Lupus Nephritis in Remission

Immunosuppressive therapy withdrawal after remission achievement in patients with lupus nephritis

Zen M. et al. Rheumatology 2022;61 (2), 688

Die italienischen Kolleginnen und Kollegen haben retrospektiv die Daten von SLE Patienten/innen mit Lupus Nephritis im Zeitraum 1980–2020 untersucht. Zielparameter waren die Häufigkeit und mögliche Prädiktoren eines Flares nach Absetzen der Immunsuppression.

Bei Remissionsdefinition von normalem Serumkreatinin, Proteinurie von < 0.5g/Tg., inaktivem Urinsediment und Fehlen extrarenaler Lupusaktivität unter einer stabilen Immunsuppression plus/minus Antimalaria und/oder Prednisolonäquivalent von < 5mg/Tg. wurde das komplette Absetzen der Immunsuppression evaluiert. Ein Flare wurde gemäss SLEDAI Flare Index gewertet.

238 SLE Patienten mit histologisch gesicherter Lupus Nephritis wurden untersucht: das niedrigste Relapse Risiko hatten Patienten/Patientinnen mit einer mindestens 3 Jahre dauernden Remission. 35% der Betroffenen hatten die Immunsuppression nach durchschnittlich 30 Monaten beendet. Nach einer follow-up Zeit von im Mittel 78 Monaten zeigten 23% ein Rezidiv, bei 8 dieser 19 Patienten mit renaler Manifestation. Nach Wiederbeginn der Immunsuppression konnte bei 14/19 Betroffenen eine erneute Remission erzielt werden.

Zusätzliche Faktoren für einen Schutz vor einem Flare waren Antimalaria-Therapie und das Alter bei Stopp der Immunsuppression.

Kommentar
Zum einen zeigt diese Studie, dass die meisten von uns das Absetzen einer Immunsuppression auch in Remission einer Lupus Nephritis eher zögerlich angehen: 35% der hier beschriebenen Kohorte hatten die Immunsuppression beendet. Andererseits geschieht dieses Zögern ja auch «zu Recht»: Wenn auch lediglich in 23% der Betroffenen ein Rezidiv nach Absetzen der Immunsuppression auftritt, so ist doch eine erneute Remission nach Re-Start der Therapie nicht bei allen Patienten problemlos – wenn überhaupt – möglich.

Dennoch erscheint der Versuch einer Reduktion/eines Absetzens der Immunsuppression gerechtfertigt, falls bereits eine mehr als 3-jährige Remission bei Lupus Nephritis besteht und Patienten/Patientinnen die Basistherapie der Antimalaria fortführen. Eine engmaschige Kontrolle dieser Betroffenen ist selbstverständlich.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Spondyloarthritis: Radiologisch versus nicht-radiologisch, macht dies noch Sinn?

Current differentiation between radiographic and non-radiographic axial spondyloarthritis is of limited benefit for prediction of important clinical outcomes: data from a large, prospective, observational cohort

Ciurea A. et al. RMD Open 2022:online ahead of print

Die in den letzten Jahren vollzogene Unterscheidung zwischen radiologischer und nicht-radiologischer Sakroiliitis wird in dieser Studie in Frage gestellt. Untersuchungen zeigten für beide Formen eine vergleichbare Krankheitsausprägung und ein ähnliches Ansprechen auf Biologics.

Patientenrekrutierung aus der Swiss Clinical Quality Management Kohorte der Spondyloarthritis. Identifikation von 3 Gruppen: 1) nicht-radiologische axiale Spondyloarthritis, 2) bilaterale Grad 2 Sakroiliitis und 3) uni-oder bilaterale Grad 3 bis 4 Sakroiliitis.

Die insgesamt über 2000 Patienten zeigten in den zwei ersten Gruppen ein tieferes CRP und einen weniger ausgeprägten klinischen spinalen Befall als in der radiologisch fortgeschrittenen Gruppe (Grad 3 bis 4 Sakroiliitis).

Die Verbleibezeit auf einem TNF-Blocker war ähnlich für die ersten beiden Gruppen, jedoch deutlich höher in der fortgeschrittenen Gruppe. Ebenso zeigte sich der BASDAI50 nach einem Jahr Behandlung bei den stärker fortgeschrittenen Patienten signifikant besser. Auch die radiologische Progression war in der letzten Gruppe deutlich stärker als in den leichteren Krankheitsstadien.

Fazit:
Patienten mit nicht-radiologischer sowie radiologischer Erkrankung (maximal Grad 2 Sakroiliitis) zeigen ein ähnliches Fortschreiten und ähnliches Ansprechen auf Therapie, dies im Gegensatz zur schwerer erkrankten Gruppe mit Grad 3 bis 4 Sakroiliitis. Die Autoren folgern deshalb, dass die gängige Unterscheidung zwischen nicht-radiologischer und radiologischer Erkrankung kaum mehr Sinn macht für die Bestimmung des Outcomes.

Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Unterscheidung von radiologisch zu nicht-radiologisch aufgrund des Röntgenbildes arbiträr erscheint (Grad 1 versus Grad 2: verdächtige versus milde strukturelle Veränderungen). Vielmehr empfehlen die Autoren, auf die grossen Fortschritte in der MRI-Technologie zurück zu greifen, welche heute entzündliche und strukturelle Veränderungen im Sakroiliakalgelenk gut identifiziert und auch gegen andere Ursachen abgrenzen kann. Dies dürfte die Arbeit in der Praxis erleichtern, aber auch die Forderung nach separaten Studien bei nicht-radiologischer Spondyloarthritis überflüssig machen.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich