Vamorolone: «Cortison» ohne Nebenwirkung?

Vamolorone: a novel matabsolism resistant steroid that suppresses joint destruction in chronic polyarthritis with reduced systemic side effects

Crastin A et al. Rheumatology 2025;64(7):4371

Vamorolone gilt als Steroid, welches aufgrund einer Resistenz gegenüber dem sonst üblichen Abbauweg (und damit dem eigentlichen Aktivierungsweg) über die 11-beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ1 (11b-HSD1) als Schlüsselenzym zur Modulation der Glucocorticoidaktivität eine reguläre antiinflammatorische Wirksamkeit bei jedoch gleichzeitig reduzierten Nebenwirkungen aufweist.

In diesem hier beschriebenen Arthritis Tiermodell wurde die Resistenz von Vamorolone gegenüber dem o.g. 11b-HSD1 Stoffwechsel untersucht. Diese in vitro Daten zeigten eine vollständige Resistenz des «Testcortisons» gegenüber dem Abbauweg, wodurch eine Reduktion von Gelenkentzündungen / Synovitiden und der Serum-Interleukin-6 Spiegel gezeigt werden konnte, die vergleichbar einer Prednisolonwirkung war.

Die typischen Glucocorticoid-Nebenwirkungen wie NNR-Insuffizienz, Muskelschwund oder Hemmung des anabolen Stoffwechsels konnten jedoch unter Valmorolone Therapie nicht beobachtet werden. Da diese Effekte auch bei 11b-HSD1 Knockout-Mäusen zu beobachten waren, gehen die Autoren nun davon aus, dass die Vamorolone Wirksamkeit weitgehend unabhängig vom 11b-HSD1 Stoffwechsel ist. Somit konnte der eigentliche (und eigentlich postulierte) Mechanismus nicht definitiv geklärt werden.

Kommentar
Zu schön, um wahr zu sein…? Maus ist zwar nicht gleich Mensch, dennoch kann das Prinzip mutmasslich in ähnlicher Form im menschlichen Organismus möglich sein. Ob die hier im Tiermodell wirksame tiefe Dosis auch bei Menschen (und dann auch in höherer Dosierung) mit diesem Wirkungs-Nebenwirkungs-Profil zu finden sein wird, wird sich hoffentlich zeigen.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Kein Hausmittel für Sarkopenie im Alter

Effect of vitamin D, omega-3 supplementation, or a home exercise program on muscle mass and sarcopenia: DO-HEALTH trial

Eggimann A.K. et al. J Am Geriatr Soc 2025;73:1049

1495 freiwillige Teilnehmer (Alter 75 Jahre; 63 % Frauen) wurden randomisiert und erhielten 2000 IE/Tag Vitamin D und/oder 1 g/d marine Omega-3-Fettsäuren und/oder absolvierten ein dreimal wöchentliches Heimtrainingsprogramm. Zu Studienbeginn betrug die Ganggeschwindigkeit 1.2 m/s und der appendicular lean muscle mass index (ALMI) bei Frauen 6.65 und bei Männern 8.01 kg/m2. Nach 3 Jahren betrug die durchschnittliche Veränderung des ALMI -0.09 kg/m2 (-1.35 %) bei Frauen und -0.17 kg/m2 (-2.0 %) bei Männern. Keine der Behandlungen einzeln oder in Kombination hatte einen Nutzen für die ALMI-Veränderung im Vergleich zur Kontrolle über 3 Jahre, wobei Omega-3-Fettsäuren nur im Jahr 1 einen geringen schützenden Effekt auf den ALMI zeigten (-0.021 vs. -0.066 kg/m2, p=0.001). Von 1940 nicht-sarkopenischen Teilnehmern zu Studienbeginn entwickelten 88 (4.5 %) über einen Zeitraum von 3 Jahren eine Sarkopenie. Keine der Behandlungen einzeln oder in Kombination verringerte die Wahrscheinlichkeit einer auftretenden Sarkopenie im Vergleich zu Placebo.

Bei gesunden, körperlich aktiven älteren Erwachsenen wurden der ALMI und die Inzidenz von Sarkopenie durch die Behandlung mit 2000 IE/d Vitamin D und/oder 1 g/d Omega-3-Fettsäuren und/oder ein einfaches Heimtrainingsprogramm im Vergleich zu Kontrollen über 3 Jahre nicht verbessert.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Hat Abatacept ein erhöhtes Krebsrisiko?

Abatacept and the risk of malignancy: a meta-analysis across disease indications

Zuckerman BP et al. Rheumatology (Oxford) 2025 Jun 1;64(6):3280

Abatacept wirkt immunsuppressiv, indem es gezielt einen zentralen Schritt in der Aktivierung von T-Zellen blockiert. Checkpointinhibitoren, wie z.B. Ipilimumab, welche in der Onkologie eingesetzt werden, bewirken genau das Gegenteil und führen zu einer vermehrten Aktivierung der T-Zellen und bewirken dadurch eine Tumorbekämpfung. Es wird daher vermutet, dass Abatacept das Krebsrisiko erhöhen könnte. Einige Studien scheinen dies zu bestätigen, während dem andere kein erhöhtes Krebsrisiko zeigen.

In dieser Netzwerk- und Paarvergleichs-Metaanalyse wurde das Krebsrisiko (ohne nicht-melanozytäre Hauttumoren) unter Abatacept mit Placebo, TNF-Inhibitoren (TNFi), konventionellen synthetischen DMARDs (csDMARDs) und anderen biologischen oder zielgerichteten synthetischen DMARDs (b/tsDMARDs) verglichen.

Es wurden 18 RCTs und 10 LTE-Studien (Long-Term_Extension Studien)  TNFi analysiert. In den Metaanalysen zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Tumorrate (ohne Hauttumoren) zwischen Abatacept und Placebo (IRR 0,58) oder TNFi (IRR 0,72). In Beobachtungsstudien zeigte sich jedoch ein erhöhtes Risiko für Malignome unter Abatacept im Vergleich zu anderen b/tsDMARDs (IRR 1,21), jedoch kein signifikanter Unterschied im Vergleich zu csDMARDs (IRR 0,97).

Kommentar
In randomisierten Studien zeigt Abatacept kein erhöhtes Krebsrisiko gegenüber Placebo oder TNF-Inhibitoren. In Beobachtungsdaten hingegen war die Krebsrate unter Abatacept höher im Vergleich zu anderen modernen Biologika oder zielgerichteten Therapien. Weitere Sicherheitsdaten aus der Pharmakovigilanz sind notwendig, um das tatsächliche Krebsrisiko unter Abatacept abschließend zu bewerten. Solange diese Frage nicht eindeutig geklärt ist, bin ich zurückhaltend mit dem Einsatz von Abatacept bei Patienten mit positiver Krebsanamnese.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Paraspinales Fett und Erfolg von Wirbelsäulenoperationen

Extent of Fatty Infiltration of Lumbar Paraspinal Muscles as a Proxy for Frailty and Its Relationship with Perioperative Outcomes in Patients Undergoing Elective Spinal Surgery

Kulkarni R et al. Global Spine Journal 2025:online ahead of print

Retrospektive Kohortenstudie zur Identifikation der Bedeutung von paraspinalem lumbalem Muskelfett (Goutallier Klassifikation) in der Outcome-Bestimmung einer elektiven lumbalen Operation.

Die Operationen umfassten ein- oder zwei Niveau lumbale Dekompression oder instrumentelle Spondylodese bei degenerativen Pathologien.

Das Durchschnittsalter der 314 Patienten betrug 69 Jahre. Das Ausmass der muskulären Fettinfiltration paraspinal korrelierte mit dem Alter, mit dem vorausgehenden Gebrauch von Steroiden, mit dem «Frailty Index» (Gebrechlichkeit im Alter), mit der Entlassungsart nach Hospitalisation sowie den Komplikationen und Reoperationen innert 180 Tagen. In der multivariaten Analyse zeigte sich ein prädiktiver Zusammenhang zwischen dem muskulären lumbalen Fett sowie den Komplikationen, Reoperation, Entlassung in eine medizinisch-pflegerische Institution (nicht nach Hause) sowie mit der Gebrechlichkeit.

Fazit
Die paraspinale muskuläre Fettinfiltration lumbal entpuppt sich in dieser Studie als wertvoller Marker für Gebrechlichkeit und postoperative Situationen nach lumbaler spinaler Chirurgie. Das Ausmass der muskulären Fettinfiltration lumbal (gemessen mit dem Goutallier-Score) erscheint hier als wirksames Instrument zur Risikostratifikation von Patienten, bei welchen eine lumbale Operation geplant ist.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich