Serumharnsäuresenkung vermindert Gichtschübe auch bei asymptomatischer Hyperurikämie

Serum uric acid control for prevention of gout flare in patients with asymptomatic hyperuricaemia: a retrospective cohort study of health insurance claims and medical check-up data in Japan

Koto R. et al. Ann Rheum Dis 2021;80:1483

Die retrospektive Studie anhand von Krankenkassendaten von April 2012 bis Juni 2019 identifizierte Probanden mit Serumharnsäurespiegel (sUA) ≥8,0 mg/dL (475 μmol/L) sowie jene mit Rezept für eine uratsenkende Therapie (ULT). 19 261 Probanden hatten seltener Gichtschübe, sowohl für Gicht als auch für asymptomatische Hyperurikämie, falls sie mit ULT eine sUA ≤6,0 mg/dL (360 μmol/L) erreichten, verglichen mit Patienten, deren sUA >6,0 mg/dl blieb oder die keine ULT erhielten. Das Cox-Proportional-Hazard-Modell für die Zeit bis zum ersten Gichtschub ergab, dass das Risiko bei Probanden mit asymptomatischer Hyperurikämie und ULT am niedrigsten war.

Diese Kohortendaten weisen einmal mehr darauf hin, dass bei erhöhtem sUA auch Patienten mit asymptomatischer Hyperurikämie von einer ULT profitieren. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis sich diese Ansicht auch in den Richtlinien niederschlägt.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Verlauf und Komplikationen der inflammatorischen Aortitiden

Spectrum and Outcome of Noninfectious Aortitis

Ferfar Y et al. J Rheumatol 2021;48:1583

In dieser retrospektiven Multizenterstudie wurde der Verlauf im Hinblick auf Morbidität und Mortalität bei Patienten mit inflammatorischer Aortitis untersucht. Die Kohorte umfasste 136 Patienten mit Riesenzellarteriitis, 96 mit Takayasu Arteriitis, 73 mit isolierter Aortitis und 48 Patienten mit Aortitis bei Erkrankungen wie M. Behçet, Relapsing Polychondritis, Cogan-Syndrom und IgG4 Related Disease. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 52 Monaten traten in 32% der Patienten vaskuläre Komplikationen auf. Bei 30% war eine Revaskularisation im Beobachtungszeitraum notwendig und 27 (7.6%) sind an Komplikationen verstorben. Die häufigsten Todesursachen waren Aortenaneurysma-Ruptur, CVI, Aortendissektion, Myokardinfarkte und Mesenterialinfarkte. Die höchste Morbiditäts- und Mortalitätsrate hatten Patienten mit Riesenzellarteriitis und Beteiligung der Aorta.

Fazit:
Patienten mit inflammatorischen Aortitiden haben im Verlauf eine hohe Komplikations- und Todesrate. Eine gute medikamentöse Behandlung und Verlaufsbeobachtung mittels Bildgebung ist deshalb sehr wichtig. Ich persönlich veranlasse regelmässig alle 6-12 Monate, je nach Krankheitsaktivität ein Angio-MRI der Aorta und abgehenden Arterien.
Die Rate von vaskulären Komplikationen kann durch eine optimale Behandlung der zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren (Blutdruck, Lipidstatus, Rauchen etc.) gesenkt werden.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Ultraschalldiagnostik bei «interstitial lung disease» (ILD)

Lung ultrasound B-lines in systemic sclerosis: cut-off values and methodological indications for interstitial lung disease screening.

Gargani L et al. Rheumatology (Oxford, England). 2021:online ahead of print.

Der Lungenultraschall (LUS) kann durch die Beurteilung von B-Linien und Pleurasaum-Veränderungen eine interstitielle Lungenerkrankung (ILD) beurteilen (eine häufige Komplikation der systemischen Sklerose (SSc)). Bisher wurden verschiedene Scan-Schemata und Zählmethoden vorgeschlagen, aber keine klaren Grenzwerte für das Screening angegeben. In der aktuellen Studie wurde bei 69 SSc-Patienten am selben Tag eine LUS und HRCT Untersuchung der Lunge durchgeführt und mit verschiedenen Scan-Schemata ausgewertet resp. verglichen. Die Anzahl der B-Linien korrelierte mit den Ergebnissen dem Scleroderma Lung Study (SLS) I HRCT-Score. Eine Gesamtzahl von >10 B-Linien auf dem gesamten Brustkorb oder >1 B-Linie auf dem postero-basalen Brustkorb ergab eine Sensitivität von 97% und damit die Möglichkeit, selbst sehr frühe ILD-Anzeichen zu erkennen (entsprechend SLS I-Score =1). Die Sensitivität stieg auf 100%, wenn Pleuralinienveränderungen in die Analyse einbezogen wurden. Die LUS hat somit eine sehr hohe Sensitivität beim Nachweis einer SSc-bedingten ILD. Die Beurteilung nur des postero-basalen Brustkorbs scheint am effektivsten, eine hohe Sensitivität mit einem weniger zeitaufwändigen Ansatz zu erzielen.

Kommentar:
Es muss darauf hingewiesen werden, dass die LUS trotz ihres Nutzens bei verschiedenen Lungenerkrankungen das HRCT nicht ersetzen kann. Außerdem kann die LUS nicht zwischen den verschiedenen radiologischen ILD-Mustern (ground glass, reticulation, honeycombing) unterscheiden. In der klinischen Praxis kann die LUS als Screening-Instrument zur Früherkennung einer ILD mit Lungenfunktionstests kombiniert werden, um diejenigen Patienten zu identifizieren, die ein HRCT der Brust benötigen; insbesondere bei normaler Echokardiographie und normalen Basis HRCT bei Krankheitsbeginn. Vorteile sind geringe Kosten, die Durchführbarkeit, die kurze Dauer (weniger als 10 Minuten), kurze Lern- und Interpretationskurven und Vermeiden von Strahlenbelastung. Bei Patienten mit normalen Lungenfunktionstests kann ein völlig normaler LUS das Vorliegen einer ILD tatsächlich ausschließen, wobei die Röntgenaufnahme des Brustkorbs die Information zum Gesamtbild vervollständigt.

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Dr. Christian Marx
Zürich

Canakinumab bei therapieresistentem Morbus Still

Outcome of refractory to conventional and/or biologic treatment adult Still’s disease following canakinumab treatment: Countrywide data in 50 patients

Laskari K. et al. Seminars Arthritis Rheum 2021;51:137

Retrospektive longitudinale Multizenter Kohortenstudie von 50 Patienten, welche an einem therapieresistenten (konventionelle und/oder Biologic-Behandlung) litten. Canakinumab (IL-1b-Inhibitor) wurde in einer Dosierung von 150–300 mg alle 4 (n = 47) oder 8 Wochen (n = 3) verabreicht.

In den ersten 3 Monaten sprachen 44% der Patienten vollständig auf die Therapie mit Canakinumab an, weitere 34% zeigten eine gleiche Wirksamkeit in den folgenden Monaten. Über 12 Monate sprachen insgesamt 78% vollständig an, weitere 20% teilweise. Unter Therapie mit Canakinumab trat bei 22% ein Rezidiv auf.

17 von 24 früher mit Anakinra (IL-1-Inhibitor) behandelten resistenten Patienten sprachen ebenfalls vollständig auf Canakinumab an.

Fazit:
In dieser Kohortenstudie von 50 Patienten mit adultem therapieresistentem Morbus Still zeigte sich der IL-1b Inhibitor Canakinumab in einem sehr hohen Prozentsatz als wirksam. Die Zeit der Therapie unter Canakinumab bis zum Eintritt der Wirkung kann erheblich variieren von einigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Interessant ist der hohe Anteil eines vollständigen Ansprechens unter Canakinumab bei jenen Patienten, welche sich vorgängig als refraktär unter Anakinra erwiesen.
Die Analyse der Sicherheit zeigte keine neuen Signale mit vorwiegend Infekten (20%).

Canakinumab wurde kürzlich in der Schweiz für die Behandlung des adulten Morbus Still zugelassen.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich