Charakteristik der neuromuskulären Nebenwirkungen unter Colchizin
Systematic review of colchicine neuromyopathy: Risk factors, duration and resolution
McEwan T et al., Semin Arthritis Rheum 2022:online ahead of print
In dieser systematischen Review wurde die Charakteristik der seltenen Neuropathie und/oder Myopathie als Nebenwirkung von Colchizin untersucht. Colchizin ist ein Alkaloid der Herbstzeitlosen und bei höherer
Dosierung (>20 mg) lebensgefährlich toxisch (Deutsches Ärzteblatt 2017;114 (3)). In tiefer Dosis 0.5 bis 2 mg täglich wird es bei Gicht und CPPD als Schubprophylaxe, daneben oftmals als Langzeittherapie beim familiären Mittelmeerfieber und beim M. Behçet eingesetzt. In letzter Zeit konnte dank seiner antiinflammatorischen Wirkung auch eine positive Wirkung bei kardiovaskulären Erkrankungen gezeigt werden.
Als einzige relevante, wenn auch seltene Nebenwirkungen, können eine Neuropathie und/oder Myopathie auftreten.
In dieser Publikation fanden sich in der systematischen Literatur-Review 143 Fälle einer Neuromyopathie. Dominant war dabei die Myopathie bei 128 Patienten, die Neuropathie bei 84 Patienten, eine kombinierte Neuromyopathie war bei 72 Patienten (51%) vorhanden.
Die durchschnittliche Dosis betrug 1.25 mg Colchizin täglich. Bei 48% der Betroffenen traten die Nebenwirkungen nach einer Therapiedauer von > 12 Monaten auf. Die meisten Patienten mit Neuropathie zeigten pathologische Elektroneuro-myografische Befunde und 94% der Patienten mit Myopathie hatten erhöhte CK-Werte mit einem Medianwert von 1120 U/l. 82% der Patienten hatten relevante Komorbiditäten, am meisten davon (65%) eine nephrologische. Gehäuft hatten die Patienten eine Ko-Medikation mit Hemmern des Cytochroms CYP3A4 wie Ciclosporin oder Statine. 35% standen unter einer Glukokortikoidtherapie.
Nach Absetzen von Colchizin kam es bei 70% der Betroffenen zu einer kompletten Restitution im Durchschnitt innerhalb von 21 Tagen.
Kommentar
Interessante Zusammenstellung von Patientenfällen mit der seltenen Nebenwirkung einer Neuro- und/oder Myopathie unter einer Therapie mit Colchizin. Wichtig zu wissen ist, dass diese Nebenwirkungen meist erst > 12 Monaten Therapiedauer auftreten bei Patienten mit Komorbiditäten (v.a. nephrologische) und der Kombination mit Medikamenten, welche das Cytochrom CYP3A4 hemmen, wie z.B. Statine oder Ciclosporin.
Nach Absetzen von Colchizin ist diese Nebenwirkung zum Glück innerhalb kurzer Zeit reversibel.
Fettmuskelinfiltration ist ungünstiger Parameter bei Spinalkanalstenose
The Effect of Paraspinal Fatty Muscle Infiltration and Cumulative Lumbar Spine Degeneration on the Outcome of Patients With Lumbar Spinal Canal Stenosis: Analysis of the Lumbar Stenosis Outcome Study (LSOS) Data
Getzmann J.M. et al. Spine (Phila Pa 1976) 2023;48:97
116 konservativ behandelte (Alter 75 Jahre) und 300 chirurgisch (Alter 72 Jahre) behandelte Patienten aus der Zürcher Lumbar Stenosis Outcome Study (LSOS)-Kohorte mit mittelschwerer bis schwerer Lumbar Spinal Canal Stenosis (LSCS) wurden eingeschlossen. Die paraspinale Fettmuskelinfiltration (FMI) unterschied sich signifikant zwischen den Gruppen (54.3% vs. 32.0% für Goutallier Grad ≥2; p<0.001). Die kumulative Degeneration der Lendenwirbelsäule war in beiden Gruppen vergleichbar. FMI war mit einer niedrigeren Spinal Stenosis Measure (SSM)-Funktion und einem niedrigeren EQ-5D-3L (je p<0.05) assoziiert, aber nicht mit SSM-Symptomen. Der Gesamtdegenerationswert war weder mit SSM-Symptomen noch mit der SSM-Funktion oder mit dem EQ-5D-3L assoziiert.
Die Studienlage hinsichtlich paravertebraler Muskulatur und Kreuzschmerzen ist uneinheitlich, obschon der klinische Eindruck plausibel ist, dass schlechtere Muskulatur häufiger mit Rückenschmerzen einhergeht. In dieser Zürcher Population mit Spinalkanalstenose konnte nun gezeigt werden, dass Fettmuskelinfiltration (FMI) mit einer höheren Behinderung und einer schlechteren gesundheitsbezogenen Lebensqualität, nicht aber Symptomen, von LSCS-Patienten verbunden ist. Hingegen wurde einmal mehr kein Zusammenhang mit degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule gefunden.
Behandlung der Epicondylopathia humeri lateralis
Low-Load Resistance Training with Blood Flow Restriction Is Effective for Managing Lateral Elbow Tendinopathy: A Randomized, Sham-Controlled Trial.
Karanasios S. et al. JOSPT 2022;52:803
In einer randomisiert kontrollierten Studie wurde die Wirkung eines Widerstandstrainings mit geringer Belastung und Einschränkung des Blutflusses (LLRT-BFR) im Vergleich zu LLRT mit Schein-BFR bei Patienten mit Tendinopathie des lateralen Ellenbogens (LET) untersucht.
Dabei wurden 46 Patienten mit LET nach dem Zufallsprinzip einer LLRT-BFR- oder einer LLRT mit Sham-BFR-Behandlungsgruppe zugewiesen. Alle Patienten erhielten eine Weichteilmassage, angeleitete Übungen mit BFR oder Scheinbehandlung (zweimal wöchentlich über 6 Wochen), Die primären Endpunkte waren die Schmerzintensität, der PRTEE-Score (patient-rated tennis elbow evaluation), die schmerzfreie Griffstärke und die globale Bewertung der Veränderung, gemessen zu Beginn der Studie, nach sechs und nach zwölf Wochen.
Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen wurden zugunsten der LLRT-BFR im Vergleich zur LLRT mit Schein-BFR in Bezug auf die Schmerzintensität, Verhältnis der schmerzfreien Griffkraft, PRTEE bei der 6- und 12-wöchigen Nachuntersuchung erreicht. Nach 6 und 12 Wochen hatten die Patienten in der LLRT-BFR-Gruppe eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine vollständige Genesung oder eine deutliche Verbesserung zu erreichen (OR = 6,0 bzw. OR = 4,09).
Kommentar
Die Tendinopathie des lateralen Ellenbogens (LET) ist eine der häufigsten Tendinopathien der oberen Extremität bei Sportlern und Nicht-Sportlern. Die konservative Behandlung ist jedoch nicht immer einfach; wie bereits im Weekly vom 07.11.2022 beschrieben ist eine low-dose Dextrose Prolotherapie eine gute Option https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36099170/
Der Begriff Blood Flow Restriction Training (BFRT) bedeutet eine kurzzeitige Reduzierung der Blutzufuhr in Armen oder Beinen, um sie zu trainieren. Es handelt sich dabei um eine durch Studien bestätigte innovative Therapieanwendung in der Rehabilitation, die immer häufiger zum Einsatz kommt. Aufgrund der aktuellen Studie ist diese Trainingsform nun auch eine willkommene sinnvolle Ergänzung bei der Behandlung der LET.
Monarthritis des Knies: Rolle der Synovialbiopsie
Synovial biopsy for establishing a definite diagnosis in undifferentiated chronic knee monoarthritis
Soroosh SG et al. BMC Musculoskeletal Disorders 2023:online ahead of print
Retrospektive Untersuchung von 80 Patienten mit einer undifferenzierten Monarthritis des Knies, bei welchen nach durchschnittlich 14 Monaten eine Synovialbiopsie vorgenommen wurde. Die histopathologische Untersuchung ergab in 65% eine nicht-spezifische Synovitis, in 35% führte sie indessen zur definitiven Diagnose: darunter 9% rheumatoide Arthritis, 5% septische Arthritis, zudem aber auch drei maligne Erkrankungen (Riesenzelltumor, Chondrosarkom, metastatisches Neoplasma). Leider wird die Ursache der septischen Arthritis nicht spezifisch angegeben.
Fazit
Bei der relativ häufigen Monarthritis des Knies lohnt sich eine Synovialbiopsie, wenn trotz üblicher diagnostischer Massnahmen die Diagnose nicht definiert werden kann. Während die rheumatoide Arthritis in allen diesbezüglichen Untersuchungen die häufigste Form der Monarthritis darstellt, ergeben sich in einer bedeutenden Zahl auch klare Diagnosen, welche eine rasche spezifische Therapie erfordern. Dies sind vor allem mikrobielle Arthritiden wie auch maligne Erkrankungen. Das Biopsat kann zudem nicht nur histopathologisch evaluiert werden, sondern auch mittels PCR, was in dieser Untersuchung offenbar nicht erfolgt ist