Achsenfehlstellung wichtiges Kriterium für Gonarthrose

Axial alignment is a critical regulator of knee osteoarthritis

Oláh T. et al. Sci Transl Med 2022;14(629):eabn0179

Angelehnt an die Fallbeschreibung eines 57-jährigen Patienten mit Varusgonarthrose und erfolgreicher hoher tibialer (Umstellungs-)Osteotomie (HTO) werden die experimentellen Ergebnisse bei 24 Schafen dargestellt, bei welchen am rechten Hinterlauf eine partielle mediale vordere Meniskektomie und dann eine HTO entweder in neutraler, gerader Stellung oder varisierend oder valgisierend durchgeführt wurde. Die Ergebnisse nach 6 Monaten zeigten Erosionen und Risse der Knorpeloberfläche, Verdickung der subchondralen Knochenplatte mit verminderten Trabekeln und erhöhter Porosität des Knochens sowie Osteophytenbildung – einzig die 8 Schafe mit valgisierten Knien (im Sinn der «echten» HTO) wiesen trotz partieller Meniskektomie signifikant weniger dieser präarthrotischen Veränderungen und keine Differenz zu den als Vergleich dienenden linken Knien auf.

Diese Tierstudie weist auf die Bedeutung der Beinachsen bei Gonarthrose hin. Vielleicht sollten wir unsere Patienten vermehrt beraten, dass nicht immer der Kniegelenksersatz die Lösung ist, sondern bei Varusgonarthrose (2/3 aller Gonarthrosen) allenfalls auch eine HTO in Frage kommt. Klinische Daten zur HTO haben wir im Weekly (/Weekly/2021/12.04.2021/Studien) besprochen.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Arthroserisiko nach Kreuzbandrupturen

Predictors of Osteoarthritis Development at a Median 25 Years After Anterior Cruciate Ligament Reconstruction Using a Patellar Tendon Autograft

Lindanger L et al. Am J Sports Med 2022;50:1195

In dieser monozentrischen prospektiven Fallkontrollstudie wurde die Häufigkeit der Entwicklung einer Gonarthrose nach operativer Versorgung einer vorderen Kreuzbandruptur (VKR) mittels Patellasehnen Autograft untersucht. 235 Patienten mit VKR und operativer Versorgung wurden klinisch, mittels Fragebogen und am Ende der Beobachtungszeit mit konventionellen Röntgenbildern untersucht. Das Durchschnittsalter beim Trauma war 22.9 Jahre, bei der Operation 25.4 Jahre.

141 der 235 Patienten (60%) hatten nach einer medianen Beobachtungszeit von 25 Jahren eine Gonarthrose im operierten Knie entwickelt, kontralateral nur 18 %. In der univariaten Analyse waren Prädiktoren für die Entwicklung einer Gonarthrose höheres Alter bei Operation, männliches Geschlecht, grösserer Zeitraum zwischen VKR und Operation, und gleichzeitig notwendige mediale oder laterale Meniskus- Operation. Rückkehr zum gewohnten Level im Sport nach der Kreuzbandoperation war protektiv betreffend die Entwicklung einer Gonarthrose. In der multivariaten Analyse waren noch mediale und laterale Meniskusläsionen ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Gonarthrose.

Fazit:
Diese Studie mit einem sehr langen Beobachtungszeitraum von 25 Jahren zeigt klar, dass eine vordere Kreuzbandruptur auch nach einer Operation ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Gonarthrose ist, insbesondere, wenn gleichzeitig noch eine Verletzung der Menisken vorliegt.
Interessant wäre sicher ein Langzeitbeobachtungstudie, welche operierte mit konservativ behandelten Patienten vergleichen würde.

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar

Dosisreduktion von TNFa Hemmer (Etanercept) bei RA, SpA, PsA

Interval Prolongation of Etanercept in Rheumatoid Arthritis, Ankylosing Spondylitis, and Psoriatic Arthritis: A Randomized Controlled Trial

Ruwaard, J. et al. Scand J Rheumatol 2022:online ahead of print

Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung und minimaler Krankheitsaktivität (MDA), die mit Etanercept behandelt werden, sind möglicherweise überexponiert.
In einer offenen, randomisierten, kontrollierten Studie wurden 160 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) oder ankylosierender Spondylitis (AS) mit anhaltender minimaler Krankheitsaktivität (MDA) in 2 Gruppen aufgeteilt. Die Interventionsgruppe verdoppelte das Dosierungsintervall bei Studienbeginn und setzte Etanercept 6 Monate später ab. Die Kontrollgruppe setzte die Standarddosis für 6 Monate fort und verdoppelte danach das Dosierungsintervall für weitere 6 Monate. Der primäre Endpoint war der Anteil der Patienten, welche MDA nach 6 Monaten beibehielten. Insgesamt wurden alle Patienten bis zu 18 Monate nachbeobachtet. Im Falle eines Rezidivs erfolgte die erneute Behandlung mittels der Standard-Dosis (50mg/Woche).

Nach 6 Monaten war der MDA-Status bei 47 Patienten (63%) in der Interventionsgruppe und 56 (74%) in der Kontrollgruppe erhalten (p = 0,15), wobei die Ergebnisse bei allen rheumatischen Erkrankungen vergleichbar waren. Die mediane Etanercept-Konzentration sank von 1,50μg/ml auf 0,46μg/ml. Insgesamt setzten 40% der Patienten Etanercept erfolgreich ab und hielten die MDA mindestens 6 Monate lang aufrecht.

Kommentar:
Bei vielen Patienten erwiesen sich niedrige Wirkstoffkonzentrationen (etwa 0,5μg/ml durch Intervallverlängerung) als ausreichend, um die Krankheitsaktivität zu kontrollieren. Das Risiko kleinerer und größerer Krankheitsschübe ist jedoch beträchtlich, selbst bei Patienten, die die Standarddosierung beibehalten.
Studien zur Dosisreduktion bei RA und AS haben Erfolgsquoten zwischen 44% und 87% ergeben. Die Ergebnisse zur Intervallverlängerung stimmen mit den Ergebnissen einer Cochrane-Meta-Analyse (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31125448/) von 2019 überein.
In den meisten Studien erfolgte eine Dosisreduktion 50mg auf 25mg wöchentlich. Die aktuelle Studie zeigt, dass eine patientenfreundlichere Verlängerung des Dosierungsintervalls auf 50mg einmal alle 2 Wochen ähnliche Erfolgsquoten haben kann.

Zur Studie
Dr. Christian Marx
Zürich

Spondyloarthritis ankylosans: Prädiktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen

Persistence of C-reactive protein increased levels and high disease activity are predictors of cardiovascular disease in patients with axial spondyloarthritis

Navarini L. et al. Scientific Report (natureportfolio) 2022;12:7498

Patienten mit axialer Spondyloarthritis (SpA) weisen ein stark erhöhtes kardiovaskuläres Mortalitätsrisiko auf zwischen 20% und 40% gegenüber der Allgemeinbevölkerung. Die Voraussage einer Entwicklung solcher Erkrankungen gestaltet sich schwierig. Die vorliegende Studie untersuchte deshalb den Zusammenhang zwischen entzündlichen Faktoren und dem Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen.

295 Patienten ohne persönliche Anamnese von kardiovaskulärer Erkrankung wurden konsekutiv in diese Studie eingeschlossen. Die Daten wurden über 10 Jahre analysiert.

23 dieser Patienten hatten im Verlauf ein kardiovaskuläres Ereignis (Herzinfarkt, Angina pectoris, Schlaganfall, Herzversagen). Nach statistischer Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Diabetes zeigte sich eine starke Assoziation zwischen dem kardiovaskulären Ereignis und der Persistenz eines erhöhten CRP sowie einer erhöhten Krankheitsaktivität.

Fazit:
In dieser Studie zeigt sich, dass das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen stark mit einer persistierenden Entzündung zusammenhängt. Entsprechend sollten Patienten mit persistierender Aktivität der Grunderkrankung kardiovaskulär abgeklärt werden. Indirekt lässt sich aus den Resultaten schliessen, dass die Remission, wenn immer möglich, das Hauptziel der Behandlung der SpA darstellt, nicht zuletzt auch, um kardiovaskuläre Ereignisse zu vermindern.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich