Kardiovaskuläres Risiko von Tocilizumab vs. Etanercept

Cardiovascular Safety of Tocilizumab Versus Etanercept in Rheumatoid Arthritis: A Randomized Controlled Trial

Giles JT et al. Arthritis Rheumatol 2020;72:31

In einer offenen Studie wurden 3080 RA-Patienten, welche auf konventionelle DMARDs therapieresistent waren und mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor aufwiesen, mit Tocilizumab (TOC) oder Etanercept (ETN) für 3.2 Jahre behandelt. Primärer Endpunkt war das erste Auftreten eines «major adverse cardiovascular events» (MACE). Nach vier Wochen waren Low-density Lipoprotein Cholesterin, High-density Lipoprotein Cholesterin und Triglyceride im Serum in der TOC-Gruppe signifikant um 11.1%, 5.7% und 13.6% höher als in der ETN-Gruppe. Die Hazard Ratio für eine MACE unter TOC war 1.05 (95% Konfidenzintervall 0.77-1.43). Nebenwirkungen einschliesslich schwere Infektionen und gastrointestinale Perforationen traten in der TOC-Gruppe häufiger auf als in der ETN-Gruppe.

Erstmals bei Biologika werden Nebenwirkungen «head-to-head» verglichen. Bei RA-Patienten ist das kardiovaskuläre Risiko immer im Auge zu behalten. Diese Safety-Studie zeigt, dass das kardiovaskuläre Risiko (trotz Verschiebung der Lipidfraktionen unter TOC) für TOC und ETN vergleichbar ist. Leider wurden in dieser Studie nur die Nebenwirkungen, nicht aber die Wirksamkeit der Substanzen dokumentiert.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Irbesartan vermindert die progrediente Aortendilatation bei jungen Patienten mit Marfan-Syndrom

Irbesartan in Marfan syndrome (AIMS): a double-blind, placebo-controlled randomised trial.

Mullen et al., Lancet. 2020;394:2263

In dieser placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde untersucht, ob Irbesartan, ein Angiotensin-I Rezeptor Inhibitor, die Aortendilatation bei jungen Patienten mit Marfan-Syndrom verhindert resp. vermindert.

Es wurden 192 Patienten mit Marfansyndrom mit einem durchschnittlichen Alter von 18 Jahren in die Studie eingeschlossen. 108 erhielten 150 mg Irbesartan und falls toleriert 300 mg täglich, 88 Placebo. Bei allen Patienten wurde der Aortendurchmesser supravalvulär jährlich während einer Beobachtungszeit von 5 Jahren mittels Echokardiografie gemessen. 59% in der Placebogruppe und 56% in der Irebesartangruppe wurden zudem mit B-Blockern behandelt. In der Irbesartangruppe betrug die jährliche Aortendilatation 0.53 mm, in der Placebogruppe 0.74 mm. Der Unterschied war signifikant.

Die Medikation mit Irbesartan wurde gut toleriert. Der Blutdruck in der Behandlungsgruppe war systolisch 6.3 mmHg und diastolisch 3.6 mmHg tiefer. In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass Irbesartan die progrediente Aortendilatation bei jungen Patienten mit Marfan-Syndrom vermindern kann. Dadurch kann allenfalls das Auftreten von Komplikationen verzögert werden.

Für mich impliziert diese Studie, dass eine gute Blutdruckkontrolle bei Patienten mit Marfansyndrom essentiell ist. Interessant wäre in diesem Zusammenhang eine Studie, die eine Betablockade mit einem Angiotensinantagonisten oder deren Kombination vergleichen würde.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Distraktion des Kniegelenkes bei Arthrose

Knee joint distraction in regular care for treatment of knee osteoarthritis: A comparison with clinical trial data

Jansen M. P. et al., PLoS ONE 2020:online

Die Distraktion des Kniegelenkes bei Arthrose als mögliche präventive Massnahme zum Hinausschieben einer Operation wurde vor einigen Jahren beschrieben. Seither folgten Trials, welche diese Massnahme unterstützten, indem ein langanhaltender Regenerierungseffekt erzeugt werden konnte.

Die Umsetzung von Trials in der Praxis führt oft zu einer Erweiterung von Indikationen und dadurch auch zu nicht mehr so signifikanten Resultaten. Die vorliegende Studie untersuchte nun erstmals die Extraktion des Kniegelenkes bei Patienten unter 65 Jahren im klinischen Alltag.
84 Patienten erhielten eine Distraktion des Kniegelenkes über 6 Wochen. Diese wurden im Outcome verglichen mit den beschriebenen Trial-Patienten (62).

Die mittlere Distraktionszeit im Alltag betrug 45, in den klinischen Trials 48 Tage. Die häufigste Nebenwirkung bildeten Infekte durch den externen Fixateur von immerhin 70% im Alltag gegenüber 66% in den Clinical Trials (kein statistischer Unterschied).
Das klinische Ansprechen (WOMAC) zeigte keinen Unterschied zwischen den Gruppen (insgesamt 70% der Patienten waren Responder). Prädiktoren für ein gutes Ansprechen konnten keine eruiert werden.

Obwohl eine beträchtliche Zahl der ursprünglich eingeschlossenen Patienten nach einem Jahr in der Auswertung nicht zur Verfügung standen, zeigt diese Studie, dass die Umsetzung der Kniegelenksdistraktion zur Verzögerung der Operation im Vergleich zu den ursprünglichen Trials nicht unterschiedlich war. Aus dieser Studie sowie den Trials kann geschlossen werden, dass ein Jahr nach Intervention der Outcome definitiv evaluiert werden kann, wobei die positive Wirkung bei den Responders über Jahre anhalten kann. Die Autoren empfehlen eine Distraktion des Kniegelenkes insbesondere bei jüngeren Patienten mit fortgeschrittener Kniearthrose.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

DFS70-Ak sprechen gegen eine Kollagenose

Clinical significance of determination of DFS70 antibodies to rule out connective tissue diseases

Kiefer D. et al, Zeitschrift für Rheumatologie 2019:online

Bereits in den Rheuma-Schweiz ACR Highlights 2016 wurde darauf hingewiesen (https://www.rheuma-schweiz.ch/index.php?id=762), dass DFS70-Antikörper bei ANA-positiven Patienten eine Kollagenose eher ausschliessen. ANA kommen auch in der Normalbevölkerung vor und sind nicht spezifisch für die Diagnose einer Kollagenose. In dieser Studie wurden bei 270 Patienten die Sensitivität, Spezifität und der positive prädiktive Wert der DFS70-AK für verschiedene ANA-Titer untersucht. DFS70-AK kommen bei ANA+-Patienten mit Kollagenose nur selten vor. Bezugnehmend auf das Nicht-Vorhandensein einer Kollagenose zeigten die DFS70-AK eine 97,6%ige Spezifität, eine 13,1%ige Sensitivität und einen positiven prädiktiven Wert von 89,5%, dies unabhängig von der Höhe des ANA-Titers. Bereits frühere Studien haben gezeigt, dass Anti-DFS-Antikörper häufiger bei Gesunden als bei Kollagenosen gefunden werden und daher negativ mit Kollagenosen korreliert sind.

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KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel