Ist Teriparatid eine Therapieoption bei der medikamentös induzierten Kieferosteonekrose?

Is teriparatide therapy effective for medication-related osteonecrosis of the jaw? A systematic review and meta-analysis

Dos Santos Ferreira L et al. Osteoporos Int 2021;32:2449

In dieser systematischen Review und Metaanalyse wurde der Effekt einer Behandlung mit Teriparatid bei medikamentös induzierter Kieferosteonekrose untersucht. 26 Studien erfüllten die Einschlusskriterien und insgesamt konnten 111 Patienten mit Kieferosteonekrose unter einer antiresorptiven Therapie mit Bisphosphonaten oder Denosumab und einer Behandlung mit Teriparatid analysiert werden. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 76.5 Jahre, 76% hatten eine antiresorptive Therapie wegen einer Osteoporose, 20% wegen einem Malignom. Der häufigste Triggerfaktor für die Kieferosteonekrose war eine Zahnextraktion. Bei 76% war der Unterkiefer von der Osteonekrose betroffen. In 60% der Patienten kam es unter Teriparatid (durchschnittliche Behandlungsdauer 7 Monate) zu einer vollständigen Heilung der Kieferosteonekrose. Bei 54% erfolgte zusätzlich eine Therapie mit kieferchirurgischen Eingriffen, antibiotischer Therapie u.a.. In einer Regressionsanalyse zeigte sich, dass Patienten mit einem früheren Stadium (Std 1) eine höhere Heilungsrate hatten als Patienten mit fortgeschrittenem Stadium 3, ebenso Patienten mit einer Kombinationsbehandlung von Teriparatid und anderen Massnahmen (Antibiotika, kieferchirurgische Eingriffe etc.).

In dieser Metaanalyse konnte ein positiver Effekt einer Therapie mit Teriparatid bei Patienten mit einer durch antiresorptive Medikamente induzierten Kieferosteonekrose gezeigt werden. Am besten war der Effekt, wenn Teriparatid mit anderen Therapiemassnahmen wie u.a. kieferchirurgisches Debridement, Antibiotikatherapie kombiniert wurde, und die Therapie in einem frühen Stadium der Osteonekrose begonnen wurde.
Die Resultate sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen, da die Daten für diese Metaanalyse bis auf eine randomisierte prospektive Studie, alle aus Fallserien, Fallbeschreibungen oder retrospektiven Analysen stammen.

Es wäre deshalb zu begrüssen, wenn eine prospektive, randomisierte, placebokontrollierte Studie mit dieser Fragestellung gemacht würde.
Ich persönlich habe 3 Patienten mit Kieferosteonekrose unter Bisphosphonaten mit Teriparatid behandelt. Bei allen kam es zu einer kompletten Abheilung.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Funktionstests wegweisend für Kreuzschmerzen

Which Functional Outcomes Can be Measured in Low Back Pain Trials and Therapies? A Prospective 2-Year Factor-, Cluster-, and Reliability-Multicenter Analysis on 42 Variables in 1049 Individuals

Niederer D. et al. Spine 2021;46:1495

1049 Personen mit und ohne aktuelle Kreuzschmerzen (LBP) wurden bei 7 Konsultationen (Beginn, 4 Wo, 3 Mo, 6 Mo, 9 Mo, 1 Jahr und 2 Jahre) hinsichtlich 42 verschiedener funktioneller Endpunkte bewertet. Eine Visite dauerte 2 Stunden und umfasste vor allem Belastungstests: dynamische Balance, statisch-posturale Haltekraft, Sprungfähigkeit, Maximalkraft, Kraftausdauer sowie Springen bei Ermüdung. 25 von 42 Tests waren aussagekräftig und können für die Einschätzung des Therapieerfolgs herbeigezogen werden. Spezielle statistische Auswertungen ergaben signifikante Korrelationen, beispielsweise bei der Analyse der Querschnittswerte 9 Faktoren mit einer kumulativen Varianzerklärung von 61,7% und für die Change-Score-Analyse 9 Faktoren mit einer Gesamtvarianzerklärung von 61,8%. Die meisten biomechanischen Endpunkte waren zuverlässig und wiesen geringe Messfehler auf.

Die Autoren fanden bei LBP 25 aussagekräftige funktionelle Messwerte (z. B. Bewegungsumfang des Rumpfes, dynamisches und statisches Gleichgewicht, Kraft und Muskelermüdungswiderstand). Allerdings ist der Aufwand für diese Tests gross und die Statistik für eine Kohorte einleuchtender als der Einzelfall. In der Praxis benötigten wir eine Kurzfassung (core set) dieser Tests. Die Daten zeigen, dass es sich lohnt, einen Rücken gut zu untersuchen, insbesondere mit Belastungstests.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Vermehrte Flaresituation nach Reduktion/Absetzen von HCQ bei SLE

Flares after hydroxychloroquine reduction or discontinuation: results from the Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC) inception cohort

Almeida-Brasil C C et al. Ann Rheum Dis 2021:online ahead of print

Bei knapp 1500 SLE Betroffenen der prospektiv erhobenen Daten der SLICC Kohorte wurde multi-zentrisch evaluiert, ob eine Häufung von SLE Flares bei Reduktion oder Stopp des HCQ resultiert. Diese Kohortendaten wurden jährlich aufgenommen und beziehen sich auf den Zeitraum von 1999–2019. Co-faktoren wie Prednisolonmedikation, Immunsuppression, geographischer Hintergrund, Nikotin, Bildungsniveau wurden ebenfalls hinzugezogen. Die Gründe für eine Reduktion respektive ein Absetzen mussten jedoch zumeist gemutmasst werden und wurden aus okulärer Schädigung, Remission und möglichen Patientenpräferenzen geschätzt.

Es konnte ein erhöhtes Flare Risiko sowohl in der «Reduktionsgruppe» wie auch in der «Stoppgruppe» gegenüber dem Beibehalten der eigentlichen Dosis verzeichnet werden (1.20 (95% CI 1.04 bis 1.38 bei Reduktion) und 1.56 (95% CI 1.31 bis 1.86 bei komplettem Stopp). Erstaunlicherweise waren Prednisolon/Immunsuppression und Bildungsniveau hierfür die wichtigsten Einflussparameter. Zusätzlich hatte bei Reduktion der HCQ Dosis die damals neu eingeführte opthalmologische Empfehlung zur Dosisreduktion auf < 5mg/kg KG bei vielen Patienten einen Einfluss. Weder eine asiatische Herkunft – ansonsten ja mit erhöhter Krankheitslast assoziiert – noch Nikotin oder auch renaler Schaden hatten hierauf einen Einfluss.

Kommentar
Nach langer Zeit des «gefühlten Wissens» über zahlreiche Vorzüge der HCQ Basistherapie hier nun ein klares Votum für das Beibehalten dieser Therapie, sofern keine okulären Probleme dagegen sprechen. Betroffene mit reduzierter Krankheitsaktivität und niedriger Medikationslast könnten hiervon ggfs ausgenommen werden. Dies ist jedoch nicht absolut klar herauszulesen. Hingegen ist die Aufklärung über die Sinnhaftigkeit dieser Medikation wahrscheinlich insbesondere bei geringerem Ausbildungsniveau gemäss Studie weiterhin dringlich notwendig.

Ein besonderer Punkt an dieser Studie ist, dass SLE Betroffene als sogenannte «patient-partners» bereits in die Studienkonzeption involviert waren. Unter anderem wurden sie befragt nach Präferenzen der Therapie und insbesondere Vorstellungen und Wünschen in Bezug auf eine Therapieänderung.

Umso mehr darf diese Studie den Betroffenen gegenüber zitiert werden, wenn es um die Bedeutung einer Basisbehandlung des SLE mittels HCQ geht. Hier stehen Wissenszuwachs und Umsetzung in den Patientenalltag also gleichsam im Vordergrund.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Glukokortikoide und Frühgeburten bei SLE

Preterm birth is strongly affected by the glucocorticoid dose during pregnancy in women complicated by systemic lupus erythematosus

Shimada H et al. Arthritis Res & Ther 2022:online ahead of print

Glukokortikoide bilden eine wichtige Therapieoption bei SLE. Allerdings sind Nebenwirkungen bekannt. Diese Studie untersuchte den negativen Effekt von Glukokortikosteroiden auf die Schwangerschaft.

44 Schwangerschaften bei SLE, retrospektive Studie, untersucht wurden negative Schwangerschaftsereignisse, einschliesslich Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht.

Bei 35 Patientinnen wurden negative Ereignisse festgestellt (51%), diese umfassten 14 Frühgeburten, 23 niedrige Geburtsgewichte sowie 10 Fälle von Untergewicht im Verlauf der Schwangerschaft. Insgesamt hatten die Patientinnen mit negativen Ereignissen und insbesondere Frühgeburten höhere Dosen von Glukokortikoiden während der Schwangerschaft als jene mit Normalgeburten. Diese Dosisdifferenzierung konnte für niedriges Geburtsgewicht nicht gefunden werden. Der Stellenwert der Glukokortikoiddosis für negative Effekte lag bei 6,5 mg pro Tag bzw. für Frühgeburten bei 10 mg pro Tag.

Fazit:
Bei Schwangeren mit SLE zeigt sich, dass bereits relativ tiefe Dosierungen von Glukokortikoiden zu negativen Ereignissen, insbesondere Frühgeburt, führen können. Als Folge ergibt sich für die Praxis, dass Glukokortikoide in möglichst tiefer Dosierung eingesetzt werden sollten. Dagegen empfiehlt sich eine optimale Einstellung der Immunsuppressiva wie Hydroxychloroquin oder Azatioprin.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich