JAK-Hemmer sind nicht gleich JAK-Hemmer
JAK selectivity and the implications for clinical inhibition of pharmacodynamic cytokine signalling by filgotinib, upadacitinib, tofacitinib and baricitinib
Traves P.G. et al. Ann Rheum Dis 2021;80:865
In vitro wurde die JAKinib-Hemmung von pSTAT in peripheren mononukleären Blutzellen und Vollblut von gesunden Spendern und Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) unter Tofacitinib, Baricitinib, Upadacitinib und Filgotinib gemessen. JAK1-abhängige Signalwege (Interferon (IFN)α/pSTAT5, Interleukin (IL)-6/pSTAT1) wurden am stärksten gehemmt sowohl im gesunden wie im RA-Blut, wobei Filgotinib die größte Selektivität für JAK1-Signalwege aufwies. Dafür hatte Filgotinib die geringste Hemmung für die JAK2-abhängigen und JAK3-abhängigen Signalwege einschließlich IL-2, IL-15, IL-4 (JAK1/JAK3), IFNγ (JAK1/JAK2), GCF, IL-12, IL-23 (JAK2/Tyrosinkinase 2) und Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor (JAK2/JAK2).
Es ist spannend, die vier Vertreter dieser neuen Medikamentengruppe miteinander zu vergleichen. Postuliert wird der Einfluss von JAK2 auf Anaemie und Thrombozytopenie, von JAK3 auf die Lymphozytenproliferation und Immunantwort und von TYK2 auf die Antivirenantwort, während JAK1 die Hauptwirkung für die RA zugeschrieben wird. Wird die hier demonstrierte stärkere Selektivität von Filgotinib für JAK1 hinsichtlich Wirkung oder die geringere für JAK2 und JAK3 hinsichtlich Nebenwirkungen Vorteile bringen?
Hohe Relapsrate bei Riesenzellarteriitis
Real-world Risk of Relapse of Giant Cell Arteritis Treated With Tocilizumab: A Retrospective Analysis of 43 Patients
Clément J et al., J Rheumatol 2021;48(9):1435
In dieser retrospektiven Observationsstudie wurde die Relapsrate bei Patienten mit Riesenzellarteriitis (RZA) unter oder nach Stopp einer Therapie mit Tocilizumab (TCZ) untersucht. Es wurden die Krankengeschichten von 43 Patienten mit RZA analysiert. Die mediane Beobachtungsdauer betrug 511 Tage, das mediane Alter der Patienten betrug 77 Jahre. 12/43 Patienten hatten unter der Therapie mit TCZ einen Relaps, welcher eine Intensivierung der Therapie notwendig machte. Bei 29 Patienten wurde die Behandlung mit TCZ nach durchschnittlich 355 Tagen gestoppt. Davon hatten im weiteren Verlauf 18 (62%) ein Rezidiv der RZA mit Anstieg des CRPs und den häufigsten klinischen Symptomen Kopfschmerzen und polymyalgische Beschwerden. Risikofaktoren für ein Rezidiv waren:
- fehlende Ischämiezeichen (Kieferclaudicatio, peripher-arterielle Ischämiesymptome, Visusverlust) bei Diagnosestellung
- bereits früherer Relaps
- Prednisondosis > 5 mg
- Beginn der TCZ Behandlung > 6 Monate nach Diagnosestellung
Fazit:
Die Relaps – resp. Rezidivrate bei der RZA ist bekanntermassen sehr hoch. Nicht wenige der Patienten brauchen eine Langzeittherapie, sei es mit Glukokortikoiden, Methotrexat oder Tocilizumab. Leider gibt es noch keine evidenzbasierten Daten zur Therapiedauer der RZA mit Glukokortikoiden, resp. Methotrexat oder Tocilizumab. Ich persönlich behandle Patienten mit RZA mindestens 2 Jahre lang und falls die Erkrankung in Remission ist, versuche ich die Therapie unter engmaschiger klinischer und labormässiger (BSR und/oder CRP) Kontrolle auszuschleichen.
Apparative Diagnostik im akuten Gichtarthritis - Schub
The role of dual energy computed tomography in the differentiation of acute gout flares and acute calcium pyrophosphate crystal arthritis
Huang Z. et al. Current Medical Imaging 2021;17:online ahead of print.
Retrospektive Analyse von 36 Patienten (Datenerhebung zwischen Mai 2018-Juli 2021) einer einzigen Universitätsklinik (Bonn, Deutschland), bei welchen aufgrund einer Arthritis mit hohem Verdacht auf Gicht oder CPPD eine Arthrozentese mit anschliessender Synovia-Analyse auf Kristalle im Polarisationsmikroskop, Röntgenbilder, Labor mit Harnsäurespiegel, muskuloskelettaler Ultraschall (MSUS) mit Frage nach typischen Gicht- oder CPPD Zeichen und eine DECT – Untersuchung (Dual Energy Computed Tomography) durchgeführt wurden. Der klinische Verdacht wurde durch den behandelnden Rheumatologen entsprechend den ACR/EULAR Guidelines 2015 gestellt. Als Goldstandard wurde die Kristallanalyse der synovialen Flüssigkeit verwendet.
Die DECT-Bildgebung konnte 15 von 24 Gichtpatienten korrekt diagnostizieren; dies ergab eine Sensitivität von 63% und eine Spezifität von 92% resp. einen positiven likely hood ratio (LR+) von 7.5. Der MSUS erreichte eine Sensitivität und Spezifität von 92% und 83% resp. LR+ 5.5 für Gicht.
Bezüglich der CPPD Diagnostik konnte mit der DECT-Bildgebung eine Sensitivität von 55% und eine Spezifität von 92% erreicht werden, dies im Gegensatz zur MSUS mit einer Sensitivität von 91% und Spezifität von 92%.
Fazit:
Die Studie bestätigt den Eindruck in der Praxis, dass die DECT-Untersuchung in der akuten Schubsituation oft wenig hilfreich ist; insbesondere, wenn Patienten nur eine kurze Krankheitsdauer aufweisen oder unter Harnsäure-senkender Therapie sind. Bei kleinen Ablagerungen (<1mm) ist die DECT auch schwierig zu interpretieren infolge Differenzierungsproblemen gegenüber Artefakten. Vorteil der DECT – Untersuchung ist, dass die Methode Untersucher unabhängig ist, entsprechend anderen Studien bei der chronischen Gicht eine deutlich bessere Sensitivität hat (Yu 2018 und Bongartz 2015 Sensitivität von 90% resp. 88%) und somit als Screening Methode verwendet werden kann. Weiterhin ist die Arthrozentese mit Kristallsuche im Polarisationsmikroskop der Goldstandard.
Zusätzlich zur Klinik hat sich der MSUS zur Ergusslokalisation/ Aspiration der synovialen Flüssigkeit als auch als Zusatzinformation bezüglich spezifischer Gichtzeichen etabliert (in dieser Studie Sensitivität 92% und Spezifität 83% im Gegensatz zur Meta-Analyse von Lee et al. 2018 mit Sensitivität 65% und Spezifität 89%); das Problem des MSUS ist wie immer die Untersucherabhängigkeit und ein kleines Untersuchungsfenster.
Die DECT CPPD Analyse ist zwar interessant aber aktuell nicht weiter verwertbar. Zum einen wurden nur 11 Patienten eingeschlossen und zum anderen war die Sensitivität mit 55% nicht viel besser als das Röntgenbild. Möglicherweise wird sich dies in der Zukunft mit grösseren Studien und besser für die Fragestellung adaptierten DECT-Protokollen noch ändern.
Golimumab bei nicht radiologischer axialer Spondyloarthritis
Long-term tolerability and efficacy of golimumab in active non-radiographic axial spondyloarthritis: results from open-label extension
van der Heijde D et al. Rheumatology 2021:online ahead of print
Offene Studie als Fortsetzung der randomisierten GO-AHEAD-Studie bei Patienten mit nicht radiologischer axialer Spondyloarthritis (nr-axSpA) zur Evaluation der Wirksamkeit und Sicherheit von Golimumab über insgesamt 52 Wochen.
Nach 16 Wochen Doppelblindphase der Medikation erhielten alle Patienten (sowohl jene mit bisherigem Golimumab wie auch unter Placebo) 50mg Golimumab alle 4 Wochen während 36 Wochen; die Beobachtung der Sicherheit wurde über weitere 8 Wochen ausgedehnt.
189 von insgesamt 198 Patienten in der Doppelblindphase wurden in der Verlängerungsstudie untersucht, 174 hatten einen vollständigen Follow-up. Die Responder nahmen ab Woche 16 bis Woche 52 sowohl in der ursprünglichen Golimumab-Gruppe wie auch der Placebo-Gruppe stetig zu, wobei der Prozentsatz an Rispondern in der ursprünglichen Golimumab-Gruppe (diese hatten sowohl Golimumab in der Doppelblindphase wie auch in der Extensionsphase) schliesslich höher war (ASAS20, ASAS40 sowie ASAS partielle Remission). In der ursprünglichen Golimumab-Gruppe erzielten 90% der Patienten mit tiefer Krankheitsaktivität (ASDAS <2,1) in Woche 16 eine anhaltende Response über die ganze Extensionsphase. Die Evaluation der Sicherheit zeigte keine neuen negativen Signale während der Extensionsphase.
Fazit:
Nach der 16-wöchigen randomisierten Behandlung zeigte sich in der Extensionsstudie unter Golimumab während weiteren 36 Wochen eine anhaltende Wirksamkeit in der Behandlung der nr-axSpA. Die nicht-radiologische axiale Spondyloarthritis bezeichnet eine Population mit Symptomen der Spondyloarthritis, jedoch fehlenden radiologischen Veränderungen (bei diesen Patienten findet sich oft ein positives MRI mit Entzündungsnachweis, nur selten ist dies nicht der Fall).
Auch über Langzeit erscheint die Sicherheit unter Behandlung mit Golimumab kein besonderes Problem darzustellen.
Golimumab ist in der Schweiz für die nr-axSpA und AS zugelassen, in der nr-axSpA jedoch nicht kassenpflichtig. Auch andere TNF-Blocker erwiesen sich in der Langzeitbehandlung der nr-axSpA als wirksam (Adalimumab über 3 Jahre; Etanercept über 1 Jahr; Certolizumab über 4 Jahre); ein direkter Vergleich zwischen den einzelnen Substanzen liegt jedoch bisher nicht vor.
Eine kleine Gruppe von Patienten mit sowohl negativem CRP wie auch negativem MRI (n=36) zeigte ebenfalls eine Verbesserung von ASAS20 und ASAS40, obwohl etwas weniger stark als die klassische Gruppe (CRP+ und/oder MRI+). Bei dieser Gruppe müssen jedoch die Diagnose und die Indikation zu Beginn und im Verlauf der Erkrankung streng überprüft werden.