Colchicin hilft nicht gegen Schmerzen bei Fingerpolyarthrose

Colchicine is not effective for reducing osteoarthritic hand pain compared to placebo: a randomised, placebo-controlled trial (COLAH)

Davis C.R. et al. Osteoarthritis Cartilage 2021;29(2):208-214

64 Patienten mit Fingerpolyarthrose (54 weiblich, 10 männlich, Alter 48-79 Jahre) erhielten entweder 0.5 mg Colchicin zweimal täglich oder Placebo für 12 Wochen. Primärer Endpunkt war der Schmerzscore auf der VAS, sekundäre Endpunkte umfassten empfindliche und geschwollene Gelenke, Handkraft, CRP und den Michigan Hand-Score mit Subscores. Exploratorisch wurden auch sonografische Scores (Synovitis, Powerdoppler) erhoben. Für keinen der Endpunkte konnte ein signifikanter Unterschied beobachtet werden.

Basierend auf früheren kleinen Studien mit vielversprechenden Resultaten konnten die Autoren in dieser Studie keinen relevanten Effekt von Colchicin feststellen auf eine Vielzahl von Endpunkten bei Fingerpolyarthrose.
Das multiple Testen in einer doch sehr kleinen Population lässt nicht für alle adressierten Endpunkte verlässliche Resultate erwarten. In erster Linie stört aber der primäre Endpunkt Schmerzen, deren Reduktion nicht erreicht werden konnte. Zusammen mit der negativen randomisierten placebokontrollierten Kniearthrosestudie aus 2018 (COLKOA) rückt Colchicin als potentielles Therapeutikum für Arthrose damit klar in den Hintergrund, auch wenn es für Kristallarthritiden weiterhin ein Eckpfeiler bleiben wird.

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Dr. Lukas Wildi
Winterthur

Fibromyalgie Patienten haben einen erhöhten Muskeltonus

Intramuscular Pressure is Almost Three Times Higher in Fibromyalgia Patients: A Possible Mechanism for Understanding the Muscle Pain and Tenderness

Katz R et al. J Rheumatol, 2020: online

In dieser interessanten Studie wurde die Muskelspannung im Bereich des Musculus trapezius bei Patienten mit der Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms gemäss ACR Klassifikationskriterien (108 Patienten) und einer Kontrollgruppe von 30 Patienten mit einer anderen rheumatischen Erkrankung (u.a. RA, PsA, SLE etc.) mit einer speziellen Nadel gemessen. Bei den Patienten mit Fibromyalgie zeigte sich ein mittlerer Druck von 33.5 mmHg, bei der Kontrollgruppe von nur 12.2 mmHg.

Der deutlich höhere Druck in der Trapeziusmuskulatur bei Fibromyalgie Patienten ist erstaunlich, lässt aber noch keine Rückschlüsse über die Ätiologie zu. Der hohe Druck könnte aber die Theorie einer chronischen Ischämie im Muskelbereich bei der Fibromyalgie und auch meine persönliche klinische Beobachtung unterstützen, dass Patienten mit Fibromyalgie häufig einen hohen Ruhemuskeltonus aufweisen. Entsprechend interessant wäre der Ansatz, diesen Muskelhypertonus adäquat zu behandeln.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Rasche Wirkung von Upadacitinib 30 mg/d versus Adalimumab bei PsA

Trial of Upadacitinib and Adalimumab for Psoriatic Arthritis

McInnes I.B. et al. N Engl J Med 2021:384:1227

1704 Patienten mit Psoriasisarthritis (PsA) erhielten entweder Upadacitinib (UPA) 15 mg/d, UPA 30 mg/d, Placebo oder Adalimumab (ADA) 40 mg/2 Wo für 24 Wochen, wobei als Endpunkt der ACR20 bei 12 Wochen festgelegt wurde. ACR20 erreichten 70.6% mit UPA 15 mg, 78.5% mit UPA 30 mg, 36.2% mit Placebo (je p<0.001) und 65.0% mit ADA (nicht signifikant zu UPA 15 mg, p<0.001 zu UPA 30 mg). Nebenwirkungen bis Woche 24 traten bei UPA 15 mg in 66.9%, bei UPA 30 mg in 72.3%, bei Placebo in 59.6% und bei ADA in 64.8% auf; schwere Infektionen in 1.2%, 2.6%, 0.9% und 0.7%.

Die Studienanordnung mit lediglich 12 Wochen Beobachtung und ACR20 als klinisch wenig aussagekräftigem Endpunkt vermag nur teilweise zu überzeugen, aber die Wirksamkeit der hohen UPA-Dosierung wird auch im Vergleich zu ADA gestützt. Ausblick: Entsprechend der treat-to-target-Strategie kann gestützt auf diese Daten, sobald die hohe Dosis zugelassen ist, mit dieser eine rasche Wirkung erreicht werden, welche dann bei Remission reduziert werden kann.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Karpaltunnel-Syndrom: Zuverlässigkeit der neurologischen Prüfung

Diagnostic accuracy of sensory and motor tests for the diagnosis of carpal tunnel syndrome: a systematic review

Dabbagh A. et al, BMC Musculoskeletal Disorders, 2021:online

Untersuchung des Stellenwertes der diagnostischen Tests für das Karpaltunnel-Syndrom. Review über Studien der sensorischen und motorischen Testung für das CTS. Insgesamt konnten 16 klinische Studien berücksichtigt werden. Der Test mit der höchsten Sensitivität war der Semmes-Weinstein Monofilament-Test (Prüfung der Sensibilität mit Teststäbchen) mit einer Sensitivität zwischen 0,49 und 0,96. Die höchste Spezifität zeigten die palmare Greifkraft (0,94), die Kneifkraft (0,78 – 0,95), die Thenar-Atrophie (0,96 – 1,00) und die Zweipunkte Diskrimination (0,81 – 0,98).

Schlussfolgerung:
Die Studie fand keine Klarheit darüber, welches der Testinstrumente die höchste diagnostische Zuverlässigkeit ergibt. Daraus lässt sich schliessen, dass nicht ein einzelner Test über die Diagnose entscheidet, sondern mehrere Befunde schliesslich zur Diagnose führen.

Fazit:
Die klinische Untersuchung kann den Verdacht auf ein CTS zwar erhärten, eine hohe Zuverlässigkeit besteht jedoch nicht (kein gleichzeitiges Vorliegen einer hohen Sensitivität wie auch Spezifität). Bei fehlender motorischer Störung empfiehlt sich bei hohem Verdacht auf CTS die Probebehandlung (Handgelenksstabilisations-Schiene, allenfalls Infiltration), bei motorischer Störung eine elektrophysiologische Diagnostik (dient auch der DD, insbesondere, wenn eine Operation erwogen wird). Leider sind auch die elektrophysiologischen Tests bei Verdacht auf ein CTS nicht in genügendem Masse zuverlässig. Eine allfällige Kompression des Medianusnervs lässt sich am besten sonografisch beurteilen.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich