Wie häufig ist eine Hydroxychloroquin Retinopathie?

Hydroxychloroquine Dose and Risk for Incident Retinopathy: A Cohort Study

Melles R et al. Ann Intern Med 2023;176:166

In dieser Kohortenstudie wurde das Risiko der Entwicklung einer Hydroxychloroquin (HCQ) Retinopathie nach einer langjährigen Therapie untersucht. 3325 Patienten aus einer grossen US Gesundheitsdatenbank, die zwischen 2004 und 2020 mindestens während 5 Jahren unter einer HCQ Therapie standen, wurden untersucht.

Im Verlauf entwickelten 81 Patienten eine Retinopathie, davon 56 eine milde Form, 17 eine moderate und 8 eine schwere Form. Die kumulative Inzidenz betrug 2.5 % nach 10 Jahren und 8.6 % nach 15 Jahren HCQ Therapie. Das Risiko eine Retinopathie zu entwickeln, war klar dosisabhängig. Sie betrug nach 15 Jahren 21.6 % bei einer HCQ Dosis > 6mg/kg KG, 11.4 % bei einer Dosis zwischen 5 und 6 mg/kg KG und nur 2.7 % bei einer Dosis ≤ 5 mg/kg KG.

Kommentar
Diese grosse Kohortenstudie zeigt klar auf, dass das Risiko für die Entwicklung einer HCQ Retinopathie klein ist, insbesondere für schwere Formen. Dies gilt aber nur bei einer täglichen Dosis von ≤ 5 mg/kg KG HCQ. Bei höheren Dosen nimmt das Risiko deutlich zu und beträgt doch 21.6 % bei Dosen > 6 mg/kg KG nach 15 Jahren.

Diese Studie bestätigt auch die heute gültigen internationalen Guidelines zum ophthalmologischen Monitoring einer möglichen HCQ-Retinopathie.

Eine Dosis > 5 mg/kg KG sollte vermieden werden!

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Akute anteriore Uveitis (AAU) soll auf SpA abgeklärt werden

Keep an Eye on the Back: Spondyloarthritis in Patients With Acute Anterior Uveitis

Rademacher J. et al. Arthritis Rheum 2023;75:210

Bei 189 Patienten mit akuter anteriorer Uveitis (AAU) wurde eine strukturierte rheumatologische Untersuchung durchgeführt und bei 106 (56%) eine Spondyloarthritis (SpA) diagnostiziert. 93% SpA-Patienten hatten eine axiale SpA und 7% eine periphere SpA. Bei 70% wurde die SpA-Diagnose erstmals gestellt. In der multivariablen logistischen Regressionsanalyse waren Psoriasis, HLA-B27-Positivität, erhöhtes CRP und männliches Geschlecht mit SpA assoziiert. Keiner der ophthalmologischen Parameter erwies sich als prädiktiv für SpA. Das Dublin Uveitis Evaluation Tool (DUET) zeigte eine höhere Spezifität für die SpA-Erkennung als das Assessment of SpondyloArthritis international Society (ASAS) Tool (Spezifität 42% vs. 28%), während die Sensitivität des ASAS-Tools etwas höher war als die des DUET-Tools (Sensitivität 80% vs. 78%). Mehr als 20% der AAU-Patienten in dieser Studie, bei denen SpA diagnostiziert wurde, wären jedoch von beiden Überweisungsstrategien übersehen worden.

Die Studie weist einmal mehr auf die hohe Prävalenz von SpA bei AAU-Patienten hin. Sie rechtfertigt, dass jeder AAU-Patient rheumatologisch untersucht werden sollte.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Glucocorticoid-Bridging bei RA Patienten und Wahrscheinlichkeit des späteren GC Stopps

Individual patient data meta-analysis on continued use of glucocorticoids after their initiation as bridging therapy in patients with rheumatoid arthritis

Van Ouwerkerk L et al. Ann Rheum Dis 2023;82:468

Vor Initiierung einer Basistherapie stellen Glucocorticoide (GC) häufig die erste Wahl in der Therapie von RA Patienten im Sinne einer Überbrückungstherapie («bridging») dar. Es besteht die Sorge, dass eine solche GC Therapie nach dem eigentlichen Bridging nicht beendet werden kann. Die vorliegende Studie hat hierzu erstmalig 7 klinische Studien mit insgesamt knapp 1700 Patienten zusammengefasst untersucht und hieraus eine individuelle Patientendaten Meta-Analyse generiert. Als Outcome wurden die GC-Gaben nach «Ja» oder «Nein» zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht. Diese waren 1/3/6/12/18 Monate nach Ende des Bridgings gewählt. Zudem wurden Alter, Geschlecht, ACPA Status, initiale GC Dosis, Dauer des Bridgings, orale versus parenterale GC Applikation und initiale Begleitmedikation einbezogen.

Insgesamt konnten die meisten Patienten nach Beendigung der sogenannten Bridging Phase die Medikation der GC beenden. Eine niedrige GC Dosis zu Beginn einer möglichst kurzen Bridging Phase erhöhte die Wahrscheinlichkeit für einen GC Stopp.

In Zahlen ausgedrückt war die Wahrscheinlichkeit, dass weiterhin GC 1 Monat nach Beendigung der Bridging Phase gegeben wurden, bei 0.18 und fiel im weiteren Verlauf auf 0.07 während den Monaten 6–18 nach Stopp des Bridgings.

Kommentar
Kurz zusammengefasst: anfangs wenig GC, kurze Dauer, somit hohe Wahrscheinlichkeit, ohne GC auskommen zu können. Letztlich klingt dies plausibel, manchmal mag man sich dies nicht trauen. Zu beachten bleibt, dies sind gepoolte Studiendaten, die fraglich in die alltägliche Praxis 1:1 übertragen werden können. Problematisch ist auch die grosse Variationsbreite der GC Initialdosis von 30mg p.o. bis 250 mg i.v. reichend.

Ein Verbot von GC in der Initialtherapie ist durch diese Daten allerdings keineswegs zu begründen und stützt die gängige Praxis (ähnlich den Empfehlungen der EULAR von 2019), mit low-dose GC kurzfristig für maximal 3 Monate zu überbrücken, bis eine potente Begleitmedikation ihre Wirksamkeit erreicht hat. Ein Stopp der GC kann und soll dann jedoch dringlich erfolgen.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Nintedanib bei Skleroselunge

Real-life efficacy and safety of nintedanib in systemic sclerosis-interstitial lung disease: data from an Italian multicentre study

Campochiaro C et al. RMD Open 2023:online ahead of print

Nintedanib ist wirksam und kassenzulässig für die Behandlung der Sklerose assoziierten interstitiellen Lungenerkrankung. Die vorliegende retrospektive Mulitzenter-Studie zeigt erstmals Daten zu Nintedanib (NTD)in einer «Real Life» Situation. Daten wurden erhoben 12 Monate vor Therapie mit NTD, zu Beginn der Therapie und 12 Monate nach Einführung von NTD.

90 Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung bei Sklerose, Alter 58 Jahre, Krankheitsdauer 9 Jahre. 85% der Patienten standen unter Immunsuppressiva. In den 12 Monaten vor Therapie mit NTD erfuhren 60% der Patienten eine signifikante Reduktion der forcierten Vitalkapazität (FVC), während sich diese in den 12 Monaten unter Therapie stabilisierte. Während eine Progression der Lungenerkrankung vor Therapie in 60% auftrat, war dies unter Behandlung nur in 17,5% der Fall. Der Zustand der Haut ( Rodnan Skin Score) erfuhr keine Veränderung. Gastrointestinale Nebenwirkungen wurden in 39% beobachtet; eine Dosisanpassung erfolgte in 25%, ein Absetzen der Therapie in 10%.

Fazit
Diese Untersuchung auf Basis von Real Life Daten zeigt, das NTD in Kombination mit Immunsuppressiva die Lungenfunktion bei interstitiellen Erkrankungen stabilisieren kann.

Nebenwirkungen sind häufig, was oft zu einer Dosisanpassung führt, damit NTD weitergegeben werden kann.

20% der Patienten hatten gleichzeitig eine Therapie mit Rituximab und die meisten Patienten hatten eine Dreierkombination, unter anderem mit Mofetil. Inwieweit Immunsuppressiva, und besonders in Kombination, sich günstig auswirken, bleibt der Untersuchung weiterer Studien vorbehalten.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich