Riesenzellarteriitis: Wertigkeit Biopsie vs. Ultraschall
Comparison of temporal artery ultrasound versus biopsy in the diagnosis of giant cell arteritis
Hansen MS, et al. Eye 2022:online ahead of print
Die Riesenzellarteriitis (GCA) ist ein medizinischer und ophthalmologischer Notfall mit Risiko eines Schlaganfalls und plötzlichen irreversiblen Verlustes des Sehvermögens. Eine schnelle und genaue Diagnose ist wichtig, um Komplikationen und eine langfristige hochdosierte Toxizität von Glukokortikoiden zu verhindern. Die Biopsie der Temporalarterie ist der Goldstandard für die Diagnose der GCA. Die Ultraschalluntersuchung der Temporalarterie ist jedoch ein schnelles und nicht-invasives Verfahren, das eine Ergänzung oder Alternative zur Biopsie darstellen kann.
In dieser Querschnittsstudie wurden konsekutive Patienten mit Verdacht auf GCA im Zeitraum von August 2018 bis Juni 2019 eingeschlossen und neben einer klinischen Untersuchung und einem Bluttest innerhalb weniger Tage nach Beginn der Glukokortikoid-Behandlung wurden ein temporaler Ultraschall und eine unilaterale Biopsie durchgeführt. Erfahrene Ärzte stellten die endgültige klinische Diagnose bei der 6-monatigen Nachuntersuchung. Bei 78 Patienten wurden sowohl ein Ultraschall als auch eine Biopsie durchgeführt. 45% erhielten die endgültige klinische Diagnose einer GCA. Im Vergleich zur endgültigen klinischen Diagnose hatte die Biopsie eine Sensitivität von 69% (51–83%) und eine Spezifität von 100% (92–100%), der Ultraschall eine Sensitivität von 63% (45–79%) und eine Spezifität von 79% (64-94%). Die Flächen unter den ROC-Kurven betrugen 0,84 für die Biopsie und 0,71 für den Ultraschall (p =0,048). Die Falsch-negativ-Rate des Ultraschalls betrug 4 von 78 (5%).
Kommentar:
Der Ultraschall hat sich als ein zuverlässiges Instrument für die Erstdiagnose der GCA etabliert. Die Studie zeigt einmal mehr, dass insbesondere bei der Sensitivität ein diagnostisches Defizit besteht, welches bei hohem klinischem Verdacht nur durch Kombination von Abklärungsmodalitäten gelöst werden kann (MRI, PET-CT, Ultraschall, Biopsie). Entscheidend für die diagnostische Wertigkeit der Ultraschalluntersuchung ist die Erfahrung des Untersuchers und das apparative Ultraschall-Setup, insbesondere eine hochauflösende Sonde (optimal 18MHz oder höher für die Temporalarterien).
Haben immunsupprimierte Patienten einen schwereren Verlauf bei einer SARS-CoV-2 Infektion?
Long-term use of immunosuppressive medicines and in-hospital COVID-19 outcomes: a retrospective cohort study using data from the National COVID Cohort Collaborative
Andersen K et al., Lancet Rheumatol 2022;4:e33
In dieser retrospektiven Studie mit Daten einer grossen amerikanischen Datenbank des NIH wurden Hospitalisationen wegen einer SARS-CoV-2 Infektion von Patienten unter einer immunsuppressiven Therapie untersucht. Es wurde das Outcome betreffend Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung oder Tod analysiert. Daten von 222’575 Patienten mit einer SARS-CoV-2 Infektion und notwendiger Hospitalisation von > 2 Tagen zwischen Januar 2020 und Juni 2021 wurden gefunden und analysiert. Von diesen Patienten standen 16’494 Patienten unter einer immunsuppressiven Therapie. Es wurden einerseits immunsupprimierte Patienten mit rheumatischen Erkrankungen (33%), nach Organtransplantationen (26%) oder mit onkologischen Erkrankungen (22%) analysiert. Diese Patienten wurden mittels einem Propensity Score Matching mit Patienten ohne Immunsuppression verglichen. Von den 225’575 hospitalisierten Patienten mussten 14’740 (7%) mechanisch beatmet werden und 21801 (10%) sind verstorben.
Es zeigte sich bei den immunsupprimierten Patienten ein kleineres Risiko, intubiert und mechanisch beatmet zu werden. Bei der Analyse der Behandlungsgruppen zeigten Patienten unter Glukokortikoiden, Azathioprin, Calcineurininhibitoren und sogar Cyclophosphamid ein tieferes Risiko (HR 95 % 0.86, CI 0.83-0.96). Das Risiko an der SARS-CoV- 2 Infektion zu sterben war nicht signifikant unterschiedlich bei der ganzen Population der Immunsupprimierten. Patienten unter Rituximab hatten jedoch ein höheres Sterberisiko und Patienten unter Januskinasehemmern ein tieferes Risiko. In der Studie finden sich keine Angaben zum Impfstatus. Es ist jedoch anzunehmen, dass die wenigsten dieser Patienten geimpft waren, da der Beobachtungszeitpunkt Januar 2020 bis Juni 2021 war.
Kommentar:
Die Ergebnisse dieser Studie mit einer sehr grossen Anzahl Patienten zeigt, dass Patienten unter einer immunsuppressiven Therapie mit einer SARS-Cov-2 Infektion 1. ein tieferes Risiko haben, mechanisch beatmet zu werden, und 2. kein höheres Risiko haben zu sterben. Einzig Rituximab scheint das Sterberisiko zu erhöhen, während Januskinasehemmer das Gegenteil bewirken. Diese Daten lassen spekulieren, dass immunsupprimierte Patienten weniger eine schwere Entzündungsreaktion (Zytokin-Sturm) mit entsprechend schlechter Prognose entwickeln. Abgeleitet aus diesen Ergebnissen stellt sich auch die Frage, ob die immunsuppressiven Medikamente im Falle einer SARS-CoV-2 Infektion überhaupt pausiert werden sollen?
Kombiniertes Gewichtsreduktions- und Schmerz-Programm für RA
Effects of a Weight and Pain Management Program in Patients With Rheumatoid Arthritis With Obesity: A Randomized Controlled Pilot Investigation
Somers T.J. et al. J Clin Rheumatol 2022;28:7
Von 50 übergewichtigen (BMI >28) Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) erhielten 29 ein Gruppenprogramm mit 12 wöchentlichen Sitzungen (à 90 Minuten) zur Schmerzbewältigung sowie dreimal wöchentliche aerobe Trainings; die verbleibenden 21 erhielten die Standardversorgung. 6 Patienten (20.7%) nahmen am Programm gar nicht teil. Die Interventionsteilnehmer zeigten eine Verringerung des Gewichts (–2.28 kg) und des Taillenumfangs (–4.76 cm) sowie Verbesserungen der Schmerzen (von 7.52 auf 5.84), der körperlichen Funktionsfähigkeit, des Essverhaltens und der Selbstwirksamkeit zur Gewichtskontrolle. Die Autoren folgern, dass die Einbeziehung eines kombinierten Schmerzbewältigungstrainings und einer verhaltensbezogenen Gewichtsabnahme in die RA-Behandlung erfolgreich sein kann.
Übergewichtige RA-Patienten haben höhere Krankheitsaktivität, sprechen weniger gut auf Medikamente an, erreichen weniger Remissionen und haben mehr Schmerzen und Behinderungen als normalgewichtige. Die Gewichtsreduktion ist deshalb wichtig. Diese Pilotstudie mit einigen Mängeln zeigt den Erfolg eines kombinierten Programms. Der ganzheitliche Ansatz mit Schmerzreduktionsstrategien zeichnete sich nicht zuletzt durch eine intensive Zuwendung aus, welche wohl nicht unmassgeblich am Erfolg beteiligt war. Die ungenügende Motivation zeigte sich bei dem Fünftel der Patienten, welche gar nicht mitmachten. Insgesamt dürfte es sich lohnen, Gewichtsreduktion, Schmerzdistanzierung und Bewegung in einem kombinierten, intensiven Programm zu forcieren.
Schulterpathologie bei asymptomatischen Kletterern
Shoulder Pathology on Magnetic Resonance Imaging in Asymptomatic Elite-Level Rock Climbers
Cooper J.D. et al. Orthopadic J Sports Medicine 2022:online ahead of print
Diese Studie untersuchte die Prävalenz von pathologischen Befunden im MRI in den Schultern von asymptomatischen Elite-Kletterern.
Untersucht wurden 50 Felsenkletterer der Elite mit Durchschnittsalter von 35 Jahren ohne Symptome der Schulter. Klinische Untersuchungen sowie Untersuchung mit 3-Tesla-MRI beider Schultern.
Die Häufigkeit von Pathologien in den Schultergelenken war ausserordentlich hoch: Tendinose der Rotatorenmanschette in 80%, subakromiale Bursitis in 79%, Tendinitis der langen Bizepssehne in 73%. Auch Pathologien des Labrums waren sehr häufig mit 69% inklusive Risse im Labrum in 56%. Erstaunlich hoch waren auch die Knorpelschäden, auf der humeralen Seite in 57%, glenoidal in 19%. Die klinische Untersuchung zeigte, dass bei Vorliegen von Labrumrissen die Vorwärtselevation der Schulter gegenüber den anderen Probanden deutlich erhöht war, sowohl aktiv wie auch passiv.
Fazit:
Es ist bekannt, dass Leistungssport in den meistbelasteten Gelenken zu Pathologien führen kann, auch wenn diese nicht immer symptomatisch sind. Bei den untersuchten Hochleistungs-Felskletterern fanden sich Pathologien in einem sehr hohen Prozentsatz, insbesondere auch Labrumrisse sowie Knorpelschäden. Diese werden erklärt durch die sehr hohe Belastung beim Felsenklettern mit voll elevierter Schulter und repetitivem Tragen des ganzen Körpergewichtes. Zumindest teilweise dürften diese Pathologien im späteren Leben zu einer Beeinträchtigung der Schulterfunktion führen. Die Schultern sind besonders gefährdet bei anstrengender belastender Überkopfarbeit bzw. Sportarten.