Morbus Whipple: Rheumatologische Manifestationen

Rheumatological features of Whipple disease

Tison A. et al. Scientific Reports (Nature) 2021;11:12278

Die Whipple-Erkrankung beginnt oft mit rheumatologischen Manifestationen. Die Diagnose ist sehr wichtig, zumal die Behandlung im Gegensatz zu den differentialdiagnostischen Krankheiten antibiotischer Natur ist und in der Regel erfolgreich ist. Nicht selten werden Whipple-Patienten unter fälschlicher Diagnose mit TNF-Blockern behandelt, was die Krankheit verschlimmern kann.
Diese Multicenter-Studie über 10 Jahre charakterisiert Krankheit und Verlauf bei 68 Patienten. Die Diagnose erfolgte entweder mittels PAS-positiven Dünndarmbiopsien oder mittels PCR aus Darm oder extraintestinalen Proben.

Bei PAS-positiven Patienten zeigte sich sowohl Stuhl wie auch Speichel in 100% positiv in der PCR. 42 der 68 Patienten zeigten ausschliesslich eine periphere Gelenksbeteiligung, während 26 Patienten zusätzlich eine axiale Beteiligung aufwiesen. Eine Arthritis lag bei 60 Patienten vor, eine entzündliche Arthralgie in 62 der 68 Patienten, ein entzündlicher Rückenschmerz bei 25 Patienten. Ein intermittierender Verlauf im Sinne eines palindromen Rheumatismus wurde bei 42 Patienten festgestellt. Nur 3 Patienten zeigten eine Enthesitis zusätzlich zur Arthritis. 22 Patienten hatten Symptome eines intestinalen Befalles (abdominale Schmerzen und/oder Diarrhoe). 29 Patienten wiesen einen Gewichtsverlust auf, 16 Fieber und 15 Adenopathie. 3 präsentierten eine Endokarditis, 4 neurologische Störungen.
Eine CRP-Erhöhung zeigten 63 der 68 Patienten, das HLA B27 war in 28% positiv (29 Patienten wurden getestet). Die Bildgebung zeigte eine Sakroiliitis bei 7 Patienten, bei 3 eine Spondylodizitis.
Die meisten Fehldiagnosen betrafen Spondyloarthritis, Psoriasis Arthritis und Rheumatoide Arthritis.

Verlauf:
Unter Antibiotika (Doxyzyclin, wenige mit Trimethoprim Sulfamethoxazol) über durchschnittlich 20 Monate zeigte sich keine Resistenz bei rascher Rückbildung der Symptome und des entzündlichen Syndroms. Allerdings traten Rückfälle bei 32% der Patienten auf.

Fazit:
Der Morbus Whipple ist zwar im gesamten Kollektiv der Rheumatologen eine seltene Erkrankung. Die Diagnose ist jedoch sehr wichtig, zumal die Behandlung ausschliesslich mit Antibiotika erfolgreich ist.
Am häufigsten zeigen sich Arthritiden, aber auch sehr häufig entzündliche Arthralgien und ein entzündlicher Rückenschmerz. Am meisten betroffen sind Knie, Sprunggelenk und Handgelenk. Bei jeder zusätzlichen Manifestation von Seiten des Darmes ist eine Abklärung betreffend Whipple indiziert. Aber auch ohne gastrointestinalen Befall sollte bei entsprechender Symptomatik eine PCR-Untersuchung erfolgen, am besten aus der Dünndarm-Biopsie, einem Gelenk oder aus dem Speichel.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

Therapiedauer mit Tocilizumab bei der Riesenzellarteriitis

Long-term effect of tocilizumab in patients with giant cell arteritis: open-label extension phase of Giant Cell Arteritis Actemra (GIACTA) trial

Stone J et al., Lancet Rheumatol 2021;3:e328ff

In dieser offenen Extension Studie des GiACTA Trials (Giant-Cell Arteritis Actemra) wurde der Verlauf der Erkrankung für 2 weitere Jahre nach Beendigung der placebo-kontrollierten Phase nach 52 Wochen untersucht. Im ursprünglichen GiACTA Trial erhielten Patienten mit einer Riesenzellarteriitis (RZA) randomisiert 2:1:1:1 Tocilizumab 162 mg s.c. wöchentlich oder 2-wöchentlich plus Prednison mit Ausschleichen über 26 Wochen oder jeweils s.c. Placebo wöchentlich oder 2-wöchentlich mit Prednison Ausschleichen über 26, resp. eine Gruppe über 52 Wochen.
Die Studie zeigte eine höhere Remissionsrate in den beiden Tocilizumab Gruppen mit einer tieferen kumulativen Glukokortikoiddosis.

In der Fortsetzung wurde der Entscheid der weiteren Therapie den jeweils betreuenden Ärzten überlassen.
Am Schluss des GiACTA Trials nach 52 Wochen waren 12/44 (27%) Patienten in der Placebo-26-Wochen Gruppe, 16/46 (35%) in der Placebo-52 Wochen Gruppe, 59/85 (69%) in der Tocilizumab wöchentlich Gruppe und 28/40 (70%) in der Tocilizumab 2-wöchentlich Gruppe ohne Therapie in Remission. Die anderen Patienten erhielten noch weiter eine individuelle Therapie mit Prednison und/oder Tocilizumab.

Während des 2-jährigen Follow-Ups blieben 7/12, 10/16, 25/59 und 8/28 in Remission. Die restlichen Patienten hatten einen Relaps und mussten wieder therapiert werden mit Prednison und/oder Tocilizumab (nach Ermessen des behandelnden Arztes). Von diesen wegen eines Relaps wieder behandelten Patienten mit GZA erreichten 95 % erneut eine Remission mit einer medianen Zeit bis zur Remission von 15 Tagen bei Behandlung mit einer Monotherapie Tocilizumab und 54 Tagen bei Behandlung nur mit Prednison. Nach 3 Jahren betrug die kumulative Prednison Dosis 2647 mg in der Tocilizumab wöchentlich, 3948 mg in der Tocilizumab 2-wöchentlich, 5277 in der Placebo-26 Wochen und 5323 mg in der Placebo-52 Wochen Gruppe. Die Safety war in allen 4 Behandlungsgruppen gleich ohne erhöhte Infektrate bei den mit Tocilizumab behandelten Patienten.

Die Daten des GiACTA Trials und der Open Label Extension Studie zeigen auf, dass Tocilizumab in Kombination mit Prednison eine höhere Remissionsrate hat als Prednison alleine und zudem einen steroidsparenden Effekt. Eine länger andauernde medikamentenfreie Remission wurde jedoch nur bei 50 von 197 Patienten, die die 3- jährige Studie beendet hatten, erreicht. Im Falle eines Relaps kann jedoch bei 95 % der Patienten wieder eine Remission erreicht werden.
Ich behandle aufgrund dieser und auch früherer Daten und aktuellen Therapie Empfehlungen (Villiger P et al. Lancet 2016; 387:192, Adler S et al. Rheumatology 2019;58:1639, Schirmer JH et alö. Z Rheumatol 2020; 79:67) Patienten mit GZA primär mit Prednison p.o. 1 mg/kgKG (max. 60 mg). Bei Visussymptomen initial Solumedrol 500 mg für 3-5 Tage. Bei hohem und prolongiertem Bedarf an Prednison oder Kontraindikationen oder Komplikationen einer Glukokortikoidtherapie kann Actemra 162 mg wöchentlich s.c. für 1 Jahr (alternativ Methotrexat) gegeben werden. Nach 1 Jahr, falls die GZA in Remission ist, Wechsel auf Actemra 2-wöchentlich für ein weiteres Jahr und dann Versuch die Therapie zu stoppen. Nach Stopp der Therapie empfehle ich engmaschige Kontrollen, um ein Rezidiv möglichst früh zu erfassen und zu therapieren.

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar

PRP versus Kortikosteroide intraartikulär bei Kniearthrose

Intra-articular platelet-rich plasma injections versus intra-articular corticosteroid injections for symptomatic management of knee osteoarthritis: systematic review and meta-analysis

McLarnon M and Heron N, BMC Musculoskeletal Dis, 2021;22:550

Britische Metaanalyse von 8 Vergleichsstudien mit tiefem Risiko der Befangenheit (Cochrane Risk of Bias tool), Vergleich von intraartikulären Injektionen von Platelet Rich Plasma (PRP) versus Kortikosteroiden (CS) bei symptomatischer Kniearthrose.

Insgesamt 648 Patienten, davon 68% Frauen, Durchschnittsalter 59 Jahre.
PRP erwies sich gegenüber CS als signifikant überlegen in Bezug auf Symptomreduktion (Schmerz, Steifigkeit, Funktion) sowohl nach 3, 6 wie auch 9 Monaten nach Intervention. Die grössten Effekte wurden nach 6 und 9 Monaten gefunden. Die Rückkehr zu sportlichen Aktivitäten erwies sich nach 6 Monaten unter PRP besser als unter CS. Dreifache Injektionen von PRP, im Allgemeinen im Abstand von je einer Woche, zeigten sich gegenüber einer einzelnen Injektion nach 12 Monaten als überlegen.

PRP erweist sich auch im Langzeitverlauf den Kortikosteroiden in der intraartikulären Injektion bei symptomatischer Kniearthrose als überlegen.
Kortikosteroide wurden im Allgemeinen in einer Dosierung von äquivalent zu 40mg Triamcinolon verabreicht, während PRP in den Studien stark variierte. Eine dreifache Injektion von PRP war jedoch einer einmaligen Injektion über 12 Monate überlegen. Im Allgemeinen erwies sich PRP am wirkungsvollsten bei milder bis mässiger Kniearthrose. Die Autoren der vorliegenden Studie empfehlen für die Praxis 3 i.a. Injektionen von PRP bei symptomatischer Kniearthrose anstelle von Kortikosteroiden sowie eine Wiederholung nach jeweils 6 Monaten.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich