Patientencharakteristika bei Morbus Behçet

Patient characteristics in Behçet’s Syndrome and their associations with major organ involvement: a single-centre experience of 2118 cases

Torgutalp M et al., Scand J Rheumatol 2022;51(1):50

In dieser Fallstudie aus Ankara wurde die Patientencharakteristik von 2118 Patienten mit Morbus Behçet anhand der Krankengeschichten retrospektiv analysiert. Im Schwerpunkt dieser Studie wurde «Major Organ Involvement» (MOI) untersucht. Dies umfasste eine Beteiligung der Gefässe, der Augen, des Magen-Darmtraktes und des Nervensystems.
Von den 2118 Patienten waren 1154 weiblich. 55% der Patienten waren HLA-B51 positiv. Nur 48% hatten eine positiven Pathergietest. 100% hatten im Verlauf orale, 81% genitale Ulcera. 81% hatten eine Hautmanifestation, entweder ein papulo-pustulöses Exanthem (65%) oder ein Erythema nodosum (50%). Gelenkmanifestationen waren bei 59% vorhanden, aber nur 16.5% hatten eine nachweisbare Arthritis, die restlichen nur Arthralgien.
Insgesamt hatten 52% der Patienten eine Major Organbeteiligung (MOI); davon 15% mit 2 MOI und 2.3% mit > 2 MOI. Bei 35% waren die Augen, bei 22% die Gefässe (venös 21%, arteriell 5%), bei 10% das Nervensystem und nur bei 3% der Magen-Darmtrakt betroffen. Männer mit Raucheranamnese und fehlenden genitalen Ulcera hatten ein höheres Risiko für ein MOI. Eine vaskuläre Beteiligung bei Patienten mit Diagnosestellung des Morbus Behçet in jungen Jahren war häufiger.

Kommentar:
Diese grosse Fallstudie mit 2118 Patienten mit Morbus Behçet gibt einen guten Überblick über die klinischen Manifestationen dieser bei uns seltenen Erkrankung. Relevant scheint mir die tiefe Rate eines pos. Pathergietests (48%) und auch eines positiven HLA-B51 (55%). Damit sind diese beiden Parameter nur bedingt für die Diagnose aussagekräftig.
Risikofaktoren für ein MOI waren männliches Geschlecht, Raucheranamnese, fehlende genitale Ulcera und Erstmanifestation der Erkrankung in jungen Jahren.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Lumbosakrale Übergangsanomalie

The Association of Lumbosacral Transitional Vertebrae with Low Back Pain and Lumbar Degenerative Findings in MRI

Hanhivaara J. et al. Spine 2022;47:153

Bei 1468 MR-Untersuchungen der LWS (Durchschnittsalter 47-jährig, cross-sectional study of the Northern Finland Birth Cohort 1966) wiesen 310 (21,1%) Probanden eine lumbosakrale Übergangsanomalie (LSTV) auf. Castellvi Typ III LSTVs waren mit verlängerten Kreuzschmerzen (LBP, Episoden >30 d) gegenüber Kontrollen assoziiert. Castellvi Typ I hatte mehr Facettendegeneration (FD) in den Segmenten von L3/L4 bis L5/S1, während es bei Typ II-IV nur L3/L4 und L4/L5 betraf. Bandscheibenvorfälle traten häufiger bei L3/L4 und L4/L5 bei Typ II und bei L3/L4 bei Typ III auf. Castellvi Typ II hatte eine höhere Prävalenz von Typ-1-Modic-Veränderungen.

Insgesamt wird das bekannte Faktum, dass ein Fünftel bis ein Viertel aller Personen eine Übergangsanomalie hat, mit dieser Studie untermauert. Eine LSTV ist nicht zwingend mit Schmerzen korreliert. Nur bei einem Typ war die Korrelation mit längerdauerndem (>30 d) LBP signifikant. Biomechanisch ist plausibel, dass eine komplette Lumbalisierung/Sakralisierung (Castellvi Typ III) eher Schmerzen macht als lediglich ein vergrösserter Querfortsatz (Castellvi Typ I) oder eine inkomplette Lumbalisierung/Sakralisierung (Castellvi Typ II). Zusammengefasst ist die Diagnose Übergangsstörung nur teilweise für Symptome verantwortlich zu machen. Auffällig war die Häufigkeit von degenerativen Veränderungen (Bandscheibenvorfälle, Facettendegeneration, Modic) in einzelnen Segmenten.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Risikoreduktion für Autoimmunerkrankungen unter Vitamin D und Omega-3-Supplementation

Vitamin D and Marine Omega 3 Fatty Acid Supplementation and Incident Autoimmune Disease: VITAL Randomized Controlled Trial.

Hahn J. et al. BMJ (Clinical research ed.), 2022:online ahead of print

In dieser Studie sollte untersucht werden, ob Vitamin D und langkettige Omega-3-Fettsäuren das Risiko für Autoimmunerkrankungen verringern. Es erfolgte eine landesweite randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Vitamin-D- und Omega-3-Studie (VITAL) mit einem zwei-mal-zwei-faktoriellen Design mit 25 871 Teilnehmern (bestehend aus 12 786 Männern =50 Jahre und 13 085 Frauen =55 Jahre) zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Studie. Als Intervention wurde Vitamin D (2000 IE/Tag) oder entsprechendes Placebo und Omega-3-Fettsäuren (1000 mg/Tag) oder entsprechendes Placebo verabreicht. Anschliessend wurden die Teilnehmer auf Erstmanifestationen einer Autoimmunerkrankung (Selbstreporting) mit einer Nachbeobachtungszeit von bis 5,3 Jahren verfolgt; Erkrankungen wurden durch eine umfassende Überprüfung der Krankenakten bestätigt. In der Vitamin-D-Gruppe hatten 123 Teilnehmer und 155 in der Placebogruppe eine bestätigte Autoimmunerkrankung (Hazard Ratio 0,78, 95% Konfidenzintervall 0,61 bis 0,99, P=0,05). Eine fünfjährige Vitamin-D-Supplementierung mit oder ohne Omega-3-Fettsäuren verringerte die Zahl der Autoimmunerkrankungen um 22 %, während eine Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren mit oder ohne Vitamin D die Zahl der Autoimmunerkrankungen um 15 % verringerte (statistisch nicht signifikant). Beide Behandlungsarme zeigten größere Auswirkungen als der Referenzarm (Vitamin-D-Placebo und Omega-3-Fettsäure-Placebo).

Kommentar:
Die Studie evaluiert in einer gross angelegten Präventionsstudie Vitamin D und Omega-3 – Fettsäuren Supplementation. Die hautsächlich aufgetretenen Krankheiten waren Rheumatoide Arthritis, Polymyalgia rheumatica, Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, Psoriasis. Obwohl die Risikoreduktion für 2000IE Vitamin D pro Tag mit 22% statistisch relevant ist, muss bedacht werden, dass die Number needed to treat (NNT) von 406 hoch ausfällt. Weiter handelte es sich bei den Teilnehmern um ältere Erwachsene, die Ergebnisse sind deshalb möglicherweise nicht auf Autoimmunkrankheiten übertragbar, die hauptsächlich bei jüngeren Menschen auftreten. Zusätzlich könnte aufgrund der Latenzzeit des Ausbruchs der Autoimmunerkrankungen eine längere Nachbeobachtung aufschlussreich sein, die Teilnehmer werden deshalb in einer offenen Verlängerungsstudie während weiteren 2 Jahren beobachtet.

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Dr. Christian Marx
Zürich

Facettengelenksinjektion: Ultraschall versus Radiologie

Lumbar zygapophyseal joints injections under ultrasound guidance an alternative to fluoroscopy guidance in the management of low back pain

Touboul E. et al. Sci Rep (natureresearch), 2022;12:3615

Die Infiltrationen von lumbalen Facettengelenken erfolgt noch immer häufig unter radiologischer Bildgebung (meist C-Bogen oder CT). Eine ultraschallgeführte Injektion der Facettengelenke wurde in einer ersten Studie 1997 beschrieben und in der Folge zunehmend angewandt. Die vorliegende Studie verglich in einer Kohorte die beiden Verfahren miteinander bezüglich Wirksamkeit und Nebenwirkungen. 54 Patienten wurden entweder mit Ultraschall oder radiologischer Kontrolle behandelt und der Schmerzverlauf sowie die Nebenwirkungen über einen Monat beobachtet. Die Schmerzabnahme (VAS) nach einem Monat betrug – 30 mm unter Ultraschall und – 29,5 mm unter radiologischer Kontrolle. Keine injektionsassoziierten Komplikationen wurden verzeichnet.

Fazit:
Ultraschall geführte Injektionen der lumbalen Facettengelenke finden zunehmende Verbreitung. Die vorliegende Studie unterstützt die Wertigkeit dieser Methode im Vergleich mit radiologischer Kontrolle, indem die Wirksamkeit sich nach einem Monat bezüglich Schmerzverlauf nicht unterscheidet und auch kein Unterschied besteht bezüglich Komplikationen (in dieser Studie keinerlei Komplikationen aufgetreten).

Im Sonotool auf der Plattform Rheuma Schweiz wird unter «Spine» diese Intervention dargestellt.
Der Vorteil des Ultraschalls gegenüber der radiologischen Kontrolle liegt auf der Hand: keine Bestrahlung, dynamische Führung der Nadel, Visualisierung der benachbarten Strukturen sowie auch Visualisierung des Injektionsmaterials (zum Beispiel Kortikosteroidkristalle).

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich