GLA:D Therapiekonzept bei Gonarthrose
GLA:D to Be Walking Better: Change in Self-Reported Difficulty Walking After Exercise Therapy and Education in Persons with Knee Osteoarthritis
King LK et al. J Rheumatol 2024;51(10):1033
In dieser Kohortenstudie wurden Patienten mit Kniearthrose bezüglich Gehfähigkeit nach einem auf Gonarthrose spezifisch ausgerichteten Therapieprogramm namens GLA:D untersucht.
Bei GLA:D (Good Life with OsteoArthritis in Denmark) handelt es sich um ein strukturiertes Physiotherapieprogramm, welches 8 Wochen dauert und Einzeltherapiesitzungen, Patientenedukation und Gruppentherapien umfasst. Bisherige Studien haben die Wirksamkeit auf Schmerzen, Funktionsfähigkeit im Alltag, Lebensqualität und Reduktion des Schmerzmittelkonsums gut belegt. Diese Studie mit 5286 Patienten zeigte auch eine deutliche Verbesserung der Gehfähigkeit nach 3 und auch noch nach 12 Monaten auf.
Kommentar
GLA:D ist ein sehr zu empfehlendes Therapieprogramm, welches in Dänemark zuerst für Patienten mit Gonarthrose entwickelt wurde. Später wurden auch Programme für Patienten mit Coxarthrose und Rückenschmerzen entwickelt. Die Studien zur Wirksamkeit waren positiv betreffend Schmerzen, Funktionsfähigkeit, Lebensqualität und Reduktion des Schmerzmittelkonsums. Das Programm dauert 8 Wochen und setzt nach Beendigung ein selbständiges Fortsetzen der erlernten Programminhalte voraus. In der Schweiz ist dieses Programm unter der Schirmherrschaft der Rheumaliga Schweiz ( www.rheumaliga.ch/blog/2024/glad ) und auch der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie seit 2019 verfügbar. Die für das GLA:D Programm zertifizierten Physiotherapeuten können unter https://gladschweiz.ch/fuer-aerzte-arthrose gefunden werden.
Physiotherapie bei >70 % der Rotatorenmanschettenrupturen erfolgreich
The Predictors of Surgery for Symptomatic, Atraumatic Full-Thickness Rotator Cuff Tears Change Over Time: Ten-Year Outcomes of the MOON Shoulder Prospective Cohort
Kuhn JE et al. J Bone Joint Surg Am 2024;106:1563
452 Patienten mit symptomatischer, atraumatischer Rotatorenmanschettenruptur wurden 6 bis 12 Wochen lang prospektiv einem Standard-Physiotherapieprotokoll unterzogen. Daten wurden dann nach 1, 2, 5, 7 und 10 Jahren gesammelt. Als Therapieversagen wurde definiert, dass sich der Patient für eine Operation entscheidet.
20 Patienten (5 %) brachen die Studie ab, 37 (9 %) starben vor 10 Jahren und 40 (9 %) gingen für die Nachbeobachtung verloren. Insgesamt 115 Patienten (27.0 %) wurden während der 10-jährigen Nachbeobachtungszeit einem chirurgischen Eingriff unterzogen. Von diesen Patienten wurden 56.5 % innerhalb der ersten 6 Monate und 43.5 % nach 6 Monaten bis 10 Jahren operiert. Ein Prädiktor für eine frühe Operation war die niedrige Patientenerwartung hinsichtlich der Wirksamkeit der Physiotherapie. Wichtige Prädiktoren für eine spätere Operation waren der Status der Arbeitnehmerentschädigung und das Aktivitätsniveau. Die von den Patienten berichteten Ergebnismessungen verbesserten sich nach der Physiotherapie. Bei Patienten, die sich keinem chirurgischen Eingriff unterzogen hatten, nahmen die Ergebnismessungen über den 10-jährigen Nachbeobachtungszeitraum nicht ab.
Wenn wir das Schulter-MR mit unseren Patienten besprechen, ist es gut zu wissen und dem Patienten zu erklären, dass Physiotherapie bei >70 % der Patienten mit atraumatischen, transmuralen Rissen der Rotatorenmanschette über 10 Jahre erfolgreich ist. Zu oft passiert es, dass erstens rasch ein MR veranlasst und zweitens gleich der Schulterchirurgie involviert wird, weil der Patient (und der Radiologe) meint, ein «Riss» müsse notgedrungen genäht werden. Die natürlichen Reparaturmechanismen werden regelmässig unterschätzt (was auch zur Kostensteigerung beiträgt).
«Jogg-walking» bei Rückenschmerzen
Running is acceptable and efficacious in adults with non-specific chronic low back pain: the ASTEROID randomised controlled trial
Neason C et al. Br J Sports Med 2024:online ahead of print
Erstmalig zeigt eine randomisierte Studie, dass Joggen für Erwachsene mit chronischen lumbalen Rückenschmerzen sowohl Schmerzen als auch funktionelle Einschränkungen positiv beeinflussen kann. Hierzu wurden 40 Teilnehmer im mittleren Alter von 33 Jahren einem 12-Wochen Trainingsprogramm zugeordnet oder alternativ auf die «Warteliste» gesetzt. Das Programm bestand aus einem online-zugestellten Programm, welches durch einen Physiotherapeuten (im sogenannten remote Modus, also von extern zugeschaltet) unterstützt wurde. Die Trainingseinheiten umfassten 3x30min pro Woche mit einem Mix aus Joggen und Gehen / Walken. Bei einer Adhärenz von 70% (d.h. 2.1 der 3 Sitzungen wurden durchgeführt, alle Teilnehmer sind über 12 Wochen «dabei geblieben»), zeigte sich eine signifikante Reduktion der Schmerzen und der Funktionseinschränkung im Vergleich zur inaktiven Gruppe. Als «adverse event» wurden Unterschenkelschmerzen von 7 Teilnehmern angegeben, in einem Fall kam es zu einer Synkope (wohl bei vorbestehendem Risikoprofil), ein weiterer Teilnehmer gab Rückenschmerzen als Komplikation an.
Kommentar
Ein Physiotherapieprogramm plus Heimprogramm plus MTT ist für einige unserer Patientinnen und Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen im Alltag nicht umsetzbar. Auch wir könnten ein solches Programm neben Berufs- und Privatleben meist nur schwer dauerhaft realisieren. Das (individuell gestaltbare) Mix-Modell aus Joggen und Walken erscheint durchaus machbar, sofern vom Betroffenen gewollt und eine Instruktion einfach zugänglich ist – und es einen Effekt auch dann zeigt, wenn lediglich ca. 60 min pro Woche hierfür aufgewendet werden. Zudem gibt es nun auch einen wissenschaftlichen Hinweis hierfür.
Ich denke, die meisten von uns können diesem Konstrukt (leider) auch aus persönlicher Erfahrung zustimmen.
SLE: Hydroxychloroquin und Glukokortikoid induzierte Osteoporose
Inhibitory effect of hydroxychloroquine on glucocorticoid-induced osteoporosis in lupus therapy
Qui W et al. Clin Tranl Immunology 2024;13(10):e70010
Hydroxychloroquin und Glukokortikoide sind die meist angewandten Therapien bei Systemischem Lupus (SLE). Die vorliegende Studie untersuchte in einem SLE-Modell die Hintergründe der Wirkung im Zusammenspiel zwischen Hydroxychloroquin und Glukokortikoiden.
Als Resultat zeigte sich, dass Hydroxychloroquin die anti-inflammatorische Wirkung der Glukokortikoide verstärkt (Verminderung der Fcγ-Rezeptoren auf den Makrophagen). Zudem behinderte Hydroxychloroquin die Osteoklastogenese, wie sie durch Glukokortikoide induziert wird (Wirkung über Aufregulierung des Nuclear Factor Erythroid 2- assozierten Faktors 2 (NRF2)).
Fazit
Hydroxychloroquin bringt sehr viele positive Auswirkungen in der Behandlung des SLE mit sich. Hier wird eine neue Aktion beschrieben, indem es (in einem Modell) die glukokortikoid-assoziierte anti-entzündliche Wirkung verstärkt und zudem die durch Glukokortikoide induzierte Osteoporose vermindert durch eine Inhibierung der Osteoklastogenese.
Falls sich dies in klinischen Studien als relevant erweisen sollte, hätten wir ein Argument mehr, bei allen Patienten mit SLE Hydroxychloroquin einzusetzen, besonders aber aufgrund dieser Studie bei jenen, welche Glukokortikoide benötigen.