Operation oder konservative Therapie für Spinalkanalstenose?

Long-Term Results After Surgical or Non-Surgical Treatment in Patients with Degenerative Lumbar Spinal Stenosis: A Prospective Multi-Center Study

Burgstaller J.M. et al. Spine 2020;45:1030

Aus der Lumbar Stenosis Outcome Study (LSOS) wurden 601 Patienten ausgewertet, 430 operative und 171 konservative. Operierte Patienten (ausser jene, welche nach Versagen der konservativen Therapie operiert wurden) waren den konservativ behandelten bezüglich Symptomen und Funktion im Spinal Stenosis Measure (SSM)-Score sowie Lebensqualität im EQ-5D-3L ab Monat 12 bis Monat 36 überlegen, wobei der Unterschied nach12 Monaten signifikant war (p <0.001) und danach stabil blieb. Zwei Drittel der operierten Patienten wiesen eine relevante Verbesserung der Funktion, Symptome und Lebensqualität auf, während dies nur auf die Hälfte der konservativ behandelten Patienten zutraf.

Nach der Atlas-Studie und der Weinstein-Studie (SPORT) mit 8-10-Jahres-Verlauf bringt die grossangelegte Zürcher LSOS-Studie keine neuen Erkenntnisse. Die Operierten schnitten zwar nach dem ersten Jahr besser ab als die Nicht-Operierten, doch nehmen sie in Kauf, dass 63 (15%) innert 3 Jahren reoperiert werden, davon 9 zweimal und 3 dreimal (total 3% mehrfach reoperiert). Der Therapieentscheid liegt also weiterhin beim einzelnen Patienten: Bei der Aufklärung ist m. E. die Schlussfolgerung der Autoren der Studien, operativ sei die bessere Version (Erfolg zwei Drittel vs. die Hälfte), ebenso wie die zu erwartende Reoperation bei 15% der Operierten, zu nennen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Ultraschall im Monitoring bei Gicht

Ultrasound shows rapid reduction of crystal depositions during a treat-to-target approach in gout patients: 12-month results from the NOR-Gout study

Hammer. H. B. et al, Ann Rheum Dis 2020:online

Der hochauflösende Ultraschall (hrUS) detektiert bei Gichtpatienten bekannterweise mit hoher Spezifität und Sensitivität Ablagerungen von Uratkristallen z.B. als Doppelkontur, Tophi und Kristall-Ablagerungen in Sehen und Enthesen. Dies ist die grösste Longitudinalstudie an über 200 Gichtpatienten mit einem Treat-to-Target-Ansatz der uratsenkenden Therapie. Die Autoren definierten hierbei einen neuen semiquantitativen Score unter Berücksichtigung der Ultraschallbefunde. Die mit Ultraschall festgestellten Ablagerungen von Uratkristallen waren erwartungsgemäss nach 12 Monaten erheblich reduziert. Die Doppelkontur (v.a. im MTPG-1) war der Hauptbefund, der am Empfindlichsten auf Veränderungen reagierte.

Fazit: der hrUS is ein exzellentes Instrument nicht nur in der Primärdiagnostik, sondern dient auch als Werkzeug zum Monitoring einer uratsenkenden Behandlung im Sinne eines nachhaltigen Treat-to-Target-Ansatzes.

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KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Analgetika und Frakturheilung

Risk of Nonunion with Nonselective NSAIDs, COX-2 Inhibitors, and Opioids

George MD et al. J Bone Joint Surg Am 2020:online

Aus tierexperimentellen Studien ist bekannt, dass COX-2 wichtig bei der Frakturheilung ist. In dieser grossen retrospektiven Studie aus einer grossen amerikanischen Krankenversicherungsdatenbank wurden Patienten mit einer Fraktur an den Extremitäten und Entwicklung einer Pseudarthrose analysiert. Es wurde untersucht, ob ein Unterschied im Risiko einer Pseudarthrose besteht in Abhängigkeit der Schmerzmedikation mit Opioid-Analgetika, NSAR oder selektiven COX-2 Hemmern. In der Datenbank fanden sich 339‘864 Patienten mit Frakturen, die die Auswahlkriterien erfüllten. Davon entwickelten 2996 (0.9%) der Patienten eine Pseudarthrose. Die Odds Ratio für eine Pseudarthrose war 1.84 für COX-2 Hemmer, 1.69 für Opiatanalgetika und 1.07 für NSAR.
Die Resultate dieser grossen Kohortenstudie lassen vermuten, dass COX-2 Hemmer und Opioidanalgetika ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Pseudarthrose haben als nicht selektive NSAR. Während der Unterschied zwischen COX-2 Hemmern und NSAR aufgrund von tierexperimentellen Daten plausibel scheint, ist eine Erklärung, warum auch Opiate ein höheres Risiko haben, schwieriger. Allenfalls deutet eine Opiattherapie auf schwerere Frakturen mit stärkeren Schmerzen hin und dies könnte eine mögliche Erklärung für die höhere Rate an Pseudarthrosen sein.

Für mich ist die Konklusion aus dieser Studie, dass COX-2 Hemmer und auch Opiatanalgetika nach Frakturen nur zurückhaltend eingesetzt werden sollten. Primär sollten NSAR gegeben werden, aber auch diese nicht zu lange und höher dosiert, da es auch bei NSAR Hinweise gibt, dass die Frakturheilung verzögert werden könnte

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Steroidinjektion ins Kniegelenk: Auswirkungen

Intra-articular corticosteroid knee injection induces a reduction in meniscal thickness with no treatment effect on cartilage volume: a case-control study

Pelletier J-P et al, Nature/scientificreports 2020:online

Kortikosteroid-Injektionen werden häufig angewandt, insbesonders bei Knieproblemen. Mögliche negative Effekte dieser Injektionen werden kontrovers beurteilt. Die vorliegende Studie untersuchte Kniestrukturen mittels MRI und Röntgen nach einer Injektion mit Kortikosteroiden. Fall-Kontroll-Studie mit je 93 Patienten pro Gruppe.

Nach intraartikulärer Kortikosteroid-Injektion zeigte sich im Verlauf des Jahres nach Injektion eine vorübergehende und signifikante Abnahme der Meniskushöhe und des Gelenkspaltes im medialen Knie im Vergleich mit den Kontrollen. Hingegen fanden sich keinerlei strukturelle Veränderungen in Bezug auf Knorpelverlust oder andere Gewebe.

Fazit:
Eine einmalige Knieinjektion mit Kortikosteroiden erscheint sicher zu sein ohne negative Auswirkungen struktureller Art. Einzig eine transiente Abnahme der Meniskushöhe wurde gefunden, deren Bedeutung allerdings unklar ist. Offen bleibt, wie sich repetitive Injektionen auf Kniestrukturen auswirken. Bei Vorliegen einer aktivierten Arthrose mit Erguss gehört die intraartikuläre Gabe von Kortikosteroiden nach wie vor zur Therapie der Wahl.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich