PRP: Eine weitere neutrale Studie

Effect of Intra-articular Platelet-Rich Plasma vs Placebo Injection on Pain and Medial Tibial Cartilage Volume in Patients With Knee Osteoarthritis: The RESTORE Randomized Clinical Trial

Bennell K.L. et al. JAMA 2021;326:2021

288 Patienten, durchschnittlich 62-jährig mit Knieschmerzen seit 5 Jahren, mit Gonarthrose vom Schweregrad 2 oder 3 nach Kellgren and Lawrence, erhielten entweder wöchentlich 3 intraartikuläre Injektionen von leukozytenarmem PRP (plättchenreiches Plasma, kommerzielles Produkt, n=144) oder von Kochsalz im Sinn eines Placebos (n=144). Eine der vielen Stärken der Studie ist die niedrige Ausfallrate: 269 (93%) schlossen die Studie mit Einjahreskontrolle ab; in beiden Gruppen erhielten je 140 Teilnehmer (97%) alle 3 Injektionen. Nach 12 Monaten führte die Behandlung mit PRP vs. Placebo zu einer mittleren Veränderung des Knieschmerzes von -2.1 vs. -1.8 Punkten (p=0.17). Die Veränderung des medialen Tibiaknorpelvolumens betrug -1,4% vs. -1,2% (p=0.81). Von 31 vordefinierten sekundären Endpunkten zeigten 29 keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

PRP gehört zu den Hoffnungsträgern unter den neuen Therapien für Arthrosen und für Erkrankungen der Sehnen und Muskelansätze und wird auch in der Schweiz seit manchen Jahren teilweise mit gutem Erfolg und mit steigenden Anwendungszahlen injiziert. Im Jahr 2021 wurden mit drei JAMA-Studien von PRP vs. Placebo, wie so oft bei randomisierten Studien am Bewegungsapparat trotz plausibler Therapieansätze, die Hoffnungen enttäuscht: die holländische PRIMA-Studie bei OSG-Arthrose (/Weekly/2021/29.11.2021/Studien), die britische ATM-Studie (/Weekly/2021/13.09.2021/Studien) bei Achillessehnen-Tendinopathie und die hier beschriebene australische RESTORE-Studie bei Gonarthrose zeigten keine Überlegenheit von PRP vs. Placebo. Eine Studie zur Rotatorensehnenläsion zeigte die Ebenbürtigkeit von PRP und Cortison (/Weekly/2021/22.03.2021/Studien). Dagegen steht eine Metaanalyse im Am J Sports Med (/Weekly/2021/08.03.2021/Studien), welche bei 18 RCT-Studien Vorteile des PRP vs. Hyaluronsäure folgerte. Auch eine im BMC Musculoskeletal Dis. publizierte Studie mit Metaanalyse ergab bei Gonarthrose eine Überlegenheit von PRP gegenüber Cortison im Langzeitverlauf (/Weekly/2021/28.06.2021/Studien). Die Gründe für die Diskrepanz sind vielfältig, von unpräzisem Design zum Einfluss von Sponsoren bis zu möglicher Verschlechterung der Arthrose wegen Cortisoninjektionen. Insgesamt hat sich die Datenlage 2021 zu Ungunsten des PRP verschoben, aber weitere Studien bleiben abzuwarten.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Gastrointestinale Perforation unter Tocilizumab versus Abatacept oder Rituximab

Risk of diverticulitis and gastrointestinal perforation in rheumatoid arthritis treated with tocilizumab compared to rituximab or abatacept

Rempenault C. et al. Rheumatology, 2022;61(3):952

In dieser populationsbasierten Studie aus Frankreich wurde in 3 französischen Registern evaluiert bezüglich Tocilizumab, Rituximab und Abatacept bei RA Patienten – mit Focus auf dem Risiko einer Divertikulitis oder einer Gastrointestinalen Perforation (GIP). Insgesamt wurden die Daten von 107 Studienzentren mit 4501 RA Patienten ausgewertet. Eine gleichzeitige Glucocorticoidgabe wurde bei 68–74% der Patienten in den verschiedenen Behandlungsarmen beschrieben. Die mittlere Dosis der GC lag unter 10mg/d. Die Patienten befanden sich gemäss DAS 28 in «guter» Remission. Bei 21/1496 TCZ Patienten wurde eine Divertikulitis beschrieben, 9 Patienten hatten eine (zumeist Divertikulitis-bedingte) GIP. Das Gesamtrisiko für eine GIP von TCZ Patienten im Vergleich zu Abatacept oder Rituximab wurde mit einer Hazard ratio von 2.9 angegeben. Als Risikofaktor konnte lediglich das Alter detektiert werden.

Die Mortalität bei TCZ-behandelten Patienten mit GIP lag in dieser Studie bei 11.1% und damit deutlich unter vorgängig beschriebenen Werten. Die Autoren interpretieren dies durch die in Frankreich hohe «awareness» für diese Komplikation und machen noch einmal auf die hierbei verminderte Symptomatik aufmerksam.

Kommentar
Nach der Einführung von Tocilizumab im Rahmen der Grossgefässvaskulitis zeigten sich nach moderat oder hohen Dosen von Glucocorticoiden Patienten mit niedrig-symptomatischen Divertikelperforationen bei Sigmadivertikulitis. Aufgrund der Oligosymptomatik und gleichzeitig maskierter serologischer Inflammation konnten einige Patienten erst im Stadium einer Vier-Quadranten-Peritonitis diagnostiziert werden – mit teilweise letalen Folgen.

Zwar ist es wichtig zu wissen, dass dieses Risiko unter Abatacept und Rituximab eher geringer ist, dennoch darf eine Hochdosis Glucocorticoidtherapie als gleichzeitiger oder eben auch alleiniger Risikofaktor für eine GI-Perforation nicht in Vergessenheit geraten: häufig werden ja bei Amaurose im Rahmen einer Riesenzellarteriitis sehr hohe Dosen von Glucocorticoiden plus/minus Tocilizumab verabreicht. Und dies in einer Population mit hoher Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Divertikulose und somit auch einer Divertikulitis. Das Perforationsrisiko muss somit dem Patienten mitgeteilt und entsprechend in der Notsituation reagiert werden. Auch wenn es in der vorliegenden Studie um die RA Therapie ging, und somit deutlich geringere GC Dosen verwendet wurden, ist das Risiko der GI Perforationen erhöht.

Wenn auch mittlerweile aufgrund von COVID fast jeder Spitalarzt über Tocilizumab gehört haben dürfte, so ist diese verzögert erkennbare – da abnormal präsentierte – Komplikation weiterhin zu kommunizieren. Als junger Arzt auf dem Notfall wusste ich ebenfalls nicht, dass eine medikamentöse Immunsuppression auch eine Suppression von typischen Krankheitspräsentationen wie Fieber, Schmerzen und serologischer Entzündung darstellt. Vielleicht können wir es heute besser machen.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Osteoporosefrakturen nach bariatrischen Operationen

Fracture risk following bariatric surgery: a systematic review and meta-analysis

Saad RK et al. Osteoporos Int 2022;33:511

In dieser systematischen Review und Metaanalyse wurde das Frakturrisiko nach einer bariatrischen Operation bei Adipositas untersucht. Bei den heute angewendeten bariatrischen Operationen wird zwischen Operationen, welche nur die Kalorienaufnahme reduzieren (sogenannte restriktive Operationen, z.B. Gastric Banding) und Operationen, welche zu einer verminderten Resorption der Nahrung führen (malresorptive Operationen wie z.B. Roux-Y Bypass oder Sleeve Gastrektomie) unterschieden.
In der systematischen Review wurden 151 Studien gefunden. Für die Metaanalyse konnten aus Qualitätsgründen jedoch nur 2 randomisierte kontrollierte Studien, 2 nichtrandomisierte kontrollierte Studien und 15 Beobachtungsstudien berücksichtigt werden.
In der Metaanalyse zeigte sich ein 45% erhöhtes Risiko für alle Typen von Osteoporosefrakturen und ein doppelt so hohes Risiko für Hüft- und Vorderarmfrakturen bei Patienten nach malresorptiven bariatrischen Operationen und einer > 2-jährigen Beobachtungszeit. Die Vergleichspopulation war eine Kontrollgruppe von Patienten mit Adipositas ohne bariatrische Operation. Bei Patienten nach restriktiven bariatrischen Operationen war das Frakturrisiko nicht erhöht.

Kommentar:
Obwohl die Studien, die für diese Metaanalyse analysiert wurden, qualitativ nicht sehr gut sind, zeigt sich bei Patienten nach einer bariatrischen malresorptiven Operation ein erhöhtes Risiko, eine osteoporotische Fraktur zu erleiden. Die Genese ist multifaktoriell mit einerseits Folgen der Malresorption (Calcium, Vitamin D und Proteine), andererseits aber auch durch die Gewichtsreduktion bedingte verminderte Belastung des Skeletts und hormonelle Veränderungen. So sinken bei den operierten Patienten z.B. die Spiegel von Leptin, Östradiol und Insulin.
Die multidisziplinäre Betreuung von Patienten mit Adipositas und bariatrischen Operationen ist daher sehr wichtig. Aus osteologischer Sicht ist das erhöhte Frakturrisiko dieser Patienten zu beachten. Neben einer genügenden Calciumaufnahme und Vitamin D Supplementation ist auch die körperliche Aktivität mit Belastung des Skelettes sehr wichtig.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

JAK-Hemmer: Sicherheitsdaten

Oral surveillance and JAK inhibitor safety: the theory of relativity

Winthrop K. L. and Cohen S. B., Nature Reviews Rheumatology 2022:online ahead of print

Jüngst erschien eine Post-Marketing-Studie (ORALSURV) mit dem Vergleich des JAK-Hemmers Tofacitinib mit einer Anti-TNF-Therapie, initiiert durch die FDA, um die Sicherheit bezüglich Malignität und kardiovaskuläre Erkrankungen zu untersuchen.

Die Studienpopulation bestand aus älteren Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis mit vorbestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren.

Der vorliegende Artikel beleuchtet die Resultate dieser Studie und stellt sie in einen Gesamtrahmen.

Es fand sich eine Inzidenz von schweren kardiovaskulären Ereignissen (MACE) unter Tofacitinib in einer 5 mg Dosierung von 0,91 pro 100 Patientenjahre, dies im Vergleich zu 0,73 pro 100 Patientenjahre unter TNF-Inhibitoren. Die Autoren diskutieren, dass Daten aus der realen Welt gezeigt hätten, dass TNF-Inhibitoren in Bezug auf kardiovaskuläre Ereignisse protektiv wirken im Vergleich zu Non-Biologics; zudem habe eine 2022 erschienene Populationsstudie keinen Unterschied bezüglich Myokardinfarkt und Hirnschlag im Vergleich von Tofacitinib mit TNF-Blockern gezeigt.

Ebenso zeigten sich in der ORALSURV-Studie leicht erhöhte Signale für Malignität (non-Melanom Hautkrebs sowie andere Neoplasmen wie Lungenkarzinom und Lymphome), was sich besonders bei älteren Individuen sowie bei Rauchern fand. Amerikanische Registerdaten von 2021 zeigten über 5 Jahre keinen solchen Unterschied.

Thromboembolien: Diese Inzidenz war zwischen Tofacitinib (5 mg Dosierung) und TNF-Blockern nicht unterschiedlich.

Fazit:
Die ORALSURV-Studie wirft einige Fragen auf, kann aber kaum Antworten darauf geben. Die Behandlung mit TNF-Blockern könnte sich durchaus protektiv auf die Inzidenz von Nebenwirkungen ausgewirkt haben. Zur Klärung der Fragen bezüglich Signalen der Malignität sowie der kardiovaskulären Erkrankungen sind wohl Registerdaten mit grossen Patientenpopulationen notwendig. Wir erwarten solche Daten am nächsten EULAR Kongress und hoffen, dann die Situation besser beleuchten zu können.

Die EMA empfiehlt, Tofacitinib bei Patienten über 65 Jahren, mit Raucheranamnese oder kardiovaskulären- bzw. Malignitätsrisikofaktoren nur einzusetzen, wenn keine Alternative vorliegt. Die FDA hingegen schliesst auch die JAK-Hemmer Baricitinib und Upadacitinib ein und empfiehlt eine Anwendung von JAK-Hemmern erst nach TNF-Blocker-Versagen.

Die Autoren schliessen aufgrund der umfassenden Durchsicht der Daten, dass JAK-Hemmer in den empfohlenen Dosen ähnlich wie TNF-Blocker eingesetzt werden können bei rheumatoider Arthritis, insbesondere bei jüngeren Individuen und bei älteren Patienten ohne entsprechende Risikofaktoren.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich