Infektionsrisiko unter DMARD’s und Steroiden

Risk for infections with glucocorticoids and DMARDs in patients with rheumatoid arthritis

Riley T.R. et al, RMD Open 2021:online

Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) haben ein erhöhtes Risiko für Infektionen, welches einerseits mit der Krankheitsaktivität selbst, andererseits mit u.a. den Komorbiditäten und der immunsuppressiven Therapie zusammenhängt. In dieser Übersichtsarbeit werden Daten zu den Risiken für schwere Infektionen für die wichtigsten Wirkstoffklassen systematisch untersucht. Wichtige Fakten:

  • Januskinase-Inhibitoren zeigen im Vergleich zu biologischen DMARD’s ein ähnliches Risiko für schwere Infektionen, aber ein erhöhtes Risiko für Herpes zoster-Infekte, insbesondere bei Patienten, die auch Glukokortikoide erhalten.
    Eine Herpes-Zoster-Impfung hat das Potenzial, dieses Risiko zu vermindern.
  • Hochdosierte Glukokortikoide bergen das größte Risiko für schwere und opportunistische Infektionen, einschließlich Pneumocystis jirovecii-Pneumonie.
  • Niedrig dosierte Glukokortikoide erhöhen das Risiko für schwere Infektionen in ähnlichem Ausmaß wie Biologika (Abbildung 1).
  • Bei korrekter Anwendung haben konventionelle synthetische DMARDs inkl. MTX ein sehr gutes Sicherheitsprofil.
  • Tumornekrosefaktor (TNF)-Inhibitoren sind mit einem erhöhten Risiko für schwere Infektionen assoziiert.
  • Einige Studien deuten darauf hin, dass das Risiko mit Abatacept etwas geringer sein könnte als mit anderen Biologika.

Zur Studie
KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

COVID-19 unter Rituximab

COVID-19 outcomes in patients with inflammatory rheumatic and musculoskeletal diseases treated with rituximab: a cohort study

Avouac J. et al, Lancet 2021:online

Französische Kohortenstudie, Einschluss von Patienten >18 Jahren mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen und COVID-19.
Zwischen April und November 20 wurden 1027 Patienten (mittleres Alter 55,2 Jahre) identifiziert; von diesen entwickelten 13% eine schwere Corona-Erkrankung und 8% starben. Nach Berücksichtigung möglicher beeinflussender Faktoren in der Analyse zeigte sich eine Häufung von schweren Erkrankungen in der Rituximab-Gruppe (63 Patienten) im Vergleich zu den Patienten ohne Rituximab. Auch die Dauer der Hospitalisation war signifikant länger.

Von den 63 Patienten unter Rituximab verstarben 13 (21%) im Vergleich zu 7% der Kontroll-Gruppe, wobei dieser Unterschied nach Berücksichtigung von beeinflussenden Zusatzfaktoren nicht signifikant ausfiel.

Fazit:
Wie bereits mehrere andere Studien suggerierten, erscheint die Therapie mit Rituximab in der Coronapandemie bezüglich Krankheitsverlauf ungünstig. Die Autoren raten deshalb, in der Verschreibung von Rituximab vorsichtig zu sein.
In einem begleitenden Editorial zu diesem Artikel wird folgendes Vorgehen empfohlen:
Absetzen von Rituximab bei Remission oder Wechsel auf Alternativbehandlung, falls das Risiko einer Corona-Erkrankung persistiert. Alternativen der Behandlung bieten andere Biologics oder JAK-Hemmer, für welche bisher kein erhöhtes Risiko für schwere Corona-Erkrankungen gefunden wurde. Schwieriger wird es bei systemischen Autoimmunerkrankungen, welche nur durch Rituximab kontrolliert werden können. In diesen Fällen könnte auf die Administration von Kortikosteroiden vor Infusion bei fortgesetzter Therapie verzichtet werden (bekannt ist der Nutzen von Kortikosteroiden bezüglich einer anaphylaktischen Reaktion vor allem bei der ersten Rituximab-Infusion), oder dann Reduktion der Dosis von Rituximab entweder durch Verlängerung des Intervalls zwischen den Infusionen oder durch Reduktion der Dosierung bei jeder Infusion.

Bezüglich Impfung gegen COVID-19 wird empfohlen, diese vor- aber auch während einer Rituximab-Therapie durchzuführen (wenn möglich 4 bis 6 Monate nach der letzten Infusion und 4 bis 6 Wochen vor der nächsten Infusion). In Analogie zur Impfung gegen Influenza dürfte allerdings der Impfeffekt nicht opitmal sein.

Persönlich empfehle ich jeweils die Antikörperbestimmung 6 Wochen nach Impfung, um den Effekt zu beurteilen.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

Synovialisbiopsie bestimmt Therapie

Rituximab versus tocilizumab in anti-TNF inadequate responder patients with rheumatoid arthritis (R4RA): 16-week outcomes of a stratified, biopsy-driven, multicentre, open-label, phase 4 randomised controlled trial

Humby F. et al. Lancet 2021;397(10271):305

164 Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) wurden nach TNF-Versagen randomisiert für Rituximab (zwei 1000 mg Infusionen innert 2 Wochen, RTX) oder Tocilizumab (8 mg/kg Infusionen alle 4 Wochen, TOCI). Bei Einschluss wurde eine Synovialisbiopsie auf B-Zellen untersucht und einerseits histologisch und andererseits gemäss RNA-Sequenzierung eine Einteilung in B-Zell-arm oder B-Zell-reich gemacht. Bei den B-Zell-reichen Patienten fanden sich erwartungsgemäss keine Unterschiede beim primären Endpunkt (50% Verbesserung im Clinical Disease Activity Index [CDAI50%]) nach 16 Wochen zwischen RTX und TOCI. Ebenfalls zeigten B-Zell-arme Patienten gemäss Histologie (17/38 RTX versus 23/41 TOCI) vergleichbare Wirkung beim primären Endpunkt (jedoch unterschiedlich für sekundäre Endpunkte wie kombiniert CDAI50%+CDAI<10.1 sowie DAS28-ESR<2.6). Hingegen erreichten 20/32 TOCI den CDAI50% versus 12/36 RTX (p=0.035) bei den B-Zell-armen Patienten gemäss RNA-Sequenzierung.

Nachdem die Messung der peripheren B-Zellen bezüglich des Ansprechens auf RTX bisher keine Resultate gezeigt hatten, wurde hier mit Synovialisbiopsien gearbeitet: B-Zell-arme Patienten gemäss RNA-Sequenzierung, nicht aber in der Histologie, haben ein weniger gutes Ansprechen auf RTX. Erstmals werden histologische Kriterien für die Wahl des Medikamentes hinzugezogen und läuten somit die Aera der personalisierten «Präzisionsmedizin» ein.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Vermindert eine Postexpositionsprophylaxe mit Hydroxychloroquin Covid-19?

A Cluster-Randomized Trial of Hydroxychloroquine for Prevention of Covid-19

Mitjà O et al., N Engl J Med 2021;384(5):417

In dieser prospektiven, randomisierten Studie aus Spanien wurde untersucht, ob eine Postexpositionsprophylaxe mit Hydroxychloroquin (HCQ) das Risiko einer SARS-Cov-2 Infektion und/oder einer symptomatischen Covid-19 Erkrankung reduziert. Es wurden 2314 Personen, die Kontakt zu einer Indexperson mit Covid-19 hatten, eingeschlossen. 1116 erhielten durchschnittlich 4 Tage nach Kontakt mit einem verifizierten Covid-19 Patienten Hydroxychloroquin (Dosis 800 mg am 1. Tag, danach 400 mg täglich für 6 Tage), 1198 erhielten keine spezifische Behandlung, auch nicht Placebo!

Ein postexpositionelle Therapie mit HCQ verminderte das Infekt-Risiko mit SARS-CoV-2 oder eine symptomatische Covid-19 Erkrankung nicht. Die Personen, welche HCQ erhielten, hatten aber signifikant mehr Nebenwirkungen (gastrointestinal, Nausea, Kopfschmerzen).
Nachdem mehrere Studien keinen Benefit in der Behandlung von Covid-19 mit HCQ zeigten, konnte nun auch keine Verminderung einer SARS-CoV-2 Infektion oder und/oder einer symptomatischen Covid-19 Erkrankung durch Postexpositionsprophylaxe mit HCQ nachgewiesen werden.
Nach heutiger Datenlage hat HCQ also keinen Stellenwert weder in der Prophylaxe noch der Therapie von Covid-19.

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar