Corona-Virus und Hydroxychloroquin: Wirksam – ja oder nein?

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Hydroxychloroquine and azithromycin as a treatment of COVID-19: results of an open-label non-randomized clinical trial.

Gautret P. et al, Int J Antimicrob Agents, 2020:online

In dieser französischen Studie wurden insgesamt 36 hospitalisierte Patienten wegen COVID-19-Erkrankung eingeschlossen. 20 erhielten Hydroxychloroquin (HC) 3 x 200 mg pro Tag (sechs dieser Patienten wurden im Verlauf zusätzlich mit Azithromycin behandelt), während die Kontroll-Gruppe (N=16) diese Medikation nicht erhielt. Einen respiratorischen Infekt hatten 18 Patienten in der HC-Gruppe und 12 Patienten in der Kontroll-Gruppe.
Am sechsten Tag nach Einschluss in die Studie waren 14 von 20 Patienten (70%) in der HC-Gruppe Virus negativ (negative nasopharyngeale PCR), während dies in der Kontroll-Gruppe 2 von 16 Patienten (12,5%) waren, ein signifikanter Unterschied.
Die Autoren folgern, dass Hydroxychloroquin signifikant assoziiert war mit einer Reduktion des COVID-19-Virus, ein Effekt, welcher zudem durch Azithromycin verstärkt wurde.

Zur Studie

A pilot study of hydroxychloroquine in the treatment of patients with common coronavirus disease-19 (COVID-19)

Chen J. et al., J Zhejiang Univ (Med Sci), 2020:online

Prospektive Studie von 30 Patienten mit bestätigter Infektion mit COVID-19 am Shanghai Public Health Clinical Center. Randomisierung 1:1, die Therapiegruppe erhielt 400 mg Hydroxychloroquine pro Tag.
Outcome der Studie: Rate der COVID-19-Positivität an Tag 7 (nasopharyngeale PCR): 13/15 der Patienten unter Hydroxychloroquin wurden negativ im Vergleich mit 14/15 Patienten in der Kontroll-Gruppe (p > 0.05). Auch die Zeit bis zu einer negativen PCR sowie zur Normalisierung des Fiebers war zwischen den Gruppen nicht unterschiedlich. Auch die radiologische Progression der respiratorischen Erkrankung im CT zeigte keinen Unterschied (5 versus 7 Fälle), alle Patienten zeigten im Verlauf eine Besserung.
Schlussfolgerung: In dieser kleinen Studie zeigte sich kein Unterschied bezüglich Viruslast unter Hydroxychloroquin versus Kontrollen in den ersten 7 Tagen nach Behandlung.

Fazit dieser ausgewählten aktuellen Studien:

Hydroxychloroquin zeigte sich in früheren Studien erfolgreich in der Hemmung von SARS/COV-2-Viren wie auch Azithromycin (Antibiotikum aus der Gruppe der Makrolide) in der Hemmung von Zika- und Ebola-Viren. Hydroxychloroquin wird deshalb aktuell in zahlreichen Trials bezüglich Wirksamkeit gegen COVID-19 untersucht.

Während die französische Studie für Hydroxychloroquin eine signifikante Reduktion der Viruslast von COVID-19 findet, zeigt die chinesische Studie keinen Unterschied zur Kontroll-Gruppe.
Obwohl zurzeit Hydroxychloroquin in grosser Menge in der Behandlung bzw. Prävention von COVID-19 eingesetzt wird, scheint die Datenlage aufgrund der verfügbaren, immer noch sehr kleinen Trials diese Anwendung nicht sicher zu belegen.

Wie lese ich einen chinesischen Artikel?

Immer mehr Studien über COVID-19 werden zeitnah in Originalsprache zur Verfügung gestellt (in der Regel vor dem Druck). Deshalb ist es ratsam, die chinesische Sprache zu lernen, oder dann entsprechende Hilfsmittel einzusetzen:
In meiner Erfahrung hat sich Google Translate Camera sehr gut bewährt: Mit dieser App können Sie mit dem iPad oder dem iPhone den Artikel direkt wie mit einer Lupe in deutsch lesen (Abbildung).

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

Tofacitinib und Schmerz

Efficacy of tofacitinib in reducing pain in patients with rheumatoid arthritis, psoriatic arthritis or ankylosing spondylitis

Ogdie A. et al, RMD open 2020:online

JAK-Hemmer sind unterdessen etablierte und wirksame Medikamente bei verschiedenen rheumatischen Erkrankungen. Schmerzen sind das häufigste und dominierende von Patienten gemeldete Symptom. In dieser Post-hoc-Analyse von randomisierten kontrollierten Studien an über 3000 Patienten wurde die Wirksamkeit von Tofacitinib in Bezug auf Schmerzlinderung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), psoriatischer Arthritis (PsA) oder Spondylitis ankylosans (AS) untersucht.

Die Resultate überraschen nicht: Bei RA, PsA und AS trat unter Tofacitinib eine schnelle und frühe Schmerzlinderung auf. Die Verbesserungen der Schmerzen schienen konsistent zu sein, unabhängig von der Tofacitinib-Dosis oder einem früheren unzureichenden Ansprechen auf ein konventionelles synthetisches krankheitsmodifizierendes Antirheumatikum, auf einen Tumor-Nekrosefaktor-Hemmer (RA oder PsA) oder auf eine Behandlung mit einem nicht-steroidalen Antirheumatikum (AS).

Zur Studie
KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Operation bei stabiler BWK-Fraktur?

Conservative Versus Operative Treatment of Stable Thoracolumbar Burst Fractures in Neurologically Intact Patients: Is There Any Difference Regarding the Clinical and Radiographic Outcomes?

Pehlivanoglu T. et al. Spine 2020;45:452

In einer retrospektiven Fallserie wurden 21 Patienten (Alter 34-jährig) mit Frakturen eines thorakolumbalen Wirbelkörpers ohne neurologische Ausfälle operativ mit Aufrichte-Spondylodese und 24 Patienten (Alter 46-jährig) konservativ mit Korsett behandelt. Nach über 5 Jahren ergab die morphologische Nachkontrolle einen signifikanten Unterschied: Eine segmentale Kyphose von 4.09° vs. 11.65° (operativ vs, konservativ; p=0.027) und einen Verlust der Wirbelkörperhöhe anterior/posterior von 12.89%/2.84% vs. 17.94%/7.62% (p=0.027/p=0.03). Hingegen waren die klinischen Befunde vergleichbar: VAS, Oswestry Disability Index (ODI), SF-36 und der Japanese Orthopedic Association Score (JOA) zeigten keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen.

Interessant wäre eine Verlaufskontrolle über 10 oder 20 Jahre mit der Frage, ob die verstärkte Kyphose im Langzeitverlauf zu mehr Beschwerden führt. Aktuell darf – gestützt auf diese spärlichen Daten – der Entscheid, eine traumatische Wirbelkörperfraktur am thorakolumbalen Übergang konservativ oder operativ zu versorgen, dem Patienten überlassen werden, wobei der Patient bei konservativem Vorgehen für das Tragen eines Korsetts und die redressierenden Übungen motiviert werden muss.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Sind Spondylarthritis-typische Veränderungen im MRI spezifisch?

Frequency of MRI changes suggestive of axial spondyloarthritis in the axial skeleton in a large population-based cohort of individuals aged <45 years.

Baraliakos X. et al. Ann Rheum Dis 2020;79(2):186

In dieser Kohortenstudie aus Deutschland wurde bei freiwilligen, gesunden Probanden > 45 Jahre (n=793, Durchschnittsalter 37.3 Jahre) ein Ganzkörper-MRI durchgeführt und nach radiologischen Veränderungen, welche typisch für eine Spondylarthritis (SpA) sind, untersucht. 2 erfahrene Skelettradiologen bestimmten die Anzahl von radiologischen Veränderungen mit Knochenmarksödem (Bone Marrow Edema = BME) oder fettigen Einlagerungen (Fatty Lesions = FL) in der Wirbelsäule und nur BME im Bereich der Sakroiliakalgelenke (SIG). Die Definition dieser radiologischen Veränderungen musste den ASAS-Kriterien (Assessment of Spondyloarthritis International Society) entsprechen. Im Bereich der Wirbelsäule fanden sich bei 218 (27.5%) 1 BME, bei 38 (4.8%) 3 und mehr. Bei 645 fanden sich 1 FL und bei 351 (44.3%) 3 und mehr. Im Bereich der SIG fanden sich bei 136 (17.2%) 1 BME, aber nur bei 7 (0.9%) 3 und mehr solcher Läsionen.

Diese Untersuchung bestätigt eindrücklich, dass sogenannte „Spondylarthritis-typischen“ radiologischen Veränderungen im MRI häufig bei jungen, gesunden Probanden vorkommen können. Insbesondere Befunde von BME oder FL sind sehr häufig. 3 und mehr BME in der Wirbelsäule und in den Sakroiliakalgelenken sind jedoch selten. FL in der Wirbelsäule sind noch deutlich häufiger als BME. Damit ist die Spezifität für die radiologische Diagnose einer SpA umso höher, je mehr dieser radiologischen Veränderungen vorliegen.

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar