Häufigkeit muskuloskelettaler Long-Covid-Symptome

Clinical Outcomes Among Patients With 1-Year Survival Following Intensive Care Unit Treatment for COVID-19

Heesakkers H. et al. JAMA 2022:online ahead of print

452 Patienten, welche wegen COVID-19 durchschnittlich 18 Tage auf der Intensivstation in 11 niederländischen Krankenhäusern lagen, wurden ein Jahr nach der Behandlung nachbefragt. 301 (66.8%) Patienten konnten eingeschlossen werden, und 246 (81.5%) Patienten füllten die 1-Jahres-Follow-up-Fragebögen aus. Körperliche Symptome hatten 182 von 245 Patienten (74.3%), psychische Symptome 64 von 244 Patienten (26.2%) und kognitive Symptome 39 von 241 Patienten (16.2%). Die am häufigsten berichteten neuen körperlichen Probleme waren verminderte Kondition (38.9%), Gelenksteifigkeit (26.3%), Gelenkschmerzen (25.5%), Muskelschwäche (24.8%) und Myalgie (21.3%).

Die Long-Covid-Erkrankung ist noch wenig erforscht, aber es macht den Anschein, dass eine Welle von Patienten auf uns zukommt. Diese explorative Kohortenstudie dokumentiert ein Jahr nach schwerer Erkrankung bei drei Viertel der Patienten neue muskuloskelettale Symptome, deren Stellenwert und weiterer Spontanverlauf ebenso wenig wie deren Diagnose und Behandlung klar sind.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Tofacitinib und kardiovaskuläres Risiko

Tofacitinib and risk of cardiovascular outcomes: results from the Safety of TofAcitinib in Routine care patients with Rheumatoid Arthritis (STAR-RA) study

Khosrow-Khavar F. et al. Ann Rheum Dis 2022:online ahead of print

Die Resultate der Postmarketing-Studie «ORAL Surveillance» führten zu Bedenken, dass Tofacitinib im Vergleich mit TNF-Inhibitoren das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit rheumatoider Arthritis erhöhen könnte. Die vorliegende sehr grosse Studie mit Daten aus der realen Welt untersuchte die Frage, ob ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter Tofacitinib im Vergleich zu TNF-Blockern besteht.

Analysiert wurden zwei Kohorten von Patienten mit RA, welche eine Behandlung mit Tofacitinib oder TNF-Inhibitoren neu begonnen haben. Die erste Kohorte stammt aus sehr grossen Datenbanken und entspricht einer «Real World» Kohorte mit Patienten in der Routinebetreuung; die zweite Kohorte bildet ein Duplikat einer randomisierten kontrollierten Studie, indem Ein- und Ausschlusskriterien der früheren ORAL Surveillance angewandt wurden. Endpunkt war ein Index für kardiovaskuläre Erkrankungen, nämlich Myokardinfarkt und Insult.
In der ersten Kohorte wurden über 102’000 Patienten identifiziert und die Patienten mit Tofacitinib bzw. TNF-Blockern miteinander verglichen. Es zeigte sich ein gleich häufiges Vorkommen von kardiovaskulären Ereignissen unter beiden Therapien in der ersten Kohorte, während in der zweiten Kohorte ähnliche Resultate wie in der früheren ORAL Surveillance-Studien gefunden wurden, das heisst, eine nicht signifikante aber numerisch höhere Zahl an kardiovaskulären Ereignissen bei älteren Patienten, welche bereits kardiovaskuläre Risikofaktoren vor Beginn der Therapie aufwiesen bzw. eine Anamnese mit kardiovaskulärer Belastung hatten.

Fazit:
Bei den Patienten mit RA in der Standard-Betreuung zeigte sich kein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich von Tofacitinib und TNF-Blockern. Nur bei älteren Patienten mit bereits vorgängig vorhandenem kardiovaskulärem Risiko zeigten sich gegenüber TNF-Blockern numerisch vermehrte kardiovaskuläre Ereignisse, ein allerdings statistisch nicht signifikanter Unterschied.
Im Alltag heisst dies, dass Tofacitinib bei Patienten ohne kardiovaskuläre Risiko-Faktoren in Bezug auf dieses Risiko ohne Bedenken eingesetzt werden kann; bei Vorhandensein entsprechender Risikofaktoren kann jedoch ein kardiovaskuläres erhöhtes Risiko nicht ausgeschlossen werden.

Ergänzende Studien, insbesondere auch mit den JAK-Inhibitoren Baricitinib und Upadacitinib, würden wohl den Stellenwert der vorliegenden Resultate noch besser einschätzen lassen.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

AION nach Checkpoint-Inhibitor Therapie

Eosinophilic Vasculitis and Arteritic Anterior Ischemic Optic Neuropathy Associated With Anti-PD-L1 Therapy

J Immunother 2022:online ahead of print

Case report
Im Rahmen einer Tumortherapie mittels anti-programmed death-ligand 1 (PD-L1 Blockade) durch Atezolizumab erleidet ein Patient eine arteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION). Die Histologie der Temporalarterie ergibt überraschenderweise keine Hinweise für eine klassische Riesenzellarteriitis, jedoch klare Zeichen einer vaskulär lokalisierten Hypereosinophilie und somit entsprechender eosinophiler Vaskulitis. Rückblickend hatte dieser Patient allerdings bereits vor Beginn der Immuntherapie eine Hypereosinophilie.

Die Autoren zeigen den möglichen pathophysiologischen Weg der Th2 Antwort mit vermehrter, Interleukin 5 vermittelter eosinophiler Reaktion auf. Wenige Fallberichte zeigen einen ähnlichen möglichen Mechanismus.

Kommentar
Die Liste der immun-vermittelten Nebenwirkungen durch sogenannte Checkpoint-Inhibitortherapien ist lang und scheint noch längst nicht am Ende. Die hier beschriebene, mutmassliche Interleukin-5 vermittelte Reaktion kann entweder bereits vor der spezifischen Tumortherapie bestanden haben oder auch durch diese ausgelöst –zumindest aber verstärkt – worden sein. Weitere IL-5 vermittelte Nebenwirkungen sind zu erwarten oder haben bereits stattgefunden, ohne dass man diese näher evaluiert hätte.
Bei den aktuellen Checkpoint-Inhibitoren ist daher auch an uns zwar bekannte Präsentationen einer jedoch eher unbekannten unterliegenden Pathophysiologie zu denken. Zum einen hilft es uns, mehr über diese Immuntherapie zu verstehen, und zum anderen mehr über unsere «eigenen» häufig benutzten Therapien (siehe z.B. CTLA4 Ig) zu erkennen.

Zur Studie
Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau