Automatische Meniskusanalyse zur Risikoeinschätzung einer Gonarthrose
Large-Scale Analysis of Meniscus Morphology as Risk Factor for Knee Osteoarthritis
Gao K.T. et al. Arthritis Rheumatol 2023;75:1958
Die Autoren untersuchten 4790 Teilnehmer der Osteoarthritis Initiative und entwickelten ein statistisches Formmodell für den Meniskus. Für sieben Formmerkmale wie das Verhältnis zwischen Länge und Breite, die Länge der Hörner, der Winkel der Wurzelansätze oder die Konkavität sowie die Knorpeldicke konnte über einen Zeitraum von 8 Jahren gezeigt werden, dass sie mit der Entstehung oder dem Ausbleiben einer Arthrose in Zusammenhang stehen. Das Rechenmodell konnte eine Korrelation zwischen Meniskusgeometrie und verminderter Tibiaüberdachung sowie Rotationsungleichgewichten zeigen, welche die Arthrose begünstigen. Zudem wurden Assoziationen zwischen der Meniskusform und demografischen Subpopulationen, zukünftiger tibialer Extrusion sowie Meniskus- und Bänderrissen festgestellt.
Die automatische Meniskusanalyse könnte spannend werden und helfen, Gonarthrosen zu verhindern.
Amitriptylin ist beim Reizdarm-Syndrom wirksam
Amitriptyline at Low-Dose and Titrated for Irritable Bowel Syndrome as Second-Line Treatment in primary care (ATLANTIS): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial
Ford A. et al. Lancet 2023;402:1773
Diese Studie ist auch für uns Rheumatologen interessant, da doch viele unserer Rheumapatienten zusätzlich an einem Reizdarmsyndrom leiden. Ich denke da vor allem an chronische Schmerzpatienten.
In dieser doppelblinden, Placebo kontrollierten Studie aus England wurde die Wirksamkeit einer Medikation mit low-dose Amitriptylin bei Patienten mit Reizdarmsyndrom (IBS) untersucht. Es wurden 463 Patienten (315 Frauen und 148 Männer) mit einem Durchschnittsalter von 48.5 Jahren in die Studie eingeschlossen. Sie mussten mindestens 75 Punkte im Irritable Bowel Syndrome Symptome Severity Score (IBS SSS) für den Einschluss in die Studie aufweisen. Der IBS SSS reicht von 0-500 Punkten, wobei 75-175 einem leichten, 175 bis 300 einem moderaten und > 300 einem schweren IBS entsprechen. Die Studienpatienten hatten im Durchschnitt bei Studieneinschluss einen IBS SSS von 273. Sie erhielten randomisiert entweder Placebo oder Amitriptylin mit einer Anfangsdosis von 10 mg. Im Verlauf konnte in beiden Gruppen die Dosis erhöht werden auf maximal 3 Tabletten (entweder Placebo oder Amitriptylin).
Im primären Studienendpunkt Verbesserung im IBS SSS nach 6 Monaten zeigte die Verumgruppe eine Reduktion von 99.2 im IBS SSS und die Placebogruppe von 68.9 Punkten. Der Unterschied war in einer Intention to Treat Analyse signifikant. 61 % der mit Amitriptylin behandelten Patienten gaben eine beträchtliche Besserung bis zum Erreichen der Symptomfreiheit an verglichen mit 45 % in der Placebogruppe. Die Nebenwirkungsrate war in beiden Gruppen sehr hoch, wobei unter Amitriptylin häufiger Mundtrockenheit und Schläfrigkeit auftraten verglichen mit der Placebogruppe. Wegen Nebenwirkungen setzten 30 (13%) der Patienten unter Amitriptylin und 59 (26%) unter Placebo die Medikation wieder ab.
Kommentar
In dieser grossen Placebo kontrollierten Doppelblindstudie konnte ein Effekt einer Therapie mit dem trizyklischen Antidepressivum Amitriptylin in tiefer Dosierung gezeigt werden. Der Effekt war doch recht gut und 61 % gaben mindestens eine beträchtliche Besserung der Symptome an. Allerdings war auch die Ansprechrate in der Placebogruppe recht hoch. Das erstaunt nicht, da das Reizdarmsyndrom doch eine erhebliche funktionelle Komponente hat und psychische Belastungsfaktoren eine grosse Rolle dabei spielen. Dementsprechend auch zu erwarten war die hohe Nebenwirkungsrate in beiden Behandlungsgruppen, wobei sogar mehr Patienten, welche Placebo erhielten, die Studie wegen Nebenwirkungen abbrachen.
Für uns Rheumatologen kann diese Studie von Nutzen sein, da viele unserer Rheumapatienten mit chronischen Schmerzen häufig auch zusätzlich an einem Reizdarmsyndrom leiden; ich denke da vor allem an Patienten mit Fibromyalgie.
VEXAS Syndrom: retrospektive Knochenmarkanalyse und klinisch-genetische Korrelation
Targeted testing of bone marrow specimens with cytoplasmic vacuolization to identify previously undiagnosed cases of VEXAS syndrome
Hines AS et al. Rheumatology 2023;62(12):3947
In dieser Arbeit wurden Knochenmarkbiopsate männlicher Patienten auf das Vorliegen von zytoplasmatischen Vakuolen untersucht mit der Frage nach dem Vorliegen eines bisher nicht-diagnostizierten VEXAS Syndroms.
Bis Februar 2022 wurden die Biopsate der zurückliegenden 8 Jahre analysiert, ausgeschlossen wurden Patienten mit akuter Leukämie, Lymphomen, metastatischen soliden Tumoren, Amyloidose oder einem POEMS Syndrom (Polyneuropathie, Organomegalie, Endokrinopathie, monoklonale Gammopathie, Hautveränderungen) oder falls keine klinischen Daten zur Einsichtnahme vorlagen.
Bei 292 Patienten konnte eine Vakuolisierung als dokumentiert gefunden werden. Nach weiterer Stratifizierung blieben letztlich 21 Patienten mit einem moderat bis hohen Verdacht für ein VEXAS Syndrom übrig. Bei 8 dieser Betroffenen konnte noch eine DNA-Analyse retrospektiv erfolgen, um letztlich bei 7/8 Patienten eine somatische UBA1 Mutation detektieren zu können.
Kommentar
Falls also klinisch ungeklärte Situationen bezüglich Autoimmunität oder Autoinflammation (oder Überlappungen) vorliegen, eine makrozytäre Anämie und zudem noch ein vorgängiges Knochenmark vorhanden sind, kann sich eine erneute Analyse des Knochenmarkbefundes im Hinblick auf ein VEXAS Syndrom lohnen.
Die vorliegende Studie bezieht sich lediglich auf Männer. Mittlerweile sind VEXAS Syndrome ebenfalls bei Frauen beschrieben worden, so dass eine Geschlechterlimitierung wahrscheinlich nicht mehr sinnvoll erscheint.
Solche Analysen werden helfen, eine weitere Charakterisierung dieses Syndroms vornehmen und unser Verständnis über diese Erkrankung erweitern zu können.
Notfall: Zeit zwischen Spitalaufnahme und Behandlungsbeginn entscheidend für Mortalität
The dose-response effect of time between emergency admission and inpatient care on mortality
Castaño-Pérez S. et al. Scientific Reports, Nature Portfolio 2023;13:22244
Die Zeit zwischen Hospitalisierung und Beginn der effektiven Behandlung kann entscheidend sein betreffend Mortalität. Diese spanische Studie untersuchte diesen Zusammenhang für Zuweisungen ins Departement Innere Medizin (n = 7656) sowie für das ganze Spital (n = 83’146).
Einweisungen am Weekend gehen mit einer signifikant erhöhten Mortalität einher, sowohl im Departement der Inneren Medizin wie auch im Gesamtspital. Das höchste Mortalitätsrisiko zeigte sich bei Einweisung am Wochenende, insbesondere an Freitagen mit einem Risiko von 3.92, während Einweisungen am Sonntag kein signifikant erhöhtes Risiko aufwiesen.
Fazit
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass am Weekend Verzögerungen der Behandlung auftreten können. Die vorliegende Studie aus Spanien bestätigt dies: Einlieferungen am Freitag sind am gefährlichsten, am Sonntag zeigt sich kein Weekend-Effekt mehr, zumal am Montag der normale Arbeitsablauf garantiert ist. Diagnostische wie auch therapeutische Einrichtungen und Möglichkeiten stehen am Wochenende weniger zur Verfügung als unter der Woche. Auf Spitalseite gilt es, die entsprechenden Ressourcen anzupassen; für die praktizierenden Ärzte empfiehlt es sich, Patienten mit drohendem Hospitalisationsrisiko nicht erst am Freitag einzuweisen.