Geringer Einfluss von Alkohol auf die Serumharnsäure

Changes in alcohol intake and serum urate changes: longitudinal analyses of annual medical examination database

Fukui S. et al. Ann Rheum Dis 2024;83:1072

In einem japanischen Zentrum für Präventivmedizin wurden retrospektive Analysen anhand systematisch erhobener jährlicher ärztlicher Untersuchungsdaten über 10 Jahre durchgeführt. Bei 63’486 Teilnehmern (Alter 47 Jahre; 55 % Frauen; 59 % regelmässige Alkoholtrinker mit 1.4 Getränken/Tag) mit 370’572 Konsultationen betrug der mediane Serumharnsäure (SU)-Spiegel 5.3 mg/dL (315 µmol/L), und bei 506 (0.8%) wurde die Diagnose Gicht oder Hyperurikämie ohne Medikamenteneinnahme gestellt. Die Verringerung des täglichen Alkoholkonsums führte lediglich zu einer SU-Abnahme um -1.1 µmol/L. Bier hatte die grösste Assoziation mit SU (-2.1 µmol/L für ein Bier weniger). Der vollständige Verzicht auf Alkohol bei zuvor 0.8 Getränken/Tag war mit einer Abnahme der SU um -3.3 µmol/L verbunden; allerdings wurde die Assoziation bei hyperurikämischen Teilnehmern grösser (-6.5 µmol/L für Alkoholabsetzen bei 1.0 Getränken/Tag).

Das Problem dieser Studie sind die «gesunden» Teilnehmer. Bei diesen ergab die grossangelegte Studie, dass Veränderungen des Alkoholkonsums nur minime SU-Veränderungen bei Japanerinnen bewirkten. Unklar bleibt die Wirkung der Verminderung der Alkoholeinnahme bei Hyperurikämie oder Gicht. Die wenigen hyperurikämischen Teilnehmer zeigten mit vollständigem Absetzen von Alkohol eine geringgradig stärkere Serumharnsäuresenkung als jene mit normalen Harnsäurewerten. Zusammenfassend kann dennoch eine Bestätigung der allgemeinen Ansicht gesehen werden, dass eine diätetische Massnahme, hier die Einschränkung des Alkoholkonsums, einen geringen Einfluss auf die Serumharnsäure hat, während eine medikamentöse Behandlung der Hyperurikämie eine hohe Erfolgschance zeigt.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Neuentdecktes weibliches knochenanaboles Hormon

A maternal brain hormone that builds bone

Babey ME et al. Nature 2024;632:357

Durch den Abfall des Östrogenspiegels postpartal, bei gleichzeitig erhöhtem Kalziumbedarf, kommt es in der Stillzeit bei Frauen zu einer Abnahme der Knochenmasse durchschnittlich um 10 %. Dieser Knochenverlust ist nach der Stillphase jedoch reversibel.

Eine Forschergruppe aus Kalifornien konnte nun ein Hormon identifizieren, das einen knochenanabolen Effekt zeigt und diesem Knochenabbau entgegenwirkt. Dieses neu entdeckte knochenanabole Hormon namens CCN3 (zellulärer Kommunikation Netzwerkfaktor 3) wird in den KISS1 Neuronen gebildet. Kiss1-Neurone sind wichtige Regulatoren der Freisetzung des Gonadotropin- Releasing Hormons (GnRH) und der Modulation der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse.

Die weitere Erforschung dieses neu entdeckten Hormons wird zeigen, ob es in Zukunft therapeutisch eingesetzt werden kann zur Behandlung der Osteoporose.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Vergleich eines funktionalen vs nächtlichen Gebrauchs einer Orthese bei CMC1 Arthrose (TMC OA)

Daytime Functional Usage Versus Night-Time Wearing: Identifying the Optimal Wearing Regimen for a Custom-Made Orthosis in the Treatment of Trapeziometacarpal Osteoarthritis

De Carvalho Silva F. et al. Arch Phys Med Rehabil. 2024:online ahead of print

In der randomisierten kontrollierten, einfach verblindeten Studie wurden zwei Gruppen von Patienten (insgesamt 60 Teilnehmer) mit trapeziometakarpaler Arthrose (OA) verglichen: eine Gruppe trug eine Daumenimmobilisationsorthese tagsüber während der täglichen Aktivitäten, die andere Gruppe trug dieselbe Orthese nachts. Die Patienten wurden zu Beginn und nach 45, 90, 180 und 360 Tagen hinsichtlich folgender Parameter bewertet: Schmerzen an der Daumenbasis und in der Hand auf der Numerischen Rating-Skala (NRS 0-10), Bewegungsumfang des Daumens, Griff- und Pinzettenstärke, manuelle Geschicklichkeit und Handfunktion.

Nach einem Jahr zeigten beide Gruppen eine Verbesserung der Schmerzen und der Handfunktion im Vergleich zum Ausgangswert.

Allerdings gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich der meisten gemessenen Parameter, einschließlich der Schmerzen an der Daumenbasis und in der Hand.

Kommentar
Beide Gruppen zeigten eine klinisch relevante Verbesserung der Daumenschmerzen, mit einer Abnahme von mehr als 3 NRS-Punkten. Diese Verbesserung stimmt mit anderen Studien überein, welche die Wirksamkeit von Orthesen bei der Schmerzlinderung im Zusammenhang mit TMC OA belegen. Die Anwendung der Orthese tagsüber bot möglicherweise einen besseren Gelenkschutz bei Aktivitäten und die nächtliche Anwendung Ruhe und Positionierungsvorteile. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen in der Verwendung von Acetaminophen, was darauf hindeutet, dass die Orthese, den Schmerz effektiv ohne erhöhten Medikamentenbedarf bewältigte. Nachteil der Studie ist das Fehlen einer Kontrollgruppe ohne Orthese um insbesondere auch den möglichen Nutzen bezüglich Kraft und Geschicklichkeit im Vergleich zur Orthese zu bewerten.

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Dr. Christian Marx
Zürich

Künstliche Intelligenz (KI) in der Rheumatologie

Application of artificial intelligence in rheumatic disease: a bibliometric analysis

Zhao J. et al. Clin Exp Med 2024;24:196

Bisherige Anwendungen der KI in der Rheumatologie führten zu verbesserter Diagnostik, sie ermöglichten die Voraussage von Krankheitsverläufen und erweiterten Behandlungsoptionen, zudem erleichterten sie die Erstellung von individualisierten medizinischen Lösungen.

Nach einer ersten Publikation in KI im Jahre 1989 explodierte die Zahl der entsprechenden Studien ab 2014. Die vorliegende Studie untersuchte 3’508 Artikel zum Thema. Die Analyse – bis Ende 2023 – ergab folgendes: Am meisten KI-Forschung für rheumatische Erkrankungen erfolgte in den USA sowie China, meist in den bekanntesten Lehrzentren (Universitäten). Die angewandten KI-Technologien umfassten vor allem autonome Robotik, Spracherkennung, neurale Netzwerke sowie insbesondere maschinelles Lernen (ML). Grundlage des Fortschritts in KI für rheumatische Erkrankungen bilden einerseits die erwähnten Technologien, anderseits aber vor allem ausgedehnte Datenbanken. Je besser die Datenbanken, um so besser die Resultate, welche durch KI erzeugt werden können.

Für die Zukunft verspricht man sich insbesondere Neuerkenntnisse in Diagnostik und Therapie, insbesondere aber auch für Anwendungen in der Praxis.

Um die Forschung weiter zu stimulieren, empfehlen die Autoren eine stärkere Verknüpfung unter den Forschern, auch über Nationengrenzen hinweg.

Einen Übersichtsartikel über KI in der Rheumatologie finden Sie in der Septemberausgabe der Zeitschrift Rheuma Schweiz; zudem wird am 24. Oktober ein entsprechendes Webinar stattfinden.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich