Secukinumab im klinischen Alltag
Nachfolgend möchten wir einige Aspekte unter Einbezug der neuen Studiendaten 2019/2020 zum Stellenwert, Wirksamkeit und Sicherheit von Secukinumab im klinischen Alltag beleuchten.
Dosierung
Nach einer Aufdosierung in den Wochen 0, 1, 2, 3 und 4 folgt eine 4 wöchentliche Erhaltungsdosis, jeweils mit 150mg Secukinumab s.c. für die rheumatologischen Indikationen Psoriasis Arthritis (PsA) und axiale Spondylarthritis (AS).
Die Dosis kann bei PsA Patienten, abhängig vom klinischen Ansprechen, auf 300mg erhöht werden. Bei PsA mit vorgängig ungenügendem Ansprechen auf TNF-Inhibitoren wird bereits initial eine Dosierung von 300mg s.c. für die Aufdosierung und die Erhaltung empfohlen. Auch für die Indikation Plaque Psoriasis (PsO) wird eine Dosierung von 300mg s.c. empfohlen.
Vor Beginn einer Behandlung sollten gemäss den Leitlinien der Schweizerischen Gesellschaft der Rheumatologie Screeninguntersuchungen für eine latente Tuberkulose (IGRA oder Mantoux Test), Hepatitis B/C und HIV Serologie erfolgen, zudem wird ein Differentialblutbild empfohlen[1].
Wirksamkeit: Neues zu Secukinumab bei PsA
Die Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (GRAPPA) hat für ihre Behandlungsempfehlungen 6 Domänen von klinischen Manifestationen der Psoriasisarthritis definiert[2].
- Periphere Arthritis
- Axiale Beteiligung
- Enthesitis
- Daktylitis
- Hautpsoriasis
- Nagelbefall
Unter einer Therapie mit Secukinumab können alle diese klinischen Manifestationen günstig beeinflusst werden, wie in den Phase III Studien FUTURE1 (nachfolgend diskutiert) und FUTURE2 gezeigt werden konnte. Periphere Arthritis
Im Herbst 2019 wurden Resultate der FUTURE 1 – Folgestudie über 5 Jahre publiziert. Über die Hälfte der Probanden erreichten unter Secukinumab 150mg s.c. eine 50% Verbesserung ihrer Symptome gemäss den ACR-Responderkriterien (ACR 20/50/70 unter 150mg s.c. wurde von 67.9%/52.7%/37.4% nach 5 Jahren erreicht)[3].
Im DAS28-CRP zeigt sich eine anhaltende und zunehmende Verbesserung im Vergleich zu den 2 Jahres-Resultaten unter fortgeführter Secukinumab Therapie. Dies betrifft sowohl den Prozentsatz von Patienten, die eine Low-disease activity (75.3% vs 60.1%) als auch eine Remission (60.8% vs. 47.4%) erreichten. Enthesitis/Daktylitis/Haut
In der selben Studie zeigten 78.8% der Probanden nach 5 Jahren eine Resolution von Enthesitiden sowie 93.9% von Daktylitiden.
Für die Hautpsoriasis erreichten 80.6% der Probanden einen Psoriasis Area Severity Index (PASI) 75 und 67% der Probanden sogar eine Verbesserung um 90%. Axiale Psoriasisarthritis
In der aktuellen MAXIMISE Studie, die erstmals das Ansprechen von Secukinumab auf den axialen Befall einer Psoriasisarthritis untersuchte, wurde unter 150mg s.c. und 300mg s.c. Secukinumab eine ASAS 20 von 66./63.1% und ein BASDAI 50 Ansprechen von 32.5/37.4% nach 12 Wochen erreicht.
In der selben Studie werden dieses Jahr noch MRI-Daten zur radiographischen Progression erwartet[4]. Nagel-Psoriasis
In der Rheuma-Schweiz Ausgabe 04/19 wurde durch PD Dr. Dr. Hueber bereits die placebo-kontrollierte, doppelblinde TRANSFIGURE Studie zum Effekt von Secukinumab auf die Nagelpsoriasis vorgestellt. Neuere Daten zur Nagelpsoriasis liegen nicht vor.
Es konnte dort eine Verbesserung des Nail Psoriasis Severity Index (NAPSI) von -73.3% (300mg Secukinumab) und – 63.6% (150mg Secukinumab) über 2.5 Jahre gezeigt werden. Weiteres
Patienten scheinen bei ungenügendem Ansprechen von einer Erhöhung von 150mg auf 300mg s.c. zu profitieren und Secukinumab ist auch bei Patienten mit ungenügendem Ansprechen auf TNFalpha Inhibitoren effektiv, zeigt jedoch bei TNF-naiven Patienten ein besseres Ansprechen.
Ob die Behandlung mit Methotrexat weitergeführt wurde oder nicht machte in Subgruppen Analysen bei PsA und AS keinen Unterschied für den Behandlungserfolg[3, 5].
Wirksamkeit: Neues zu Secukinumab bei AS
In den Phase III Studien Measure 1 und 2 konnte mit einer Erhaltungsdosis von 4-wöchentlicher Gabe Secukinumab 150mg s.c. eine Verbesserung der ASAS 20, BASDAI und subjektiven Lebensqualität versus Placebo in Patienten mit AS gezeigt werden[5].
Die ASAS/EULAR empfiehlt als derzeitige Praxis mit einem TNFi zu beginnen, da 2016 die Datenlage für die IL-17 Inhibierung wesentlich kleiner war als für TNFi. Für die axiale Spondylarthritis empfiehlt sowohl die ASAS/EULAR als auch die Amercian Colleage of Rheumatology/Spondylitis Association of America/Spondyloarthritis Research and Treatment Network neu aufgrund des unterschiedlichen Wirkungsmechanismus nach Versagen des ersten TNF alpha Inhibitors den Wechsel auf einen IL-17A Inhibitor (Secukinumab (Cosentyx®) oder Ixekizumab (Taltz®).[6, 7]
Zur Wahl der Erstlinientherapie nach Versagen von >2 NSAR liegen noch keine Ergebnisse prospektiver Vergleichsstudien von Secukinumab zu anderen Biologika vor. Die SURPASS Studie ist jedoch die erste Head-to-Head Studie (Phase IIIb), die die Wirkung von Secukinumab und Adalinumab in Hinblick auf die radiographische Progression untersucht.[8]
Unerwünschte Wirkungen von Secukinumab
Infekte
Wie bei den meisten Biologikatherapien zeigt sich als häufigste Nebenwirkung eine Zunahme von Infekten, bei Secukinumab insbesondere der oberen Luftwege und Nasen-Rachenraum[9].
Bezüglich Candida Infektionen ist eine Häufung bei genetischen Erkrankungen mit Affektion des IL-17/Th17 Signalweges bekannt. Unter Secukinumab treten selten mukokutane Candidosen auf, exemplarisch betrug die Inzidenz für Candidosen in der 5-Jahres Studie FUTURE1 nur 0.9 EAIR (exposure-adjusted incidence rate)/100 Patienten Jahre[3].
Diese waren medikamentös behandelbar und führten nicht zu einer erhöhten Therapieabbruchrate. Candida Infektionen traten in Studien meist zu Beginn der Secukinumab Therapie auf und nahmen mit zunehmender Therapiedauer in der Inzidenz ab[10].
Entzündliche Darmerkrankungen
Patienten mit einer entzündlichen Darmerkrankung (ED) können aufgrund gemeinsamer pathogenetischer Hintergründe Manifestationen einer Spondyloarthritis entwickeln. Umgekehrt ist das Erkrankungsrisiko für eine ED bis zu viermal erhöht bei Patienten mit einer Hautpsoriasis, Psoriasisarthritis und axialen Spondyloarthritis im Vergleich zur Normalbevölkerung.
Eine Studie zu Secukinumab bei Morbus Crohn musste wegen Ineffektivität frühzeitig beendet werden[11], im Gegensatz zu IL-23 Inhibitoren scheint IL-17A in der Pathophysiologie der ED eine nicht eindeutig pro-inflammatorische Rolle einzunehmen.
Im Tiermodell und ersten klinischen Studien zeigte sich ein heterogenes Bild von teils gehäuftem Neuauftreten und/oder Verschlechterung einer bereits bestehenden entzündlichen Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder mikroskopische Colitis) unter Secukinumab Therapie[12]. In der retrospektiven Übersichtsarbeit von Schreiber et al. von 21 klinischen Studien konnte insgesamt jedoch keine erhöhte Inzidenzrate von entzündlichen Darmerkrankungen unter Therapie mit Secukinumab festgestellt werden[13].
Entgegen der nicht erhöhten Inzidenzrate gilt zu berücksichtigen, dass aufgrund von Ausschlusskriterien (keine bekannte ED oder keine weitere aktive entzündliche Erkrankung) wenige Patienten mit bekannten entzündlichen Darmerkrankungen in den FUTURE 1–5 / MEASURE 1–4 Studien eingeschlossen wurden.
Entsprechend muss im klinischen Alltag bei Patienten mit einer PsA/axSpa oder PsO und begleitendem Morbus Crohn/Colitis Ulcerosa unter Secukinumab Therapie auf mögliche Exacerbationen der Darmerkrankungen geachtet werden.
Secukinumab in der Schwangerschaft
In einzelnen Fallberichten /Tierstudien zeigte sich kein teratogener Effekt. Aktuell existieren allerdings noch keine ausreichenden Daten zur Beurteilung der Sicherheit einer Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit von Secukinumab, auch der medikamentöse Transfer in die Muttermilch ist nicht untersucht. Bis sich weitere Daten ergeben, sollte Secukinumab vor einer Schwangerschaft abgesetzt werden[14].
Secukinumab und Auto-Antikörper
In den Studien FUTURE 1–3 (PsA) und MEASURE 1-4 (AS) konnten bei insgesamt 5 (0.35%) und 8 Probanden (0.7%) anti-Drug-Antikörper nachgewiesen werden. Diese zeigten keine neutralisierende Wirkung auf Secukinumab und führten im Beobachtungszeitraum von 52 Wochen zu keinem sekundären Wirkungsverlust[15].
Stellenwert von Secukinumab in der Behandlung von PsA/AS
Für die Psoriasis Arthritis werden von EULAR in den aktuellen Behandlungsempfehlungen TNFalpha Inhibitoren und IL17-Inhibitoren als gleichwertige First-Line Biologika nach Versagen konventioneller DMARDS, resp. NSAR genannt[16].
Zur Entscheidungshilfe konnte in einer ersten Vergleichsstudie (EXCEED) zur first-line Therapie bei Psoriasisarthritis keine signifikante Überlegenheit von Secukinumab (67%) versus Adalimumab (62%) im Erreichen der ACR20 nach 52 Wochen gezeigt werden[17].
Bei moderater bis schwerer Hautpsoriasis gilt zu berücksichtigen, dass IL17-A Inhibitoren (Secukinumab/Ixekizumab/Brodalumab) und IL-23 Inhibitoren (Guselkumab/Risankizumab) gegenüber TNFalpha Inhibitoren (Adalimumab, Certolizumab, Infliximab, Etanercept) und Apremilast im Ansprechen auf den Psoriasis area severity index (PASI) überlegen sind[18].
Für die AS werden aufgrund der grösseren klinischen Erfahrung und besseren Datenlage weiterhin noch TNFalpha Inhibitoren als Erst-Biologika empfohlen [7].
Resultate der Vergleichsstudie SURPASS von Adalimumab und Secukinumab zur Biologika-Ersttherapie bei AS werden im 2022 erwartet.
Weitere direkte Vergleichsstudien liegen nicht vor, so dass aktuell individuell gemäss Wirkungsprofil/Komorbiditäten und Klinik des Patienten zwischen Secukinumab oder einem TNFalpha Inhibitor in der Wahl der Biologikatherapie nach Versagen eines csDMARDS (PsA) respektive dem ersten TNFalpha Inhibitor (AS) entschieden werden sollte.
Zusammenfassung
- PsA: Secukinumab wird in den neuen EULAR Empfehlungen gleichwertig zu TNFalpha Inhibitoren als Firstline Biologikatherapie nach Versagen von konventionellen DMARDs bei Psoriasis Arthritis empfohlen.
- IL-17 und IL-23 Inhibitoren zeigen bessere Ansprechraten der Hautpsoriasis im Vergleich zu TNFalpha Inhibitoren und Apremilast.
- AS: Die American College of Rheumatology/Spondylitis Association of America empfiehlt nach Versagen des ersten TNFalpha Inhibitors den Wechsel auf Secukinumab aufgrund des unterschiedlichen Wirkungsmechanismus.
Referenzen
- Rheumatologie, S.G., Empfehlung Basistherapie Secukinumab. https://www.rheuma-net.ch/de/fachinformationen/behandlungsempfehlungen, 2020
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