Alleinige Dekompression oder in Kombination mit Spondylodese bei symptomatischer degenerativer Spondylolisthesis

Decompression alone or with fusion for degenerative lumbar spondylolisthesis (Nordsten-DS): five-year follow-up of a randomised, multicentre, non-inferiority trial

Kgomotso E. et al. BMJ 2024:386:e079771

In dieser non-inferiority, randomisiert kontrollierten Studie wurde untersucht, ob bei symptomatischer, degenerativer Spondylolisthesis eine alleinige Dekompression einer Kombination von Dekompression und Spondylodese unterlegen ist. Es wurden insgesamt 267 Patienten, durchschnittlich 66 Jahre alt, mit klinischer Claudicatio spinalis oder einer Ischialgie und radiologisch nachgewiesener > 3 mm Spondylolisthesis und Spinal- und/oder Rezessustenosen eingeschlossen. 88 % der eingeschlossenen und operierten Patienten konnten 5 Jahre nach der Operation mittels Fragebogen befragt werden.

Es zeigte sich im pimären Studienendpunkt von > 30 % Reduktion im Oswestry Disability Index (Skala 0 bis max. 50) keine Unterlegenheit der alleinigen Dekompression gegenüber der kombinierten Dekompression/Spondylodese. Die Patienten in beiden Gruppen hatten vor der Operation einen durchschnittlichen Disability Index von 39 und nach 5 Jahren noch 21. Auch in verschiedenen anderen sekundären Studienendpunkten zeigte sich kein Unterschied. Ausser einer erhöhten Rate an Duralecks in der kombinierten Gruppe waren die peri-/postoperativen Komplikationen gleich häufig. Die Hospitalisationsdauer war 1.7 Tage kürzer in der Gruppe mit alleiniger Dekompression. Auch die Reoperationsrate unterschied sich nicht im Verlauf der 5-jährigen Beobachtungsdauer.

Kommentar
Diese Studie zeigt auf, dass bei symptomatischer degenerativer Spondylolisthesis mit neurologischen Symptomen eine alleinige und meistens minimal invasive Dekompression einer kombinierten Operation mit Dekompression und Spondylodese gleichwertig ist.

Damit können wir als nicht Operateure unseren Patienten mit dieser Diagnose und selbstverständlich nach Ausschöpfung der konservativen Massnahmen, durchaus die «kleine» und weniger invasive Operation empfehlen.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Seltener Übergang von nr-axSpA zu r-axSpA

Sacroiliac radiographic progression over 10 years in axSpA: data from the DESIR inception cohort

Molto A. et al. Ann Rheum Dis. 2024 Feb 29:ard-2023-225184

Eine Analyse der DESIR-Kohorte über 10 Jahre ging der Frage nach, ob Patienten mit initial nicht-röntgenologischer axialer Spondyloarthritis (nr-axSpA) gemäss modifizierter New York (mNY) Kriterien im Verlauf zu einer röntgenologischen axSpA (r-axSpA) mutieren. Bei den 294 Patienten mit 10-Jahres-Verlauf betrug die prozentuale Nettoprogression (d. h. Anzahl der «Progressoren» [von nr-axSpA zu r-axSpA] minus Anzahl der «Regressoren» [von r-axSpA zu nr-axSpA]) 5.8 %. Für die 659 Patienten in der Intention-to-Follow-Studie (integriertes Analysemodell) war die Wahrscheinlichkeit, mNY+ zu werden, 8.7 % nach 10 Jahren, jedoch mit TNF-Hemmern (TNFi) lediglich 4.5 %. Das Knochenmarködem (BME) zu Studienbeginn im MR der Iliosakralgelenke hatte eine Odds Ratio (OR) 6.2 für mNY+ bei positivem HLA-B27+ und eine OR 3.1 bei negativem HLA-B27-. Männliches Geschlecht, Symptomdauer >1.5 Jahre, ASDAS (Axial Spondyloarthritis Disease Activity Score) ≥2.1 und Rauchen (nur bei positivem HLA-B27+) waren ebenfalls mit mNY+ über 10 Jahre assoziiert.

Die Befürchtung, dass sich Patienten mit nr-axSpA im Verlauf von 10 Jahren oft zu einer r-axSpA entwickeln, wird mit diesen Daten, allerdings bei geringer Patientenzahl, entkräftet. Noch seltener (1 von 200 Patienten pro Jahr) ist dies mit TNFi-Therapie.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

EKG Auffälligkeiten und prognostische Relevanz bei ANCA Vaskulitis

Prevalence and prognostic relevance of electrocardiographic abnormalities among patients with ANCA-associated vasculitis

Nygaard L. et al. Rheumatology 2024;63(8):2205

Diese retrospektive Registerstudie aus Dänemark hat die Daten von ANCA-Vaskulitis (AAV) Patientinnen und Patienten in Bezug auf das kardiale Outcome in Bezug zu EKG-Auffälligkeiten über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren untersucht und in einer 1:3 Ratio zu nicht AAV Betroffenen verglichen.

Bei 1431 AAV Betroffenen waren Zeichen einer links-ventrikulären Hypertrophie, ST-Streckenauffälligkeiten und Vorhofflimmern gehäuft mit einer AAV assoziiert. Die kardiovaskuläre Mortalität stieg mit zunehmender Ausprägung der EKG-Abweichungen klar an.

Kommentar
Es ist nachvollziehbar, dass EKG-Auffälligkeiten mit klaren Hinweisen für eine kardial-ischämische Beteiligung einer Kleingefässvaskulitis ein Risiko für eine kardiovaskuläre Mortalität darstellen sollen. Hierzu haben die Kolleginnen und Kollegen eine akribische Arbeit geleistet.

In Zeiten der Kosteneinsparung ist ein EKG leider keine Routine mehr, auch nicht bei Vaskulitisbetroffenen. Dies sollte (wieder?) Standard werden, eine Beurteilung erfahren und selbstverständlich auch Kontrollen beinhalten. In erster Linie jedoch wird sich an einer mutmasslich zusätzlichen kardialen Manifestation einer ANCA-Vaskulitis auch die Potenz der Immunsuppression ableiten lassen (sollen).

«Unser» letzter AAV-Patient mit u.a. ausgeprägter renaler Manifestation zeigte neben vielen anderen gesundheitlichen Problemen ein Vorhofflimmern im Rahmen der akuten AAV-Krankheitsphase. Dies wurde zunächst unter «schwerer Erkrankung» subsummiert, dürfte aber nicht nur retrospektiv sehr wohl einer zusätzlichen Organmanifestation entsprechen und wird entsprechend gemonitort.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Voraussage des Frakturrisikos

Fracture risk prediction in postmenopausal women with traditional and machine learning models in a nationwide, prospective cohort study in Switzerland with validation in the UK Biobank

Lehmann O. et al. J Bone Miner Res 2024:online ahead of print

Evaluation von Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen bei postmenopausalen Frauen aus dem Schweizer Osteoporoseregister (N = 5944), mit Validierung in einer Kohorte der UK Biobank (N = 5474).

Die wichtigsten prädiktiven Faktoren des Frakturrisikos waren Alter, T-Scores, vorausgehende Frakturen sowie die Anzahl der Stürze. In den angewandten Modellen ergab sich zudem eine wichtige Rolle für die Kenntnisse betreffend vorausgehender oder aktueller Antiosteoporose-Therapie.

Fazit
Zwei Modelle (Machine Learning und Cox proportional Hazards Models) zeigten in dieser Studie gegenüber dem FRAX-Tool eine verbesserte Voraussage von Osteoporosefrakturen. In der Prädiktion von Frakturrisiken bei postmenopausalen Frauen zeigte sich die Mitberücksichtigung von verschiedenen Faktoren als lohnenswert: Diese schlossen unter anderem ein den T-Score lumbal, den Trabecular Bone Score (TBS), die Anzahl der Stürze sowie kürzlich erlittene Frakturen.

Eine Validierung des hier beschriebenen Modells sollte nun in mehreren verschiedenen Kohorten erfolgen, um den Frakturvoraussagewert genauer abschätzen zu können, dies insbesondere auch in Berücksichtigung der komplexen Interaktionen zwischen vorausgegangener/aktueller Osteoporosetherapie und Frakturrisiko.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich