Kann «machine learning» in der Vorhersage schwerer Infekte unter Tofacitinib helfen

Machine learning prediction and explanatory models of serious infections in patients with rheumatoid arthritis treated with tofacitinib

Lund HM et al. Arthritis Res Ther 2024;26:153

Das erhöhte Infektrisiko bei Anwendung von Tofacitinib (und anderen Januskinase-Inhibitoren) bei Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis ist weitgehend bekannt. In dieser Studie wurde erstmals anhand von 19 klinischen Studien der Phasen 2-4 untersucht, ob anhand von Ausgangskriterien (baseline characteristics) ein Vorhersagemodell für das Auftreten schwerer Infektnebenwirkungen generiert werden kann.

Insgesamt konnten über 8400 RA Patienten mit 15310 Patientenjahren unter Tofacitinib ausgewertet werden. Infektkomplikationen konnten bei 473 der Betroffenen detektiert werden.

Hauptsächlich prädiktiv für Infekte waren Alter, vorangehende Infektionen und Glucocorticoideinnahme.

Insgesamt konnten die bereits bekannten Risiken bestätigt werden. Es zeigte sich jedoch, dass die Vorhersagemodelle nominell nicht den geforderten statistischen Wert für eine akkurate Vorhersage erfüllten – ebenfalls nicht, wenn es lediglich bezogen auf die „oral surveillance study“ berechnet wurde. Die Autoren sahen hierfür den sich verändernden Verlauf der RA, aber auch die verschiedenen Studienphasen als möglichen Einflussfaktor an und schlussfolgern, dass eine Harmonisierung von Studien zu einem besseren Vorhersageergebnis führen kann.

Kommentar
Man kann monieren, dass man jetzt genauso schlau ist wie vorher. Das stimmt ja aber nur bedingt. Hier wurde erstmalig die Entwicklung eines Algorithmus zur Vorhersage schwerer Nebenwirkungen der Standardbehandlung einer häufig auftretenden rheumatischen Erkrankung über viele Studien hinweg ermöglicht und getestet.

Derzeit sind viele Modelle für Vorhersagen „unterwegs“, um Verläufe von Krankheiten und Medikationsnebenwirkungen zu entwickeln, zu testen und zu validieren. Dies wird uns und unseren Patientinnen und Patienten somit häufiger begegnen, wenn nicht sogar zur Routine werden, um unsere therapeutischen Entscheidungen optimierter treffen zu können.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Neuer Antikörper zur Diagnose des primären Sjögren Syndroms

Novel autoantibodies help diagnose anti-SSA antibody negative Sjögren disease and predict abnormal labial salivary gland pathology

Parker M. et al. Ann Rheum Dis 2024;83(9):1169

Die Diagnose des Sjögren-Syndroms (SjS) kann anspruchsvoll sein.  Eine Sicca-Symptomatik, welche wegweisend ist für das SjS, ist ein häufiges Symptom, vor allem in der älteren Allgemeinbevölkerung, und nur selten ist die Ursache davon ein SjS.  Die Diagnostik des SjS basiert neben der Klinik mit im Vordergrund stehender Sicca-Symptomatik auf dem Vorhandensein von SSA-Antikörpern (Ri52 und/oder Ro 60). Diese sind aber nur in ca. 2/3 der betroffenen Patienten positiv. Bei V.a. SjS und negativen SSA-Antikörpern braucht es in der Regel zur Diagnosesicherung eine Speicheldrüsenbiopsie mit dem Nachweis einer lymphozytären Sialadenitis.

Diese amerikanische Forschergruppe fand nun einen neuen Antikörper, der insbesondere bei SjS Patienten mit negativem SSA-Antikörper vorhanden ist, und eine gute Übereinstimmung mit der Speicheldrüsenbiopsie liefert.

Es handelt sich um einen IgG-Antikörper gegen ein Peptid der D-aminoacryl-tRNA Deacylase.

Kommentar
In dieser Arbeit wurde ein neuer Antikörper beschrieben, der vor allem bei Patienten mit SSA-Antikörper negativem Sjögren-Syndrom positiv ist.  Die zukünftigen weiteren Untersuchungen werden zeigen, wie hoch die Spezifität und Sensitivität dieses neu entdeckten Antikörpers beim Sjögren- Syndrom ist.

Falls insbesondere die Spezifität hoch ist, könnte dieser Antikörper in Zukunft nützlich sein in der Diagnostik des SjS.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Konservative Behandlung der akuten Wirbelfraktur

Conservative Treatments in the Management of Acute Painful Vertebral Compression Fractures

Alimy AR et al. Jama Netw Open 2024;7(9):e2432041

Metaanalyse von 20 prospektiven Studien mit insgesamt über 2’000 Patienten mit Evaluation der konservativen Behandlung von akuten vertebralen Kompressionsfrakturen.

Am wirksamsten erwiesen sich in der kurzfristigen Schmerzreduktion während Aktivitäten Calcitonin sowie NSAR. Über längere Zeit zeigten sich Teriparatid, sowohl in täglicher wie auch wöchentlicher Applikation gegenüber Bisphosphonaten überlegen.

Fazit
NSAR und Teriparatid erscheinen als bevorzugte Behandlungsoptionen zur Schmerzbehandlung bei akuten osteoporotischen vertebralen Kompressionsfrakturen. Obwohl Calcitonin sich ebenfalls als wirksam herausstellte, verbietet das Sicherheitsprofil mit potenziellen Nebenwirkungen eine verbreitete Applikation (Nausea, Erbrechen, Kopfschmerzen, aber auch Malignomrisiko über längere Zeit).

Eine Schmerzbehandlung ist ausserordentlich wichtig, um unnötige Bettruhe und die daraus folgenden Risiken zu vermeiden. Die Wirkung von Teriparatid dürfte einerseits auf den anabolen Mechanismus mit Frakturheilung, anderseits aber auch auf die Verminderung von pro-inflammatorischen Zytokinen zurückzuführen sein. Opioide zeigten keine Überlegenheit gegenüber Placebo und wurden oft frühzeitig wieder abgesetzt. Nicht untersucht wurde das erst seit kurzem verfügbare Romosozumab mit kombinierter anaboler und antiresorptiver Wirkung, was in künftigen Trials berücksichtigt werden sollte.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich