Prophylaxe einer Pneumocystis Jroveci Pneumonie während der Behandlung einer ANCA Vaskulitis
Incidence of Pneumocystis Jiroveci Pneumonia in Patients With ANCA-Associated Vasculitis Initiating Therapy With Rituximab or Cyclophosphamide
Nettleton E et al. Arthritis Care Res (Hoboken) 2023:online ahead of print
In dieser retrospektiven Untersuchung aus den USA wurde die Inzidenz einer Pneumocystis Jroveci Pneumonie (PJP) bei Patienten mit einer ANCA Vaskulitis während der Induktionsphase und Erhaltungsphase ermittelt. 14461 Patienten mit einer ANCA Vaskulitis mit einer Induktionstherapie (70% Rituximab, 19 % Cyclophosphamid und 11% mit beiden Medikamenten) wurden untersucht. In der Induktionsphase hatten nur 37.1% der Patienten eine PJ Prophylaxe mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol (31%), Atovaquone (5.4%), Dapson (3.8%) oder Pentamidin (0.8%). Es traten in der Induktionsphase (erste 6 Monate der Therapie) 10 Fälle einer PJP auf (IR 15/1000 Patientenjahre). 4 davon hatten eine PJ Prophylaxe, 6 der betroffenen hatten keine PJ Prophylaxe. Das entspricht einer IR von 16.1/1000 PJ bei Patienten mit PJ Prophylaxe und 14.4/1000 PJ bei Patienten ohne PJ Prophylaxe. Keiner der Patienten starb an der PJP. Während der Erhaltungsphase traten noch bei weiteren 5 Patienten eine PJP auf (IR 2.1/1000 PJ). Bei den Patienten mit einer PJ Prophylaxe traten deutlich mehr Nebenwirkungen auf: U.a. Neutropenien, Leukopenien, Thrombozyopenien, Clostridium difficile Infektionen, Hepathopathien und Nephropathien.
Kommentar
Diese Studie zeigt doch einige interessante Ergebnisse über das Risiko einer Pneumocystis Jroveci Pneumonie bei einer grossen Anzahl Patienten mit einer ANCA Vaskulitis während der Induktions- und auch Erhaltungstherapie. Nur 37.1% der Patienten erhielten während der Therapieinduktionsphase eine PJ Prophylaxe. Dies obwohl eine solche Prophylaxe in der Induktionsphase in den meisten Therapieguidelines empfohlen wird, da in der Regel hochdosiert Glukokortikoide und zusätzlich Immmunsuppressiva wie Cyclophosphamid oder Rituximab gegeben werden. Insgesamt traten jedoch nur wenige Fälle einer PJP auf (10 Fälle), was einer IR von 10/1000 PJ entspricht. Die IR war nicht unterschiedlich, ob die Patienten eine PJ Prophylaxe erhielten oder nicht. Die Nebenwirkungsrate bei den Patienten unter einer PJ Prophylaxe war aber deutlich höher mit zum Teil doch potentiell gefährlichen NW wie Zytopenien, renalen und hepatischen NW und auch gehäuft einer Clostridium difficile Infektion. Damit stellt sich für mich die Frage, ob eine potentiell nebenwirkungsreiche PJ Prophylaxe in der Induktionstherapie bei Patienten mit einer ANCA Vaskulitis überhaupt gegeben werden sollte, wenn doch kein Benefit besteht? Um diese Frage zu beantworten, braucht es weitere prospektive Untersuchungen.
Übergewicht begünstigt rheumatische Erkrankungen
Body Mass Index and the Risk of Rheumatic Disease: Linear and Nonlinear Mendelian Randomization Analyses
Karlsson T. et al. Arthritis Rheumatol 2023;75:2027
Von 361‘952 Teilnehmern aus der UK Biobank-Kohorte wurden fünf rheumatische Erkrankungen herausgefiltert: Rheumatoide Arthritis (RA, n=8381), Arthrose (n=87430), Psoriasis-Arthropathie (PsA, n=933), Gicht (n=13638) und entzündliche Spondylitis (SpA, n=4328). Ein Anstieg des Body-Mass-Index (BMI) um 1 SD erhöhte mit linearer Mendelscher Randomisierung die Inzidenzrate für RA (Inzidenzratenverhältnis [IRR] 1.52), Arthrose (1.49), PsA (1.80), Gicht (1.73) und SpA (1.34). Der BMI bei Frauen war im Vergleich zu Männern ein stärkerer Risikofaktor für PsA und Gicht, und die Wirkung auf die Arthrose war bei prämenopausalen Frauen stärker als bei postmenopausalen Frauen. Nichtlineare Effekte des BMI wurden für Arthrose und Gicht bei Männern und für Gicht bei Frauen identifiziert, bei Gicht (nichtlinear) stärker bei Männern als bei Frauen.
Diese epidemiologischen Daten zeigen erneut, dass ein höherer BMI zu einem erhöhten Risiko für das Auftreten einer rheumatischen Erkrankung führt. Dieser Effekt war bei Frauen sowohl bei Gicht als auch bei Psoriasis-Arthropathie stärker ausgeprägt als bei Männern. Die Angabe des Körpergewichts in der medizinischen Dokumentation ist unerlässlich. Übergewichtige Patienten müssen entsprechend motiviert werden.
Neurale Mobilisation bei nervenbedingten zervikobrachialen Schmerzen
Effectiveness of Neural Mobilisation for the Treatment of Nerve-Related Cervicobrachial Pain: A Systematic Review with Subgroup Meta-Analysis.
Lascurain-Aguirrebeña I et al. Pain 2023: online ahead of print
In dieser Metaanalyse wurden Studien in verschiedenen Datenbanken (Medline, Web of Science, Scopus, PeDro, Cinahl und Cochrane Datenbanken) von Beginn der Datenbank bis Dezember 2022 einbezogen. Eingeschlossen wurden nur randomisierte kontrollierte Studien, welche die Wirksamkeit der Neuromobilisation (NM) bei nervenbedingten zervikobrachialen Schmerzen untersuchten und als Endpunkt die Schmerzintensität und/oder die Behinderung hatten. Bezüglich dem Endpunkt Schmerz war NM wirksamer als keine Behandlung und NM plus Standard-Physiotherapie war wirksamer als Standard-Physiotherapie allein. NM war jedoch nicht wirksamer als die Traktion der Halswirbelsäule. Bezüglich Behinderung war NM durchwegs wirksamer als alle alternativen Maßnahmen (keine Behandlung, Traktion, Bewegung und Standard-Physiotherapie jeweils allein).
Kommentar
Bis zu zwei Drittel der Patienten mit cervikovertebralen Schmerzen haben eine cervikoradikuläre Schmerzkomponente. Letztere geht mit einer höheren Behinderung und Schmerz im Alltag einher. Sowohl für Schmerzen als auch für die Reduktion der Behinderungen wurden «moderate effect sizes» zugunsten der NM plus Standard-Physiotherapie gefunden. Die Studien in der Metaanalyse untersuchten vor allem die kurzfristigen Effekte der verschiedenen Therapien; daher ist die mittel- und langfristige Wirksamkeit von NM unbekannt ist. Vorteil der NM-Techniken ist jedoch, dass der Patient diese auch selbstständig in einem Gymnastik-Heimprogramm integrieren kann; ein langfristiger Nutzen ist aufgrund der Erfahrungen im klinischen Alltag wahrscheinlich. Die aktuelle Studienlage zeigt, dass es in der täglichen Praxis Sinn macht, bei cervikoradikulären Schmerzen explizit NM zu instruieren resp. zusätzlich zur Standardphysiotherapie zu verordnen.
MTX bei älteren Patienten mit Niereninsuffizienz
Low-Dose Methotrexate and Serious Adverse Events Among Older Adults With Chronic Kidney Disease
Muanda FT et al. JAMA Netw Open 2023; 6(11):e2345123
Untersuchung des 90 Tage-Risikos für ernsthafte Nebenwirkungen bei Erwachsenen mit chronischer Niereninsuffizienz, welche neu niedrigdosiertes Methotrexat (MTX) im Vergleich zu Hydroxychloroquin erhielten. Eingeschlossen wurden Erwachsene über 65 Jahre mit chronischer Niereninsuffizienz (glomeruläre Filtrationsrate < 60 ml/min/1.73 m2). Diese 2’309 Patienten wurden gematcht 1:1 mit Patienten, bei welchen Hydroxychloroquin neu gestartet wurde.
Insgesamt zeigte sich ein 90 Tages-Risiko für eine Hospitalisation wegen Myelosuppression, Sepsis, pneumotoxischer Effekte oder hepatotoxischer Auswirkungen bei 82 Patienten unter MTX (3.55%) gegenüber 40 Patienten unter Hydroxychloroquin (1.73%). Nebenwirkungen traten nach einer mittleren Zeit von 49 Tagen in der MTX-Gruppe auf (28 bis 68 Tage nach Start von MTX). Bei Patienten unter tiefdosiertem MTX (5 bis 15 mg pro Woche) war das Risiko deutlich kleiner.
Fazit
Bei älteren Patienten, und dies besonders bei chronischer Niereninsuffizienz wie in dieser Studie gezeigt, gilt ein besonderes Augenmerk dem vermehrten Auftreten von Nebenwirkungen unter Methotrexat. Praktisch empfiehlt es sich, wenn möglich nicht über
15 mg pro Woche zu dosieren und bei chronischer Niereninsuffizienz besonders auf Zeichen einer Myelosuppression, Infektion, Leber- und pneumologischer Auswirkungen zu achten.