Colchizin bei Kristallarthritis: Auch bei Niereninsuffizient möglich
Safety and efficacy of colchicine in crystal-induced arthritis flare in 54 patients with severe chronic kidney disease
Bausson J. et al. RMD Open 2024:online ahead of print.
Colchizin wird mit gutem Erfolg bei akuter Gicht und Kalziumpyrophosphat-Arthropathie angewandt. Bei schwerer chronischer Niereninsuffizienz (GFR <30 ml/min.) ist Colchizin jedoch kontraindiziert. Die vorliegende Studie untersuchte, ob dem so ist.
Untersucht wurden Wirkung und Nebenwirkungen von Colchizin bei hospitalisierten Patienten mit akuter Gicht oder Kalziumpyrophosphat, bei welchen eine schwere chronische Niereninsuffizienz bestand (GFR <30 ml/min.).
54 Patienten (Durchschnittsalter 75), 62 Interventionen mit Colchizin. 12 Patienten waren unter Dialyse, hauptsächliche Ursachen der Hospitalisation waren Herzversagen (31,5%), akutes Nierenversagen (22,2%), Infekt (18,5%) oder eine akute Arthritis (9,3%). 59 % der Patienten litten an Diabetes. Die initiale Colchizindosis betrug maximal 0,5 mg/Tag und überstieg nie
1 mg pro Tag; Colchizin wurde im Mittel während 6 Tagen verabreicht. Bei 63% zeigte Colchizin einen vollen Wirkungserfolg; es traten keinerlei schwerwiegende Nebenwirkungen auf.
Fazit
In tiefer Dosierung (< 1 mg/Tag) zeigt sich Colchizin als sehr erfolgreich bei kristallinduzierter Arthritis (vorwiegend Gicht) mit einer guten Toleranz und ohne schwerwiegende Nebenwirkungen auch in der Situation einer schweren chronischen Niereninsuffizienz.
Offenlegung von finanziellen Interessenskonflikten in rheumatologischen Fachzeitschriften
Accuracy of Financial Disclosures in US-Based Rheumatology Journals
Guan M. L. et al. Arthritis Care & Res 2024;76(2):304
Die Transparenz der «financial disclosures» in Veröffentlichungen ist wichtig, damit die Leser über mögliche Interessenskonflikte informiert sind. In dieser Studie überprüften die Autoren die angegebenen Interessenskonflikte von Erst-, Zweit- und Letztautoren von 50 veröffentlichten klinisch orientierten Artikeln in den drei (nach Impact Factor) höchstbewerteten allgemeinen rheumatologischen Fachzeitschriften in den USA. Für jeden Autor wurden Zahlungsberichte aus der Open Payments Database (OPD) extrahiert, die sich auf Beratungshonorare, Honorare und Vergütungen für Referenten oder Dozenten bezogen. Ein «potential conflict of interest» (PCOI) wurde definiert als eine Zahlung, die von einem Unternehmen, mit einer laufenden klinischen Studie oder einem auf dem Markt befindlichen Medikament im Zusammenhang mit dem Thema des Manuskripts, innerhalb von 36 Monaten vor dem Online-Veröffentlichungsdatum erhalten wurde. Von 150 analysierten Artikeln enthielten 101 einen PCOI. Zweiundneunzig dieser 101 Veröffentlichungen (92 %) enthielten ungenaue (Nicht- oder Unter-) Angaben. Von 135 Autoren mit PCOI machten 118 ungenaue Angaben (87 %). Alle 14 Artikel, in denen Ergebnisse klinischer Studien veröffentlicht wurden (und alle 23 Autoren), wiesen ungenaue Angaben auf. Die ungenaue Offenlegung der « financial disclosures» durch Autoren ist nach wie vor ein Problem in klinisch orientierten Forschungsstudien.
Kommentar
Die Studie zeigt, dass Ungenauigkeiten bei «financial disclosures» in höherem Maße in Manuskripten auftreten, in denen über Ergebnisse von klinischen Studien berichtet wird. Dies sollte uns als Leser ermahnen, vermehrt die Interessenskonflikte bei der Evaluation von klinischen Studien miteinzubeziehen; insbesondere da diese einen großen Einfluss auf Entscheidungen in der klinischen Praxis ausüben.
Finanzielle Verbindungen sind nicht ausschliesslich negativ zu beurteilen; das Problem ist die mangelnde Transparenz. Möglicherweise hält der Begriff «potential conflict of interest» Autoren davon ab, transparent zu sein. Aufklärung und ein neutralerer Begriff könnten zu mehr Compliance führen.
TRBV-Depletion bei HLA-B27-assoziierter Erkrankung
Targeted depletion of TRBV9+ T cells as immunotherapy in a patient with ankylosing spondylitis
Britanova O.V. et al. Nat Med 2023;29:2731
Im Zentrum des Artikels steht die Fallbeschreibung eines Patienten mit ankylosierender Spondylitis (SpA), welcher innerhalb von 3 Monaten eine Remission erreichte und die Anti-TNF-Therapie nach 5 Jahren kontinuierlicher Anwendung absetzen konnte. Mit drei Dosen Anti-TRBV9 pro Jahr hält die vollständige Remission seit 4 Jahren an.
Verschiedene Beobachtungen wie der Nachweis von CD8+ T-Cell TCRβ CDR3 im Blut, im Liquor und in der Synovialis bei Patienten mit SpA führten zur Hypothese, dass TRBV9+ CD8+ T-Cells die Autoimmunität bei ankylosierender Spondylitis, psoriatischer Arthritis und akuter anteriorer Uveitis verstärken. Die selektive Depletion menschlicher TRBV9+ T-Zellen könnte eine kurative Therapie einer Autoimmunerkrankung darstellen. Die Anti-TRBV9-Therapie könnte möglicherweise auch bei anderen HLA-B27-assoziierten Spondyloarthropathien eingesetzt werden und durch gezielte Eliminierung der zugrundeliegenden Krankheitsursache ohne systemische Immunsuppression ein neues Zeitalter sicherer und effizienter Therapien für Autoimmunität einläuten.
Wie lange soll eine IgG4 assoziierte Erkrankung behandelt werden?
Withdrawal of immunosuppressants and low-dose steroids in patients with stable IgG4-RD (WInS IgG4-RD): an investigator-initiated, multicentre, open-label, randomised controlled trial
Peng L. et al. Ann Rheum Dis 2024:online ahead of print
In dieser open-label, randomisiert kontrollierten Studie wurde untersucht, ob die Therapie mit Glukokortikoiden und/oder Immunsuppressiva bei Patienten mit einer IgG4 assoziierter Erkrankung (IgG4-RD) mit guter Krankheitskontrolle gestoppt werden kann.
Es wurden 146 Patienten mit einem IgG4-RD und stabiler Krankheitskontrolle über mindestens 12 Monate unter einer Kombinationsbehandlung mit Glukokortikoiden (mittlere Dosis ca. 4 mg Prednisonäquivalent) und Immunsuppressiva (jeweils ca. 30% unter Myocophenolat oder Methotrexat, 20% unter Leflunomid und der Rest unter Azathioprin, Cyclophosphamid oder Hydroxychloroquin) eingeschlossen und in drei Gruppen randomisiert (n= 48, 49 und 49 Patienten). Die Krankheitsmanifestationen waren in den drei Gruppen ähnlich ausgeprägt.
Bei der 1. Gruppe wurden sowohl die Glukokortikoide wie auch die Immunsuppressiva ausgeschlichen, in der 2. Gruppe nur die Glukokortikoide und in der 3. Gruppe blieb die Therapie mit Glukokortikoiden und Immunsuppressiva bestehen.
Im primären Studienendpunkt Relaps der Erkrankung während einem Beobachtungszeitraum von 18 Monaten hatten 52 % in der Gruppe 1, 14% in der Gruppe 2 und 12% in der Gruppe 3 einen Krankheits-Relaps. Auch in den sekundären Studienendpunkten IgG4-RD Responder Index, Serum IgG4 und IgG Spiegel sowie Physician Global Assessment zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen Gruppe 1 und den Gruppen 2 und 3. Kein Unterschied sowohl im primären wie auch den sekundären Endpunkten zeigte sich zwischen den Gruppen 2 und 3.
Kommentar
Diese Studie mit einer grossen Anzahl Patienten mit einer IgG4 assoziierten Erkrankung und guter Krankheitskontrolle unter einer Kombinationstherapie mit Glukokortikoiden und Immunsuppressiva zeigt eindrücklich, dass die Rezidivrate sehr hoch, ist wenn die Glukokortikoide und Immunsuppressiva ausgeschlichen werden, verglichen mit Patienten, die auf der Kombinationstherapie blieben oder die Glukokortikoide unter Beibehaltung der Immunsuppressiva ausgeschlichen wurden.
Da sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen Glukokortikoide und Immunsuppressiva oder Immunsuppressiva alleine zeigte, können bei guter Krankheitskontrolle die Glukokortikoide ausgeschlichen werden. Die Immunsuppressiva sollten jedoch weitergegeben werden. Die Dauer dieser Therapie (Langzeittherapie?) bleibt jedoch offen.