Medikamente gegen COVID-19?
Potential therapeutic agents against COVID-19: What we know so far
Lu CC et al, Journal of the Chinese Medical Association: Publish Ahead of Print, April 2020
In der Therapie der Corona-Virus-Erkrankung werden zahlreiche Medikamente eingesetzt, auch solche, deren Wirkung noch nicht oder nur in vitro untersucht worden ist. Gefürchtet sind vor allem die respiratorischen Komplikationen der Erkrankung (Severe Acute Respiratory Syndrome CoronaVirus-2, SARS-CoV-2), bei welchen insbesondere Zytokin-Antagonisten mit Erfolg eingesetzt worden sind.
Der vorliegende Report beleuchtet verschiedene Medikamente, welche bisher verwendet wurden.
Lopinavir/Ritonavir: Antiretrovirale Proteasen-Inhibitoren, seit 2000 eingesetzt gegen HIV-Infektion. Kein Benefit bei COVID-19.
Remdesivir: Antivirales Medikament, ursprünglich entwickelt gegen Ebola und Marburg Vireninfektionen. Hemmt die virale Replikation durch Inhibition der RNA abhängigen RNA-Polymerasen. Viel versprechend; mehrere randomisierte Trials im Gange, erste Resultate Ende Mai 2020 zu erwarten.
Favipiravir: Selektiver RNA-Polymerase-Hemmer, als Grippemittel eingesetzt seit 2014. Präliminäre Studienresultate erfolgreich (virale Clearance, Pneumonie-Score im Thoraxröntgen).
Chloroquin und Hydroxychloroquin: Früher eingesetzt gegen Malaria und seit 50 Jahren bei Autoimmunerkrankungen. Vermindern den Eintritt von Viren in die Zellen. Präliminäre Studien fanden raschere Konversion zu Virus negativ sowie eine Verkürzung der Krankheitsdauer. Mehrere Studien im Gange, unter anderem auch im prophylaktischen wie auch frühtherapeutischen Einsatz (U.S.: NCT04308668). Angewandt wurden in der Regel deutlich höhere Dosen als in der Standardtherapie von Autoimmunerkrankungen.
Interferon: Hemmung der viralen Replikation (teils angewandt bei Hepatitis C in Kombination mit Ribavirin). Studien im Gange.
Interleukin-6-Inhibitoren: Nebst Tocilizumab wurde auch Sarilumab in der Akutphase von respiratorischen Komplikationen mit COVID-19 mit Erfolg eingesetzt. In dieser Phase des «Zytokin-Sturmes» scheinen Interleukin-6-Hemmer erfolgreich zu sein. Studien sind im Gange.
Eine Multicenter-Studie (randomized phase II trial on the efficacy and safety of tocilizumab in the treatment of coronavirus induced disease «CORON-ACT Study» auf Initiative von Prof. Dr. med. Peter Villiger und Team der Rheumaklinik Inselspital Bern, beginnt demnächst mit der Rekrutierung von Patienten.
Fazit:
Präliminäre Daten indentifizieren potentielle Kandidatmedikamente zur Postexpositions-Prophylaxe sowie Therapie bei COVID-19 Erkrankung. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, welche Substanzen sich in welcher Hinsicht bewähren.
Wie wirkt Methotrexat bei RA?
Methotrexate mechanism in treatment of rheumatoid arthritis Methotrexate and its mechanisms of action in inflammatory arthritis
Friedman B. et al. Joint Bone Spine 2019;86:301 / Cronstein B.N. et al. Nat Rev Rheumatol 2020;16:145
In den letzten zwanzig Jahren haben wir dank der Biologika einiges zu deren Wirkmechanismus und zur Pathogenese der RA gelernt. Weniger wissen wir über die konventionellen synthetischen Basistherapeutika (csDMARD).
Methotrexat (Amethopterin) wurde 1947 als strukturell verwandter Folsäurehemmer zur Behandlung der Leukämie synthetisiert und 1951 erstmals bei Psoriasisarthritis und Rheumatoider Arthritis erwähnt. Ab 1985 finden sich Studien zu niedrigdosiertem Methotrexat bei RA, welche zur FDA-Zulassung 1988 führten.
Die Annahme des Mechanismus der Folsäurehemmung ist unwahrscheinlich, da bei einer Serum-Halbwertszeit von einigen Stunden die klinische Wirksamkeit nach der letzten Einnahme 6–8 Wochen anhält sowie der Wirkungseintritt 6-8 Wochen verzögert ist und wir gelernt haben, zur Verminderung der Nebenwirkungen routinemässig Folsäure dazuzugeben. Methotrexat wird dank dem Folat-Transporter 1 (FOLT) intrazellulär polyglutamiert und bleibt deshalb lange Zeit in der Zelle präsent.
Hauptmechanismus dürfte eine erhöhte Adenosin-Produktion sowie eine verstärkte Adenosin-Rezeptoren-Aktivität sein. Das intrazelluläre, polyglutamierte Methotrexat hemmt das Enzym ATIC (5-aminoimidazol-4-carboxamid ribonukleotid [AICAR] transformylase) und wirkt über die Adenosin-Freisetzung und die gehemmte NF-κB-Aktivität antiinflammatorisch; die A2a-Rezeptor-Signalübertragung in den Synoviozyten und die Adenosinfreisetzung hemmen die Entzündungsreaktion, während der A2b-Rezeptor die Osteoklasten stimuliert (welche zu Usuren führen). Ebenso hemmt Methotrexat in den T-Zellen die DHFR (Dihydrofolat Reduktase), welche antiinflammatorisch Dihydrobiopterin (BH2) in Tertahydrobiopterin (BH4) reduziert und die Apoptose-Sensitivität beeinflusst. Allerdings hemmt die DHFR in den Monocyten den Übergang von Dihydrofolat (DHF) zu Tetrahydrofolat (TTF) und stimuliert proinflammatorisch die Produktion von IL-1 und IL-6.
Methotrexat ist seit Jahren unser erstes Basismedikament bei RA, und nach und nach verstehen wir auch dessen Wirkmechanismen; die beiden Publikationen sind spannend zu lesen.
Ultraschall-Mikroskopie
SEEING THE INVISIBLE—ULTRASOUND MOLECULAR IMAGING
Kosareva A. et al, Ultrasound in Med. & Biol. 2020:online
Die technischen Entwicklungen der hochauflösenden Sonographie sind unaufhaltsam. Kürzlich habe ich meine ersten Ultraschalluntersuchungen der Schulter aus dem Jahre 2001 angeschaut und mit den heutigen Bildern verglichen; unglaublich, dass wir uns damals getraut haben, Diagnosen zu stellen! Heute untersuchen wir standardmässig mit einer axialen und lateralen Auflösung von 0.1mm, was der Auflösung eines 3-T-MRT entspricht. Im vorgestellten Review aus Basel werden Techniken molekularer Ultraschallbildgebung (moUS) erläutert. Die moUS u.a. unter Anwendung von Kontrastmittel, wurde mit dem Ziel entwickelt, Krankheitsphänotypen auf zellulärer Ebene, die auf der anatomischen Bildgebung nicht dargestellt werden, nicht-invasiv abzubilden. In der Kardiologie oder Onkologie wird diese Technik experimentell oder im Rahmen von Studien angewandt (siehe Abbildung als Beispiel). In der muskuloskelettalen Bildgebung gibt es einzelne wenige Arbeiten bei RA und SpA (vgl. https://www.rheuma-schweiz.ch/index.php?id=1566&L=1). Konrastmittelultraschall (CEUS) hat sich als invasive und bisher teure Technik im rheumatologischen Alltag noch nicht etabliert. Hierzu braucht es noch einige Studien, ich bin aber zuversichtlich, dass ich den Einzug von CEUS im muskuloskelettalen Ultraschall bei ausgewählten Indikationen noch erleben werde.
Hintergrundsubtrahierte Bilder des linken Ventrikels mit Kontroll- oder Plättchen-gezielten Microbubbles nach Erzeugung einer kurzen anterioren Ischämie. Erlaubte Reproduktion; https://marlin-prod.literatumonline.com/cms/attachment/b7c67d4f-63a7-460c-9b05-2221194a2f12/gr4_lrg.jpg
Reduziert Metformin beim SLE die Schub-Häufigkeit?
Safety and efficacy of metformin in systemic lupus erythematosus: a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled trial
Fangfang S et al. Lancet Rheumatol 2020; 2: e210–16
(Kein EPUB Eintrag, da Journal noch jünger als 1 Jahr)
In dieser multizentrischen, randomisierten, placebo-kontrollierten Studie aus China wurde untersucht, ob die Gabe von Metformin bei Patienten mit SLE die Schub-Häufigkeit positiv beeinflusst. Metformin, ein Biguand zur Behandlung des D.m. Typ II, scheint gewisse immunmodulatorische Eigenschaften zu haben. In einer offenen Proof of Concept Studie der gleichen Autoren zeigte sich unter Metformin eine Reduktion der Schubrate und ein reduzierter Prednisonbedarf bei Patienten mit mildem bis moderatem SLE (Wang H et al. Arthritis Rheumatol 2015;67:3190).
In dieser nun durchgeführten Studie mit 140 SLE Patienten mit normalem Glucosestoffwechsel unter einer bestehenden Therapie mit Prednison, Hydroxychloroquin (90%) und Immunsuppressiva (69 % in Metformin Gruppe, resp. 64% in Placebo Gruppe: Azathioprin, Methotrexat , Mycophenolat etc.), erhielten 67 Metformin in einer maximalen Dosis von 1.5 g/Tag und 73 Patienten Placebo.
Im primären Studienendpunkt, dem SELENA-SLEDAI Flare Index, zeigte sich nach 1 Jahr kein signifikanter Unterschied, jedoch eine Tendenz zu weniger Schüben in der Verum-Gruppe. In den sekundären Studienendpunkten zeigte sich ebenso kein signifikanter Unterschied, jedoch auch eine Tendenz zu einem tieferen SLEDAI-Score und zu einem tieferen Prednison-Bedarf in der Metformin-Gruppe. Die Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen bis auf signifikant mehr gastrointestinale NW und erstaunlicherweise signifikant weniger Infekte in der Metformin-Gruppe ähnlich.
Schade, dass in diese Studie zu wenig Patienten eingeschlossen wurden und dadurch möglicherweise ein positiver Effekt von Metformin auf die Krankheitsaktivität nicht nachgewiesen werden konnte.
Da Metformin ein günstiges und nebenwirkungsarmes Medikament ist, würde sich meiner Meinung nach eine grössere Studie mit mehr SLE Patienten durchaus lohnen.