Kopf-Hals-Tumoren durch Cannabis

Cannabis Use and Head and Neck Cancer

Gallagher TJ et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2024:e242419

Diese multizentrische Kohortenstudie aus den USA untersuchte den Zusammenhang von Cannabiskonsum mit dem Auftreten von Kopf- und Halskrebs (HNC). Daten von 64 Gesundheitsorganisationen wurden über einen Zeitraum von 20 Jahren ausgewertet. Die Kohorte der Personen mit Cannabis-bedingter Störung umfasste 116’076 Personen (51’646 Frauen [44.5 %], Alter 46 Jahre). Die Kohorte der Personen ohne Cannabis-bedingte Störung umfasste 3’985’286 Personen (2’173’684 Frauen [54,5 %], Alter 61 Jahre). Die Rate der neuen HNC-Diagnosen an allen Standorten war in der Kohorte der cannabisbedingten Störung höher. Nach dem Matching (n=115’865 pro Gruppe) hatten Patienten mit Cannabis-bedingter Störung ein höheres Risiko für eine HNC (RR 3.49) als Patienten ohne HNC. Eine ortsspezifische Analyse ergab, dass Personen mit cannabisbedingter Störung ein höheres Risiko für oralen (RR 2.51), oropharyngealen (RR 4.90) und Larynxkrebs (RR 8.39) hatten. Die Ergebnisse waren konsistent bei der Stratifizierung nach älteren und jüngeren Altersgruppen.

Die politische Diskussion um die Legalisierung von Cannabis, der weltweit am häufigsten konsumierten illegalen Substanz, läuft in Europa auf Hochtouren, und Deutschland hat kürzlich den Grenzwert für die Fahrtüchtigkeit festgelegt. Die wissenschaftlichen Daten (beispielsweise Verkehrsunfälle und -Todesfälle) zeigen die Gefährlichkeit der Substanz, aber auch den ungünstigen Einfluss auf die Hirnentwicklung in der Jugend und Adoleszenz. Diese Studie legt einen bisher nicht erklärten Zusammenhang zwischen cannabisbedingten Störungen und der Entwicklung von HNC bei erwachsenen Patienten nahe. Weitere Studien sind nötig, um den Nachweis des Cannabiskonsums als Risikofaktor für HNCs zu belegen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Künstliche Intelligenz in der Patientenberatung

ChatGPT4's proficiency in addressing patients' questions on systemic lupus erythematosus: a blinded comparative study with specialists

Xu D et al. Rheumatology 2024;63(9):2450

In dieser Arbeit aus China wurde untersucht, ob die Beratung von Patienten mit systemischem Lupus erythematodes mittels Chat-GPT gleichwertig oder gar besser ist als die Beratung durch Rheumatologen. Dabei wurden insgesamt 95 häufige Fragen zu Symptomen, Diagnose und Therapie des systemischen Lupus erythematodes an 5 Rheumatologen und an ChatGPT4 gestellt. Die Antworten wurden von einem Expertengremium aus Rheumatologen und Patienten mit SLE nach strengen Qualitätskriterien in 6 verschiedenen Domänen bewertet: Wissenschaftliche Validität, logische Konsistenz, Verständlichkeit, Vollständigkeit, Zufriedenheit und Empathie. In der Beurteilung der Antworten in den 6 Domänen ergab die Auswertung von Patienten einen besseren Score der ChatGPT4 Antworten in den Domänen Zufriedenheit und Empathie. In der Auswertung durch Rheumatologen waren die Antworten in allen 6 Domänen vergleichbar. Es zeigte sich kein messbarer Unterschied.

Kommentar
ChatGPT4 verglichen mit Antworten von Rheumatologen zeigte eine vergleichbare, in bestimmten Bereichen möglicherweise bessere Lösung bei der Beantwortung häufig gestellter Fragen von Patienten mit SLE. Diese Studie zeigt das Potenzial der Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Medizin. Die Zukunft wird zeigen, welche ärztlichen Tätigkeiten in Zukunft  qualitativ gut, vielleicht sogar besser, durch KI übernommen werden können.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Therapieübersicht bei Morbus Still und Makrophagenaktivierungssyndrom

Efficacy and safety of therapies for Still’s disease and macrophage activation syndrome (MAS): a systematic review informing the EULAR/PReS guidelines for the management of Still’s disease

Bindoli S et al. Ann Rheum Dis 2024:online ahead of print

Dieser Review fasst die aktuelle Literaturübersicht zur Therapie bei systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (sJIA), adultem Morbus Still (AOSD) und Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) zusammen im Hinblick auf eine europäische Therapieempfehlungs-Richtlinie.

Zusammengefasst zeigte die Hemmung von Interleukin-1 und/oder Interleukin-6 den grössten Erfolg in Bezug auf Ansprechen, Sicherheit und Nutzen-Risiko-Analyse bei sJIA und AOSD.

Die Gabe von Methotrexat, Cyclosporin A oder auch TNF-Alpha Hemmern hatte hier nur einen marginalen Effekt ergeben.

Bei MAS zeigte sich unter begleitend hoch-dosierten Glucocorticoiden die Gabe von anti-IL-1 und Interferon-Alpha Hemmern am wirksamsten, allerdings ist die Datenlage hier am «dünnsten».

Kommentar
Diese Arbeit trägt sehr gut die aktuell verfügbare Literatur inklusive randomisiert-kontrollierter Studien und Metaanalysen zusammen, was neben zahlreichen Fallberichten nur selten zu finden war und ist.

Auch wenn verschiedene Diskussionspunkte offen bleiben – wie zum Beispiel Verfügbarkeit der Medikation insbesondere einer Interferon-Gamma-Inhibition oder der Zulassung/Auslandsbestellung von Rilonacept – so gibt es ein klares Votum für eine anti-Zytokin-basierte Therapie gegen Interleukin-1 und Interleukin-6.

Die Gaben von Cyclosporin und / oder hoch-dosierten Immunglobulinen auch bei MAS sind somit zwar selbstverständlich immer noch möglich, erscheinen aber im Licht dieser Arbeit eher in die zweite Linie zu gehen.

Bezüglich des Managements eines MAS ist aus meiner Sicht eine interdisziplinäre Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen der Hämatologie wichtig – auf dem Boden unterschiedlicher Erkrankungen beider Fachdisziplinen haben wir unterschiedliche Therapieansätze entwickelt. Ob dies sinnvoll ist und bleibt, sollte auch anhand dieser Daten diskutiert werden.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Therapiewechsel nach initialem TNF-Inhibitor: Wirksamkeit

A Real-World Comparison of Clinical Effectiveness in Patients with Rheumatoid Arthritis Treated with Upadacitinib, Tumor Necrosis Factor Inhibitors, and Other Advanced Therapies After Switching form an Initial Tumor Necrosis Factor Inhibitor

Caporali R et al. Adv Ther 2024;41:3706

Multinationale Studie aus Registerdaten. Nach Wechseln der Behandlung von einem TNF-Blocker bei RA wurde die Wirksamkeit der Folgetherapie untersucht: Wechsel auf Upadacitinib, einen anderen TNF-Blocker oder ein DMARD mit anderem Wirkungsmechanismus.

Die Gruppe mit einem Wechsel eines TNF-Inhibitors auf Upadacitinib zeigte gegenüber jener mit einem zweiten TNF-Blocker eine höhere Rate an Remissionen (67,7% versus 40,3%), Schmerzlosigkeit (55,7% versus 25,4%) sowie auch eine bessere Medikamentenretention (60% versus 34,2%). Auch gegenüber einem DMARD mit anderem Wirkungsmechanismus zeigte sich Upadacitinib in den drei Belangen überlegen.

Fazit
Upadacitinib erwies sich nach initialer Behandlung mit einem TNF-Blocker gegenüber einem zweiten TNF-Blocker und auch einem DMARD mit anderem Wirkungsmechanismus überlegen.

Dass ein Wechsel nach einem TNF-Hemmer auf ein Basismedikament mit anderem Wirkungsmechanismus besser ist als zu einem zweiten TNF-Hemmer, ist bereits bekannt. Neu ist, dass sich Upadacitinib auch bei Vorbehandlung mit einem Nicht-TNF-Blocker einem Basistherapeutikum mit anderem Wirkungsmechanismus als Folgetherapie überlegen zeigt. Einschränkend muss hier erwähnt werden, dass die Patientenzahlen mit Sekundärbehandlung mit einem DMARD mit anderem Wirkungsmechanismus in dieser Studie recht klein waren.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich