ANCA-assoziierte Vaskulitis: EULAR-Empfehlungen
EULAR recommendations for the management of ANCA-associated vasculitis: 2022 update
Hellmich B. et al. Ann Rheum Dis. 2023:online ahead of print
Neues Update der Empfehlungen von 2016 betreffend Management und insbesondere die Therapie der ANCA-assoziierten Vaskulitis (AAV) basierend auf den Resultaten mehrerer randomisierter klinischer Trials.
Empfehlungen:
- Induktion einer Remission bei organbedrohender Erkrankung: Glukokortikoide (GC) in Kombination mit entweder Rituximab (RTX) oder Cyclophosphamid (CYC). Reduktion der GC-Dosis mit Ziel 5 mg täglich innert 4 bis 5 Monate. Avacopan wird berücksichtigt als Therapieergänzung zur Reduktion der GC bei GPA (Granulomatose mit Polyangiitis) oder MPA (mikroskopische Polyangiitis).
- Plasmaaustausch kann in Frage kommen bei rasch progedienter Glomerulonephritis.
- Erhaltung der Remission: Rituximab.
- Bei persistierend aktiver eosinophiler GPA wird der Einsatz von Mepolizumab empfohlen.
- Azathioprin und Methotrexat bleiben Alternativen zu den Biologics für die Erhaltung der Remission bei AAV.
Fazit
Der Stellenwert von Rituximab rückt immer mehr in den Vordergrund, insbesondere zur Erhaltung der Remission bei AAV. Neue Daten führten zur Empfehlung des Einsatzes von Avacopan in Kombination mit RTX oder CYC in der Induktionsphase der Remission, insbesondere um die Kumulativdosis der GC zu reduzieren. Für Details der Empfehlungen verweise ich auf die Originalpublikation.
Methotrexat begünstigt Hauttumoren
Use of methotrexate and risk of skin cancer: a nationwide case-control study
Polesi S. et al. Br J Cancer 2023. doi: 10.1038/s41416-023-02172-7
Eine dänische Fall-Kontroll-Studie ordnete histologisch verifizierten Fällen von Basalzellkarzinomen (BCC, n=131‘447), kutanen Plattenepithelkarzinomen (cSCC, n=18‘661) oder kutanen malignen Melanomen (CMM, n=26‘068) je 10 Kontrollen zu. Die Verwendung von MTX war mit einem erhöhten Risiko für BCC, cSCC und CMM mit Odd Ratios (OR) von 1.29, 1.61 bzw. 1.35 verbunden. Für BCC und cSCC nahmen die ORs mit höheren kumulativen Dosen zu. Bei der Beschränkung der Studienpopulation auf Patienten mit Psoriasis waren die ORs 1.43, 1.18 bzw. 1.15 jedoch nicht signifikant.
Methotrexat (MTX) wird mit Hautkrebsrisiko in Verbindung gebracht. Die Studie (CIRT) zur niedrig dosierten MTX-Behandlung bei Patienten nach einem Herzinfarkt und mit einer schweren Koronarsklerose (N Engl J Med 2019;380:752) zeigte eine 3-fach erhöhte Rate von nichtmelanotischen Hautkrebserkrankungen innert 2.3 Jahren. Hier wird ein erhöhtes Risiko für BCC und cSCC im Zusammenhang mit der Verwendung von MTX mit Hinweisen auf ein Dosis-Wirkungs-Muster bestätigt, so dass bei MTX-Therapie die Haut regelmässig untersucht werden sollte.
Lungenbeteiligung bei RA Patienten unter Therapie mit Biologika oder Tofacitinib
Incidence of Interstitial Lung Disease in Patients With Rheumatoid Arthritis Treated With Biologic and Targeted Synthetic Disease-Modifying Antirheumatic Drugs
Baker M. et al. JAMA Netw Open 2023;6(3):e233640
In dieser retrospektiven Kohortenstudie aus einer grossen amerikanischen Datenbank wurde die Inzidenz einer interstitiellen Pneumopathie (ILD) bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) unter einer Basistherapie mit Biologika (bDMARDs) oder kleinen Molekülen (tsDMARDs) untersucht. Es wurden Patienten mit RA, welche bei Studieneinschluss noch keine ILD hatten und unter einer Therapie mit b oder tsDMARDs standen, betreffend Entwicklung einer RA ILD analysiert. Es wurden insgesamt 28’559 RA Patienten untersucht mit einem Durchschnittsalter von 55.6 Jahren. Die Inzidenzrate pro 1000 Personenjahre für eine ILD betrug 3.43 unter Adalimumab, 4.46 unter Abatacept, 6.15 unter Rituximab, 5.05 unter Tocilizumab und 1.47 unter Tofacitinib. Nach multiplen Adjustierungen der Patienten unter Adalimumab und Tofacitinib zeigte Tofacitinib ein 69 % tieferes Risiko für die Entwicklung einer ILD als Adalimumab.
Kommentar
Die Resultate aus dieser retrospektiven Kohortenstudie zeigen eine tiefe Inzidenz für die Entwicklung einer RA ILD unter Therapie mit dem tsDMARD Tofacitinib. Alle Patienten unter einer Biologikatherapie (Adalimumab, Tocilizumab, Rituximab und Abatacept) hatten eine höhere Inzidenzrate als Tofacitinib.
Parodontalerkrankungen «leaky gum» und rheumatoide Arthritis
Oral mucosal breaks trigger anti-citrullinated bacterial and human protein antibody responses in rheumatoid arthritis
Brewer R. C. et al. Sci Transl Med 2023:online ahead of print
Parodontalerkrankungen treten häufiger bei Personen mit rheumatoider Arthritis (RA) auf, welche nachweisbare Antikörper gegen anticitrullinierte Proteine (ACPAs) haben, was auf eine Entzündung der Mundschleimhaut in der RA-Pathogenese hindeutet. In der aktuellen Studie wurden gepaarte Analysen der menschlichen und bakteriellen Transkriptomik in longitudinalen Blutproben von RA-Patienten durchgeführt. Dabei fanden die Autoren heraus, dass bei Patienten mit RA und Parodontalerkrankungen wiederholt orale Bakteriämien auftraten. Die Bakteriämien waren mit Transkriptionssignaturen von ISG15+HLADRhi und CD48highS100A2pos-Monozyten assoziiert, welche kürzlich in entzündeter RA-Synovia und im Blut von Patienten mit RA-Schüben identifiziert wurden. Die oralen Bakterien, die vorübergehend im Blut beobachtet wurden, waren im Mund weitgehend citrulliniert. Die Bakterien mit in situ citrullinierten Epitopen wurden von somatisch hypermutierten ACPAs angegriffen, welche durch RA-Blutplasmablasten kodiert wurden. Zusammengenommen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass:
- Parodontalerkrankungen führen zu wiederholten Verletzungen der Mundschleimhaut, welche citrullinierte orale Bakterien in den Blutkreislauf freisetzen
- Citrullinierte orale Bakterien aktivieren entzündliche Monozyten-Untergruppen, die in entzündeter RA-Synovia und im Blut von RA-Patienten mit Schüben beobachtet werden
- ACPA-B-Zellen werden aktiviert, wodurch die Affinitätsreifung und Epitopausbreitung auf citrullinierte humane Antigene gefördert wird
Kommentar
In der «Rheuma Schweiz Weekly» Ausgabe vom 03.04.2023 konnte in der Studie https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36415901/ der Benefit einer additiven Parodontaltherapie bei RA-Patienten mit Parodontitis vorgestellt werden. Die aktuelle Studie liefert interessante pathophysiologische Informationen. Interessant an der Studie ist die Evaluation rund um den RA-Schub; die Autoren konnten bereits in einer früheren Studie zeigen, dass es zwei Wochen vor einem Schub eine B-Zell-Signatur und dann eine Signatur von Fibroblasten-ähnlichen Zellen, den so genannten PRIME-Zellen, gab. Zu diesen Zeitpunkten ging es den Patienten gut, sie hatten keine Symptome, aber sie standen kurz vor einem Schub. Es ist schwierig, anhand dieser Beobachtungsdaten eine Kausalität festzustellen; die Studie untersuchte Patienten mit etablierter rheumatoider Arthritis mit Evaluation der Schubsituation. Die Studie liefert einen plausiblen Mechanismus, der zeigt, dass bei parodontaler Erkrankung und undichtem Zahnfleisch «leaky gum» ständig Bakterien ins Blut gelangen und eine Immunreaktion/Schub der RA auslösen. Dies kann dazu beitragen, zu verstehen, warum die Behandlung dieser speziellen Untergruppe von Patienten mit rheumatoider Arthritis ein schwieriges Unterfangen ist.