Abatacept zur Prävention der RA?

Abatacept in individuals at high risk of rheumatoid arthritis (APIPPRA): a randomised, double-blind, multicentre, parallel, placebo-controlled, phase 2b clinical trial

Cope A.P. et al. Lancet 2024 Feb 13:S0140-6736(23)02649-1

Von 213 Patienten, welche positiv auf ACPA und Rheumafaktoren mit entzündlichen Gelenkschmerzen waren, wurden 110 mit Abatacept (wöchentlich 125 mg subkutan) und 103 mit Placebo für 12 Monate behandelt. 7 (6 %) mit Abatacept und 30 (29 %) mit Placebo entwickelten nach 12 Monaten eine Rheumatoide Arthritis (RA), und nach weiteren 12 Monaten ohne Therapie waren es 27 (25 %) mit ursprünglich Abatacept verglichen mit 38 (37 %) mit Placebo. Der geschätzte Anteil der nach 12 Monaten arthritisfreien Patienten betrug 92.8 % mit Abatacept und 69.2 % mit Placebo. Während der 12-monatigen Behandlungszeit waren die Schmerzwerte, das funktionelle Wohlbefinden, die Lebensqualität sowie die mit Ultraschall gemessene subklinische Synovitis günstiger mit Abatacept vs. Placebo, jedoch hielten diese Effekte nach 24 Monaten nicht an. 7 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten mit Abatacept und 11 mit Placebo auf, darunter ein Todesfall in jeder Gruppe, welcher als nicht behandlungsbedingt angesehen wurde.

Die Autoren schliessen, dass eine therapeutische Intervention in der Risikophase der RA mit akzeptablem Sicherheitsprofil möglich ist. Die 12-monatige Modulation der T-Zell-Kostimulation mit Abatacept reduziert das Fortschreiten der RA, ohne das spätere Manifestwerden einer RA zu verhindern. Die ethischen und ökonomischen Fragen (Behandlung ohne gesicherte Diagnose, wer bezahlt die Behandlung und wer bezahlt die Folgen möglicher Nebenwirkungen?) werden nicht angesprochen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

CTS und CRP: Low-grade Entzündung mit mehr Schmerzausstrahlung

Systemic low-grade C-reactive protein is associated with proximal symptom spread in carpal tunnel syndrome

Zvonickova K. et al. Pain Reports 2024:e1156

Wenn neuropathische Schmerzen sich über die lokale Störung hinaus verbreiten, führt dies zu schwererer Symptomatik und grösserer funktioneller Einschränkung. Die vorliegende Studie untersuchte in zwei Kohorten einen Zusammenhang mit Entzündungsmarkern und Ausdehnung der Schmerzen bei Karpaltunnelsyndrom (CTS).

Unter zahlreichen Entzündungsmarkern fand sich das CRP wie auch Interleukin-6 und IFN-γ erhöht in den Gruppen mit einer Ausstrahlung, insbesondere bis zum Ellbogen, verglichen mit nur lokaler CTS-Symptomatik.

Fazit
Diese Studie wirft die Frage auf, ob eine Ausdehnung der Schmerzen abhängig von einer Low-grade Entzündung ist. Die Resultate weisen darauf hin, insbesondere mit statistisch signifikanter Differenz zwischen lokalen Symptomen und jenen, welche bis zum Ellbogen ausstrahlen.

Zu beachten: Das CRP bewegte sich in dieser Studie im subnormalen Bereich mit Werten zwischen 1,1 bis 6,2 mg/l.

Ob sich daraus eine Konsequenz ergibt, ausstrahlende Schmerzen eher mit antiinflammatorischen Substanzen zu behandeln, muss in zusätzlichen Untersuchungen evaluiert werden.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

«Lifestyle»-Anpassungen als additive Behandlungsoption bei rheumatoider Arthritis und Arthrose

Long-term effectiveness of a lifestyle intervention for rheumatoid arthritis and osteoarthritis: 1-year follow-up of the ‘Plants for Joints’ randomised clinical trial

Wagenaar C. A. et al. RMD open 2024;10(1): e004025

In zwei randomisierten kontrollierten Studien zeigte die multidisziplinäre Lebensstilintervention «plants for joints» (PFJ-https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36617162/) ein Ansprechen der Symptome bei rheumatoider Arthritis (RA) und metabolischem Syndrom-assoziierter Hüft- oder Kniearthrose (MSOA-https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34663431/) im Vergleich zur üblichen Behandlung. Die aktuelle Studie untersuchte die Langzeitergebnisse.

Nach Abschluss von zwei 16-wöchigen Studien bei Menschen mit (1) RA oder (2) MSOA, wurden die Kontrollgruppen auf die aktive PFJ-Intervention umgestellt. Nach dem Ende der

Intervention wurden alle Teilnehmer während einem weiteren Jahr beobachtet. Primäre Ergebnisse waren Krankheitsaktivitätsscore (DAS28) (RA) und Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC) (MSOA). 65 (84 %) der 77 RA-Teilnehmer und 49 (77 %) der 64 MSOA-Teilnehmer schlossen die aktuelle Erweiterungsstudie ab. Die Auswirkungen der PFJ-Intervention wurden in den Kontrollgruppen (nach Wechsel von Kontrollgruppe in PFJ-Interventionsgruppe) repliziert und blieben in der RA-Gruppe ein Jahr nach Abschluss der Intervention (mittlerer DAS28 -0,9 Punkte; p<0,001) erhalten; in der MSOA-Gruppe stieg der mittlere WOMAC an, blieb aber deutlich unter dem Ausgangswert (-7,8 Punkte, p<0,001). Verbesserungen bei C-reaktivem Protein, Taillenumfang (RA und MSOA); LDL-Cholesterin (RA); und Gewicht, Hämoglobin A1c, Blutdruck (MSOA) waren ebenfalls anhaltend. Die Teilnehmer hatten einen Netto-Rückgang der Medikation, und die Therapietreue wurde weitgehend beibehalten.

Kommentar
Die aktuelle Studie (1 Jahr follow up der bereits im Weekly vom 23.10.2023 vorgestellten Studie) bestätigt, dass Lifestyle Interventionen eine anhaltende additive Reduktion der Krankheitsaktivität sowohl bei RA-Patienten als auch bei Arthrose-Patienten bewirken. Bei den RA-Teilnehmern wurde die DAS28-Reduktion für «minimal clinically important difference (MCID)» von 0,8 deutlich übertroffen. Bei den MSOA-Teilnehmern blieb der WOMAC-Wert ein Jahr nach Abschluss der Intervention signifikant niedriger im Vergleich zum Beginn der Intervention und übertraf den MCID von 20 % für Schmerz und körperliche Funktion. Hervorzuheben ist die Langzeittherapietreue, welche eine solche Intervention auch umsetzbar macht. Interessant ist auch, dass (über) die Hälfte der RA- und MSOA-Teilnehmer einen Nettorückgang der Medikamenteneinnahme verzeichneten.

Da in der Studie mehrere Lebensstilfaktoren kombiniert wurden, kann der individuelle Beitrag dieser Faktoren zu den Ergebnissen leider nicht weiter definiert werden.

Die in der aktuellen Studie verwendeten Lifestyle-Interventionen umfassten: 10 Gruppentreffen (mit 6-12 Teilnehmern) für jeweils 2–3 Stunden; theoretische Informationen über: «whole food plant based diet» (WFPD) basierend auf Protokollen von Ornish und Barnard, Gymnastik und Stress mit einem praktischen Kochkurs (mit dem Partner oder einer anderen relevanten Person, beim ersten Treffen). Anschliessend wurde das Programm unterstützt durch Podcasts und Videos für die Umsetzung zu Hause mit Schwerpunkt Entspannungsübungen, körperlichem Training.

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Dr. Christian Marx
Zürich

MR-Beurteilungskriterien für aktivierte Facettengelenksarthrose

Comprehensive Grading System of Inflammatory Features of the Lumbar Facet Joints on Magnetic Resonance Imaging

Acosta J.I. et al. Spine 2024;49:332

Nach einem Ausscheidungsprozess bei 380 Patienten mit Facettengelenksarthrose und therapeutischen Facettengelenkinjektionen wurden 50 Patienten (56 Jahre, 48 % weiblich) analysiert. Vier Wirbelsäulenexperten bewerteten mit Hilfe eines Atlasses für L3/4, L4/5 und L5/S1 (300 Gelenke) je drei Merkmale, das Facettenödem von 0 bis 3, die Intensität und Ausdehnung des Knochenmarködems von 0 bis 2 sowie die Intensität und Ausdehnung des Weichteilödems von 0 bis 2. Die Intra-Reader-Zuverlässigkeitskappa’s für jedes Merkmal reichten von 0.42 bis 0.81, was im Vergleich zu anderen Wirbelsäulenstudien als «moderate» bis «almost perfect» bezeichnet wird, während die Inter-Reader-Zuverlässigkeitskappa’s zwischen 0.37 und 0.54 als «moderate» erachtet werden.

Obwohl alle Patienten Facettengelenksinfiltrationen hatten, wurde leider keine Korrelation mit dem dank dem neuen Score ermittelten Schweregrad/Akuitätsgrad der Facettengelenksarthrose und dem Erfolg der Infiltration analysiert. Erst wenn sich dabei Korrelationen abzeichnen, wird der Score in der Klinik hilfreich sein. Die hier geleistete radiologische Vorarbeit ist ermutigend, aber klinische Studien sind dringend nötig.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich