Keine Infekte nach präoperativer epiduraler Glukokortikoidinfiltration

Preoperative epidural steroid injections are not associated with increased rates of infection and dural tear in lumbar spine surgery

Koltsov J.C.B. et al. Eur Spine J 2021:30:870

In einer Datenbasis (MarketScan®) von 250’000 US-Patienten mit lumbaler Operation in den Jahren 2007–2015 wurde bei 46.4% im vorangehenden Jahr (im Mittel 10 Wochen vor der Operation) eine epidurale Glukokortikoidinfiltration durchgeführt. Es fanden sich weder eine erhöhte postoperative Infektionsrate, auch nicht bei den Patienten mit Infiltration kurz vor Operation, noch vermehrte neurologische oder chirurgische Komplikationen. Jedoch war die Rate der postoperativen Rehospitalisationen sowie Reoperationen erhöht, wofür die grössere Anzahl chronischer Kreuzschmerzpatienten bei den infiltrierten Patienten verantwortlich sein könnte.

Im Gegensatz zur kürzlich hier referierten Studie (/Weekly/2021/01.03.2021/Studien), in der bei knapp 10’000 Patienten Subgruppen gebildet wurden und nach Spondylodese, kurzem Zeitraum (epidurale Glukokortikoidinfiltration innerhalb 30 Tagen präoperativ) und bei hohem BMI eine erhöhte postoperative Infektionsrate auffiel, sprechen die Resultate dieser grossen Studie dafür, dass die Indikation für eine epidurale Glukokortikoidinfiltration unabhängig von allfälliger späterer Operation gestellt werden kann. Bemerkenswert ist der hohe Anteil von fast der Hälfte der Patienten, welche vor einer lumbalen Operation eine epidurale Glukokortikoidinfiltration erhielten.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Sind Lokalanästhetika chondrotoxisch?

In Vitro Effects of Bupivacaine on the Viability and Mechanics of Native and Engineered Cartilage Grafts

Oyadomari S. et al., Am J Sports Med 2021;49:1305-1312

Diese experimentelle in vitro Studie unterstützt die Erkenntnisse aus den letzten Jahren, dass Lokalanästhetika (LA) chondrotoxisch sind. Bovine Knorpelzellkulturen wurden mit Bupivacain 0.5% oder einer neutralen Kontrolllösung versetzt. Bupivacain 0.5% zeigte dabei eindeutig chondrotoxische Eigenschaften.
Aufgrund der Erkenntnisse aus dieser und auch anderer zum Teil in vivo Studien haben Lokalanästhetika einen chrondrotoxischen Effekt und sollten nur mit grösster Zurückhaltung intraartikulär appliziert werden. Ich persönlich injiziere LA nur noch zu diagnostischen Zwecken intraartikulär, z.B. intraartikuläre Injektion ins Hüftgelenk zur Differenzierung von coxogenen oder lumbospondylogenen Schmerzen, aber nicht mehr als Trägerlösung zum Beispiel mit Glukokortikoiden. Dazu benütze ich NaCl 0.9%.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Berühmte Künstler mit rheumatischen Erkrankungen

Famous Artists Who Suffer(ed) From Rheumatic Diseases: A Systematic Review

Freire de Carvalho J et al. J Rheumatol, 2021;48 (4):623-627

In einem ausführlichen systematischen Review gingen die Autoren der Frage nach, welche berühmten Künstler unter rheumatischen Beschwerden litten und leiden und welche Erkrankungen nach der heutigen Kenntnis und Nomenklatur verantwortlich gewesen sein könnten oder sind. Die Suche umfasste wissenschaftliche Artikel von 1965 bis Juni 2020. Von initial 1026 Artikeln erfüllten 68 die Einschlusskriterien. 20 Künstler konnten indentifiziert werden. 8 litten an RA, 3 an Gicht, 2 an systemischer Sklerose, 2 an reaktiver Arthritis und je einer an JIA, AS, Fibromyalgie, Pycnodystostose, Pustulösem Arthroosteitis-Syndrom und Susac-Syndrom. Von den 20 Diagnosen sind 8 bestätigt. Einige der Künstler hatten mehrere mögliche Diagnosen einschliesslich Syphilis, Lepra und genetischer Bindegewebsdefekte. Der Review beschreibt detailliert die Risikofaktoren (ausschweifendes Leben, Verwendung toxischer Materialien), die morphologischen Veränderungen, die verwendeten Therapien, ob die Künstler weiterarbeiten konnten und ob sich ihr Stil krankheitsbedingt veränderte.

Diese sehr lesenswerte Zusammenstellung unterstreicht, wie stark die rheumatischen Leiden das Leben eines jeden Betroffenen beeinflussen, eine Umstellung erzwingen, aber neben Misere auch einmalige intensive Werke hervorbringen können.
Angesichts der damals verwendeten Therapien dürfen wir uns heute glücklich schätzen mit unserer bunten Palette an therapeutischen Möglichkeiten.

 

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Dr. Lukas Wildi
Winterthur

Serum-Calprotectin widerspiegelt COVID-Schweregrad

Circulating Calprotectin as a Biomarker of COVID-19 Severity

Mahler M et al. Expert Review Clin Immunolo, 2021:online

Calprotectin ist im Blut bei entzündlichen Prozessen erhöht, welche mit neutrophilen Granulozyten assoziiert sind. Dementsprechend kann Calprotectin bei gewissen Erkrankungen eine Ergänzung zum CRP darstellen (siehe Artikel über Stellenwert von Calprotectin im Blut bei rheumatischen Erkrankungen www.rheuma-schweiz.ch/index.php?id=2163&L=906&L=906).
Die vorliegende Übersicht evaluiert den Stellenwert von Calprotectin in Bezug auf das Risiko einer schweren Corona-Erkrankung.
Die Analyse von 12 Studien über die Assoziation zwischen Calprotectin im Blut und COVID-19 ergab, dass ein erhöhtes Calprotectin assoziiert ist mit einem erhöhten Risiko einer künstlichen Beatmung/IPS-Bedarf, eines Multiorganversagens sowie Tod durch COVID-19.

Schlussfolgerung:
Calprotectin im Blut scheint ein vielversprechender Biomarker für den Schweregrad einer Corona-Erkrankung darzustellen. Die Autoren empfehlen die Bestimmung des Calprotectins nach PCR-positiver Corona-Erkrankung, um den Krankheitsverlauf frühzeitig abschätzen zu können.

Fazit:
Obwohl Calprotectin noch wenig standardisiert ist (die Bestimmung im Plasma erscheint am zuverlässigsten), erweist sich Calprotectin immer mehr als Ergänzung zu Routineparametern wie CRP oder BSR. Das Calprotectin zeigt Granulozyten abhängige entzündliche Prozesse an und ist unabhängig von der hepatischen Bildung von Entzündungsparametern. Obwohl die vorliegenden Studien bezüglich der jeweils kleinen untersuchten Population Mängel aufweisen, entpuppt sich Calprotectin als möglicher Biomarker für die Früherkennung eines schweren Corona assoziierten Krankheitsverlaufes.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich