Bei Gicht an Aortenstenose denken

Gout and Progression of Aortic Stenosis

Adelsheimer A. et al. Ann Intern Med 2020:online

Eine retrospektive Studie untersuchte konsekutiv ≥65 Jahre alte Leute mit Aortenstenose. 73 (10%) von 699 Patienten hatten eine Gicht, wovon 43% mit Colchizin und 64% mit Harnsäuresenkern behandelt wurden (leider keine präziseren Angaben zur Gicht-Diagnose, nur verminderte glomeruläre Filtrationsrate, keine Harnsäurewerte). 74% der Gichtpatienten entwickelten bis zur Kontroll-Echokardiografie (nach mehr als einem Jahr) eine schwere Aortenstenose im Gegensatz zu 54% der Patienten ohne Gicht (HR 1.45); der Unterschied bestand auch nach multivariablem Abgleichen. Die Autoren, welche früher bereits auf die doppelte Häufigkeit von Aortenstenose bei Gicht hingewiesen haben und hier die Entwicklung zu einer schweren Aortenstenose belegen, sehen die Hypothese bestätigt, dass Gicht ein Risikofaktor für eine Aortenstenose ist.

Der ungünstige metabolische Einfluss der Hyperurikämie auf verschiedene Organe ist epidemiologisch unbestritten, bezüglich kardiovaskulärem Risiko aber noch nicht vollständig belegt. Die Autoren geben uns den Hinweis, dass wir bei Gicht das Stethoskop zur Hand nehmen und eine Aortenstenose suchen sollten. Leider fehlt ein Vergleich zwischen suffizient behandelten Gichtpatienten und solchen mit erhöhter Harnsäure.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Dermatosen als Mimikry

Cutaneous disorders caused by physical damage mimicking rheumatic diseases

Wollina U, Z Rheumatol 2020:online

Das Spektrum rheumatologischer Erkrankungen mit Manifestationen an der Haut ist gross. So sind beispielsweise Effloreszenzen bei den Kollagenosen (z.B. beim systemischen Lupus erythematodes) und bei Spondyloarthritiden (z.B. Psoriasisarthritis) bestens bekannt. Die Autorin beschreibt in dieser Übersichtsarbeit wichtige typische physikalisch bedingte Dermatosen, die wir im klinischen Alltag kennen sollten, damit wir keine Fehldiagnosen und Überbehandlungen vornehmen. Einige dieser Erkrankungen werden durch rheumatische Erkrankungen begünstigt und entstehen im Einzelnen durch Reibung, Scherkräfte, durch Druck, durch Kälte und Feuchtigkeit, sowie durch Blitzschlag. Als Beispiele seien genannt:

  • Friktionshypermelanose
  • Black Heel und Black Toe
  • Kallus
  • Klavus
  • Knuckle Pads und Chewing Pads
  • Erythema ab igne
  • Spontanes subkutanes nichtbakterielles Emphysem
  • Perniones (Chilblains)
  • Cutis anserina perpetua rubra
  • Immersionsfuss
  • Aquagenes Akrokeratom
  • Blitzschlagverletzungen

Fazit:
Lesen Sie den Artikel oder laden Sie ihn kostenlos herunter, damit Sie beim nächsten unklaren Hautbefund den Review als Referenzatlas benutzen und allenfalls einen «Mimikry» erkennen können.

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KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Tofacitinib beim therapierefraktären adulten Morbus Still

Tofacitinib in refractory adult-onset Still's disease: 14 Cases from a single centre in China

Qiongyi Hu et al. Ann Rheum Dis 2020;79(6):842

In dieser unkontrollierten Studie aus China wurden 14 Patienten mit adultem Morbus Still, welche auf vorbestehende Therapien mit Prednison und konventionellen Basismedikamenten wie Methotrexat, Leflunomid, Cyclosporin, Hydroxychloroquin und zum Teil auch Biologika (Tocilizumab und Anakinra) ungenügend angesprochen hatten, mit 2 mal 5 mg Tofacitinib, einem JAK 1/3 Inhibitor, und Prednison behandelt. Von den 14 Patienten erreichten 7 eine komplette, 6 eine partielle Remission und 1 Patient hatte einen Relaps nach Dosisreduktion von Prednison auf 2.5 mg. Das Ansprechen war schnell und die meisten Patienten sprachen innerhalb des ersten Monats auf die Therapie an.

Im Verlauf der Behandlung konnte Prednison schnell in der Dosis reduziert werden. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Eine Patientin musste die Therapie mit Tofacitinib stoppen wegen Menometrorrhagien, 1 Patient wegen Relaps und 2 Patienten stoppten die Therapie nach Erreichen der Remission.

Diese interessante Fallstudie aus China zeigt einmal mehr das Potential der JAK-Inhibitoren bei rheuma-immunologischen Erkrankungen ausserhalb der in der Schweiz zugelassenen Indikationen der rheumatoiden Arthritis und der Psoriasisarthritis. Positive Fallberichte gab es bereits bei den inflammatorischen Myopathien und eine Phase-II-Studie beim systemischen Lupus erythematodes mit Baracitinib, einem JAK1/-Hemmer, war vielversprechend.

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar

Colchicin gegen COVID-19

Treating COVID-19 with Colchicine in community healthcare setting

Della Torre E. et al, Clin Immunol 2020:online

Nach milden grippeähnlichen Symptomen kann die COVID-19-Erkrankung in einen Zustand der Hyperinflammation übergehen, typischerweise nach Fieberattacken von fünf bis zehn Tagen.

Dieser Zustand ist gekennzeichnet durch einen sogenannten «Zytokinsturm», bei welchem verschiedenste Zytokine massiv überhand nehmen. Angesichts des Fehlens von effektiven antiviralen Therapien und zuverlässigen Prädiktoren für eine Krankheitsprogression bleibt in der Regel nur das Abwarten, bis ein Patient schwer erkrankt und im Spital gepflegt werden muss.

Dieser Kurzreport berichtet über neun konsekutive COVID-19-Patienten, welche 3 bis 5 Tage nach Fieberspitzen trotz Acetaminophen mit Colchicin behandelt wurden: Ladedosis von 1 mg perorales Colchicin 2 x innert 24 Stunden mit Folgetherapie von 1 mg täglich bis zum dritten Tag der Fiebersenkung unter 37,5° C. Innerhalb von 72 Stunden entfieberten alle Patienten. Nur ein Patient musste hospitalisiert werden wegen persistierender Dyspnoe, wurde aber nach einer Sauerstofftherapie bereits nach vier Tagen wieder entlassen. Nebenwirkungen traten nur bei zwei Patienten in Form einer milden Diarrhoe auf.

Fazit:
Bekannterweise vermag Colchicin hochentzündliche Zustände im Anfall sehr gut zu unterdrücken, wie wir dies bei Gicht, familiärem Mittelmeerfieber oder Perikarditis kennen. Zwar vermögen laut Studien die Biologics gegen IL-1 und IL-6 den Zytokinsturm zu unterdrücken, führen jedoch nicht immer zu einem guten Resultat, da der Zeitpunkt des Einsatzes kritisch ist. Kontrollierte Studien sind im Gange, welche wichtig sind, um den Einsatz und Effekt von Colchicin in der Prävention von schweren COVID-19-Krankheitsverläufen besser zu charakterisieren.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich