Hohe Rezidivrate bei GCA
Epidemiology and predictors of relapse in giant cell arteritis: A systematic review and meta-analysis
Moreel L. et al. Joint Bone Spine 2023;90(1):105494 resp. Rev Rhum 2023;90(3):278
Diese Datenbankstudie erforschte bei Patienten mit Riesenzellarteriitis (GCA) die kumulative Rezidivrate (CRR) des ersten Rezidivs im Jahr 1, 2 und 5 nach Behandlungsbeginn, die CRR des zweiten und dritten Rezidivs und die Prädiktoren des Rezidivs. 30 Studien (2595 Patienten) wurden für den Zeitpunkt des Rezidivs, 16 Studien (1947 Patienten) für die Prävalenz von Mehrfachrezidiven und 40 Studien (4213 Patienten) für Prädiktoren des Rezidivs eingeschlossen. Die 1-Jahres-, 2-Jahres- und 5-Jahres-CRRs betrugen 32 %, 44 % bzw. 47 %. Die Dauer der Glukokortikoidtherapie war negativ mit der 1-Jahres-CRR assoziiert (p=0.03). Die kumulative Rezidivrate (CRR) des zweiten und dritten Rezidivs betrug 30 % bzw. 17 %. Das weibliche Geschlecht (OR 1.43) und die Beteiligung grosser Gefässe (OR 2.04) waren Prädiktoren für ein Rezidiv.
Ein Rezidiv trat bei fast der Hälfte der GCA-Patienten vor allem in den ersten zwei Jahren nach der Diagnose auf. Jeder dritte Patient hatte mehrere Rezidive erlitten. Diese Daten belegen die nach wie vor ungenügende Behandlung und die Schwierigkeit des Behandlers, zwischen dem geringsten Rezidivrisiko und der kürzesten Glukokortikoidtherapiedauer abzuwägen. Ein frühzeitiger Einsatz von Glukokortikoid-sparenden Wirkstoffen oder eine längerdauernde Glukokortikoidtherapie sollte vor allem bei weiblichen Patienten mit Grossgefässbeteiligung erwogen werden.
Colchizin als Therapeutikum bei Arthrose?
Association of Low-Dose Colchicine With Incidence of Knee and Hip Replacements: Exploratory Analyses From a Randomized, Controlled, Double-Blind Trial
Heijman M et al., Ann Intern Med 2023;176:737
In dieser exploratorischen Analyse aus dem LoDoCo 2 Trial wurde untersucht, ob Patienten unter einer Therapie mit Colchizin eine tiefere Rate von Hüft- und/oder Kniegelenksersatzoperationen verglichen mit Placebo haben.
Der LoDoCo 2 Trial war eine grosse placebokontrollierte Studie, bei welcher 5522 Patienten mit koronarer Herzkrankheit im Durchschnitt während 28.6 Monaten betreffend kardiovaskulären Ereignissen untersucht wurden. Die Hälfte der Patienten erhielt ein Placebopräparat, die andere Hälfte Colchizin 0.5 mg 1-mal täglich. Es zeigte sich dabei eine signifikant tiefere Anzahl kardiovaskulärer Ereignisse in der Verumgruppe.
In dieser zusätzlichen, exploratorischen Studie wurde untersucht, ob die Patienten unter Colchizin eine tiefere Rate an Hüft- und/oder Kniegelenksersatzoperationen aufwiesen. Das Rationale dieser Untersuchung ist die Hypothese, dass Colchizin antiinflammatorisch wirkt, insbesondere über eine IL-1β Hemmung, und ob bei der Arthrose dieses Zytokin und andere inflammatorische Mechanismen eine Rolle spielen.
Von den 5522 Patienten hatten im Verlauf der Studie mit einer mittleren Beobachtungszeit von 28.6 Monaten 68 Patienten (2.5%) eine prothetische Hüft- oder Kniegelenksersatzoperation unter Colchizin und 97 Patienten (3.5%) unter Placebo. Das entspricht einer Inzidenz von 0.9/100 PY in der Colchizingruppe versus 1.3/100PY in der Placebogruppe (HR 0.69 mit CI 0.51-0.95)
Kommentar
Interessante Feststellung aus einer Analyse des grossen LoDoCo2 Trials, dass Patienten unter Colchizin eine signifikant tiefere Rate an Hüft- und/oder Kniegelenksersatzoperationen als Endpunkt der Coxarthrose oder Gonarthrose hatten. Diese Feststellung lässt die Vermutung zu, dass Colchizin einen krankheitsmodifizierenden Effekt bei der Arthrose hat, wahrscheinlich über einen antiinflammatorischen Effekt, insbesondere Hemmung von IL-1β. Ähnliche Ergebnisse zeigte die CANTOS Studie (Canakinumab Antiinflammatory Thrombosis Outcome Study; J Am Coll Cardiol 2020;76:1660ff).
Prospektive, palcebokontrollierte Studien mit der Frage, ob Colchizin einen krankheitsmodifizierenden Effekt bei der Arthrose hat, wären sinnvoll. Interessant wäre ein Vergleich mit Canakinumab. Bei vergleichbarem Effekt wäre Colchizin eine bedeutend günstigere Therapie!
Risikofaktoren für die Progression einer SSc-ILD
Risk factors for lung function decline in systemic sclerosis-associated interstitial lung disease in a large single-centre cohort cancer
Ramahi A. et al. Rheumatology, 2023; 62 :2501
Die US-amerikanischen Kolleginnen und Kollegen um Dinesh Khanna haben in ihrer grossen Single-Center Analyse nach Risikofaktoren für eine (rasche) Funktionsverschlechterung einer SSc-ILD gesucht. Die Evaluation der FVC im Sinn einer ppFVC decline – also der prädiktiven prozentualen Abnahme der FVC – war hier entscheidend. Bei 312 von 484 analysierten SSc Patienten konnte mittels HRCT eine ILD detektiert werden. Univariat zeigten sich eine grosse ILD-Ausdehnung von > 20% im HRCT, eine längere Krankheitsdauer von > 2.4 Jahren und letztlich das Vorliegen von Scl-70 Antikörpern als prädiktiv für eine ILD-Progression. Multivariat waren lediglich die Scl-70 Antikörper als einzig signifikantem Marker mit einer ppFVC Abnahme assoziiert.
Bei Patienten, die innerhalb von 2 Jahren verstarben, war die prozentuale Abnahme der FVC im Mittel mit 8.3% pro Jahr relativ gering, jedoch deutlich schlechter als bei Patienten mit einem längeren Überleben.
Kommentar
Hauptrisikofaktor für die rasche und rasch-letale Progression einer SSc-ILD in dieser grossen single-center Kohorte ist die Positivität von Scl-70 Antikörpern, zudem auch das Vorliegen einer SSc-ILD zu Beginn der Diagnosestellung.
Eine dringliche Abklärung einer ILD und die Beurteilung des kurzfristigen Verlaufs ist mehr als sinnvoll. Die Beeinflussung der ILD unter den hier zwar aufgelisteten Medikamenten kann in dieser Studie jedoch nicht beurteilt werden und benötigt weitere Analysen, die wir u.a. aus dem EUSTAR Register erwarten.
Schleudertrauma: Risikofaktoren für hohe Gesundheitskosten
Predictors of high-cost patients with acute whiplash-associated disorder in Japan
Hayashi K, et al. PLoS ONE 2023; 18(6): e0287676
Daten einer japanischen Autoinsassenversicherung wurden analysiert betreffend Faktoren, welche mit hohen Gesundheitskosten assoziiert sind.
Die Analyse der Daten von 104’911 Personen mit Distorsionstrauma der HWS, mittleres Alter 42 Jahre, ergab folgende prädiktive Faktoren für hohe Gesundheitskosten: Weibliches Geschlecht, Hausfrau, Forderung nach Schadenersatz, Verantwortlichkeit beim Umfall, multiple Arztvisiten, sowie auch Konsultationen für Alternativmedizin. Insbesondere zeigten sich multiple Arztvisiten wie auch Konsultationen für Alternativmedizin als besonders kostentreibend: Die Kosten betrugen bei Vorliegen dieser Faktoren mehr als das Fünffache.
Fazit
Obwohl eine reine japanische Studie, dürften die Konklusionen auch für unsere Regionen ähnlich ausfallen. In der Betreuung von Patienten mit Distorsionstrauma gilt es, durch eine gründliche Untersuchung und Abklärung sowie auch sichere Diagnosestellung und Information des Patienten multiple Arztvisiten wie auch Visiten für Alternativmedizin zu vermeiden.