Tocilizumab verbessert Glucosestoffwechsel bei GCA

The Effects of Daily Prednisone and Tocilizumab on Hemoglobin A1c During the Treatment of Giant Cell Arteritis

Patel N.J. et al. Arthritis Rheumatol 2023;75:586

Bei 209 Patienten (aus GiACTA = Giant Cell Arteritis Clinical Research Study) sank der mediane Hämoglobin A1c (HbA1c)-Spiegel um 0.50% (p<0.01) in der Gruppe, die sowohl Tocilizumab als auch Glukokortikoide (Tocilizumab/Glukokortikoid) erhielt, und um 0.10% (p<0.01) in der reinen Glukokortikoid-Gruppe. Bezüglich Klassifikation der Glukosetoleranz verbesserten sich 42.5% der Patienten in der Tocilizumab/Glukokortikoid-Gruppe vom Prädiabetes-Status auf normal, verglichen mit nur 12.5% der Patienten, die nur mit Glukokortikoiden behandelt wurden. Die tägliche Glukokortikoiddosis war sowohl bei Patienten mit Diabetes wie ohne Diabetes mit dem HbA1c-Spiegel assoziiert.

Die Behandlung mit Tocilizumab bei GCA (Riesenzellarteriitis) war – unabhängig von der Glukokortikoid-Exposition – mit einer erheblichen Senkung des HbA1c-Spiegels und der Entwicklung eines Prädiabetes oder Diabetes verbunden. Allerdings wissen wir nicht, welche Wirkung auf den Glucosestoffwechsel andere Glukokortikoid-sparende Substanzen wie Methotrexat oder Baricitinib bei GCA haben. Unklar ist auch, inwiefern Patienten mit hoher Krankheitsaktivität besser profitieren als jene mit tiefer. Jedenfalls unterstützen diese Daten eine rasche Reduktion der Glukokortikoid-Therapie, und Tocilizumab könnte bereits initial gegeben werden, um eine möglichst kurze Glukokortikoid-Therapiedauer zu ermöglichen.

Zur Studie
KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Ist eine niedrige Krankheitsaktivität bei AAV/MPA tolerabel?

Remission and Low Disease Activity in Granulomatosis with Polyangiitis and Microscopic Polyangiitis: Prevalence and Impact on Damage Accrual

Delvino P. et al. Arthritis Care Res 2023;75(5):1158

Diese Studie untersucht erstmalig die Prävalenz verschiedener Remissionslevels und der sogenannten „Low-Disease-Activity“(LDAS) bei Patienten mit Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und mikroskopischer Polyangiitis (MPA) in Bezug auf den akkumulierten Organschaden (gemessen als Vascular Damage Index VDI) im Zeitverlauf.

Die Kolleginnen und Kollegen untersuchten GPA und MPA Patienten gemäss ACR und/oder Chapel-Hill Nomenklatur aus den Zentren der Universitäten Paris und Padua aus den Jahren 1994-2014 mit einem Follow-up von mindestens 5 Jahren. EGPA Patienten waren ausgenommen. Aktivität wurde gemäss BVAS bestimmt, wobei ein BVAS > 3 als aktive Erkrankung gewertet wurde. LDAS wurde definiert als 0 < BVAS < 3, niedrig-dosierte Glucocorticoidgabe < 7.5 mg/d und /oder weitere Immunsuppression.  Eine dauerhafte Remission oder auch dauerhafte LDAS musste während mindestens 2 aufeinanderfolgenden Jahren bestehen.

Innerhalb des 5 Jahres Follow-up waren 6/10 Patienten in dauerhafter, kompletter Remission, 3.6% in dauerhafter kompletter Remission ohne Therapie, 53% der Patienten waren in dauerhafter Remission mit / unter einer Therapie, während 25% eine LDAS aufwiesen und 12% nie eine LDAS erreichten. Der VDI lag bei Patienten ohne dauerhafte Remission mit 3.7 +/-2.0 signifikant höher als bei Patienten, welche eine dauerhafte Remission erreichten (2.2 +/- 1.9; p< 0.0001).

Zudem war die initiale Organmanifestation ein wichtiger prognostischer Faktor: insbesondere war das Vorliegen einer HNO-Manifestation mit einer negativen Wahrscheinlichkeit für eine dauerhafte Remission verbunden.

Kommentar
Erstaunlich ist, dass in dieser Studie erstmalig gezeigt wird, dass eine komplette Remission einer niedrigen Krankheitsaktivität in Bezug auf den Langzeitschaden „überlegen“ ist. Eine Erweiterung des therapeutischen Spektrums ist somit genauso wichtig wie eine initiale Remissionsinduktion mit dem Ziel der kompletten Remission und deren dauerhaften Erhaltung.

Sinnvoll erscheint auch, eine eventuell «versteckte» HNO Manifestation zu suchen, um prognostische Zeichen zu erkennen und entsprechend ggfs forcierter zu therapieren.

Zur Studie
Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Erhöht eine rheumatoide Arthritis das Risiko für einen Morbus Parkinson?

Rheumatoid Arthritis and Risk of Parkinson Disease in Korea

Kang J et al. JAMA Neurol 2023:online ahead of print

In dieser grossen retrospektiven Untersuchung aus Korea wurde untersucht, ob Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis (RA) ein höheres Risiko haben, an einem Parkinson-Syndrom zu erkranken. Aus einer grossen nationalen Datenbank fanden sich 54’680 Patienten mit einem Alter > 40 Jahren mit RA. 39’010 waren seropositiv und 15’670 seronegativ. Diese Patienten wurden mit 273’400 Kontrollpersonen ohne bekannte rheumatoide Arthritis verglichen, und die statistische Auswertung wurde betreffend Alter, Geschlecht, Komorbiditäten etc. adjustiert. Es fand sich ein statistisch signifikant höheres Risiko an Parkinson zu erkranken bei Patienten mit RA (HR 1.74; 95 % CI 1.52-1.99). Interessanterweise war das Risiko nur bei den Patienten mit seropositiver RA, nicht aber bei denen mit seronegativer RA, erhöht. Bei RA Patienten unter einer Therapie mit Biologika zeigte sich kein erhöhtes Risiko, an Parkinson zu erkranken.

Kommentar
Die Resultate dieser grossen retrospektiven Kohortenstudie aus Korea lassen vermuten, dass Patienten mit seropositiver rheumatoider Arthritis ein höheres Risiko haben, an Parkinson zu erkranken. Bei den Patienten mit seronegativer RA scheint dies nicht der Fall zu sein. Die Studie wurde methodologisch sauber durchgeführt und die RA Patienten wurden mit einer 4-mal grösseren Vergleichspopulation von Nicht RA Personen nach Adjustierung von Confoundern verglichen.

Über die Ursache dieses erhöhten Risikos der serpositiven RA Patienten, an einem Parkinson Syndrom zu erkranken, kann nur spekuliert werden. Wahrscheinlich spielen die chronischen Entzündungsvorgänge eine Rolle. Dies würde auch erklären, dass RA Patienten unter einer Biologikatherapie, mit i.d.R dadurch bedingter guter Kontrolle der RA, kein erhöhtes Risiko haben. Ähnliche Resultate zeigte auch ein Studie bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen ((JAMA Neurol 2018;75:939ff). Dass Patienten mit seronegativer RA kein erhöhtes Risiko haben, könnte damit zusammenhängen, dass deren Krankheitsverlauf in der Regel milder verläuft.

Diese Unterschiede zwischen seronegativen und seropositiven RA Patienten zeigte sich auch in einer anderen grossen Kohortenstudie aus den USA betreffend Demenzrisiko. Seropositive Patienten hatten ein 2.9-fach höheres Risiko, an Demenz zu erkranken, als seronegative (Ann Rheum Dis 2021:80(Suppl1); 380ff).

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar

Gonarthrose im Alter: Risikofaktoren

Risk factors for the long-term incidence and progression of knee osteoarthritis in older adults: role of nonsurgical injury

Pelletier JP et al. Ther Adv Chronic Dis 2023:online ahead of print

Kohortenstudie über Risikofaktoren, insbesondere Auswirkungen von früheren Verletzungen auf eine spätere Kniearthrose. Inzidenz und Schweregrad der Gonarthrose war bei vorausgehenden Verletzungen zum Studienbeginn grösser als ohne Verletzungen. Bei der Kontrolluntersuchung nach 96 Monaten zeigte sich eine grössere Zunahme von Symptomen, aber auch eine stärkere Reduktion des Gelenkspaltes, des medialen Knorpelvolumens sowie eine Zunahme der Knochenmarkläsionen bei vorausgehendem Trauma. Trat während der Beobachtungszeit ein neues oder zusätzliches Trauma auf, nahmen die Symptome ebenfalls zu; aber auch die Reduktion der Gelenksspaltweite, das Ausmass der Meniskusextrusionen sowie der medialen Knochenmarkläsionen zeigten sich verstärkt. Die grössten Risikofaktoren für die Notwendigkeit einer Arthroplastik waren neue meniskale Extrusion und ein erneutes Trauma.

Fazit
Bei älteren Leuten erweist sich ein Knietrauma als unabhängiger Risikofaktor für eine Kniearthrose und Arthoplastik. Präventionsmassnahmen zur Reduktion von Knieverletzungen sind gefragt.

Zur Studie
Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich