Wie viele Schritte pro Tag sind für die Gesundheit ideal?

Relationship of daily step counts to all-cause mortality and cardiovascular events

Stens N et al. J Am Coll Cardiol 2023;82:1483

In dieser Metaanalyse wurde der Zusammenhang zwischen Anzahl Schritte/Tag und der Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse und der Gesamtmortalität untersucht.

In die Metaanalyse wurden 12 Studien mit insgesamt 111’000 Personen eingeschlossen. Es wurde festgestellt, dass bereits ab einer Anzahl von 2517 Schritten/Tag die Gesamtmortalität und ab 2735 Schritte/Tag die kardiovaskulären Ereignisse signifikant reduziert werden konnten.  Bei mehr Schritten/Tag kam es zu einer linearen weiteren Risikoreduktion mit einer optimalen Dosis von 8763 Schritten/Tag zur Reduktion der Gesamtmortalität und 7126 Schritten/Tag der kardiovaskulären Ereignisse. Es konnte auch ein Zusammenhang dieser Risikoreduktion mit der Intensität der Schritte (langsam, mittlere oder hohe Geschwindigkeit) gefunden werden.

Kommentar
Diese interessante Metaanalyse zeigt auf, dass bereits ab einer Schrittanzahl von > 2600, resp. >2800 pro Tag die Gesamtmortalität und das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse positiv beeinflusst werden kann. Die Risikoreduktion nimmt mit zunehmender Anzahl Schritte weiter zu, mit einer optimalen Schrittanzahl um die 8000. Daneben hat die Geschwindigkeit der Schritte (langsam versus schnell) einen Einfluss. Es braucht also nicht, wie immer wieder postuliert, 10’000 oder mehr Schritte/Tag zur Beeinflussung der Mortalität und kardiovaskulären Gesundheit.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

PPI bei SSc-ILD verbessern das Überleben

Anti-acid therapy in SSc-associated interstitial lung disease: long-term outcomes from the German Network for Systemic Sclerosis

Kreuter M. et al. Rheumatology 2023;9:3067

Hier wurden die Daten des Deutschen Netzwerkes Systemsklerose (DNSS) von 2003 an analysiert im Hinblick auf gastro-ösophagealen Reflux (GERD) und/oder die Gabe von Protonen-Pumpen-Hemmern (PPI) im Hinblick auf den Langzeitverlauf mit Focus auf SSc-ILD.

Bei 63% der SSc Patienten und 62% der SSc-ILD Patienten konnte ein GERD gefunden werden. GERD alleine war nicht assoziiert mit einer verkürzten Lebenszeit. Bei Patienten mit SSc-ILD konnte unter PPI gezeigt werden, dass das Gesamtüberleben sowohl nach 1 Jahr als auch nach 5 Jahren signifikant höher war als in der Gruppe ohne PPI. Darüber hinaus hatten die PPI-behandelten SSc-ILD Patienten signifikant verbesserte Lungenfunktionsparameter aufzuweisen.

Wichtig zu wissen ist auch, dass zum Zeitpunkt dieser Datenerhebungen noch kein (weitverbreiteter) Einsatz von Antifibrotika stattgefunden hat, welcher diese Ergebnisse hätte beeinflussen können. Die Autoren diskutieren mögliche positive Effekte aufgrund der unter PPI fehlenden Säureaspirationen (als zumeist unbemerkte Mikrosaspiration) und damit verbundenen Reduktion einer wiederkehrenden zusätzlichen Inflammation.

Kommentar
Meist therapieren wir mit PPI bei Auftreten von Refluxbeschwerden, hier zeigt sich jedoch eine doch deutliche Zahl an GERD ohne Symptomatik. Ob nun daher jeder /jede eine Gastroskopie benötigt oder nicht, kann aus diesen Daten zwar nicht abgeleitet werden (aufgrund des bei SSc erhöhten Barrett-Risikos allerdings schon). Die Gabe von PPI bei Vorhandensein einer SSc-ILD erscheint mehr als gerechtfertigt.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Beim Gichtschub an Thrombosen denken

Risk of Venous Thromboembolism With Gout Flares

Cipolletta E. et al. Arthritis Rheumatol 2023;75:1638

Aus dem britischen Clinical Practice Research Datalink wurde mit Hilfe einer selbstkontrollierten, saison- und altersbereinigten Fallserienanalyse der zeitliche Zusammenhang zwischen Gichtschub und venöser Thromboembolie (VTE) untersucht, wobei die 90 Tage nach der Konsultation wegen eines Gichtschubs in drei 30-Tage-Intervalle unterteilt wurden. Bei 314 Patienten war die VTE-Inzidenz im exponierten Zeitraum signifikant höher als im Ausgangszeitraum. Das bereinigte Inzidenzratenverhältnis (IRR) der VTE in den ersten 30 Tagen nach dem Gichtschub betrug 2.31 im Vergleich zum Ausgangszeitraum. An den Tagen 31-60 war das IRR 1.49 und an den Tagen 61-90 1.67 ohne statistische Signifikanz zum Ausgangswert.

Bei Patienten mit Gicht kam es innerhalb von 30 Tagen nach der Konsultation in der Grundversorgung oder bei einem Krankenhausaufenthalt wegen Gichtschubs zu gehäuften venösen Thromboembolien (VTE). Ob sich eine Prophylaxe rechtfertigt, kann daraus nicht gefolgert werden, aber die Aufmerksamkeit soll sich darauf richten.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich

Sarilumab (IL-6 Hemmer) bei Rezidiv einer Polymyalgia rheumatica unter einer Glukokortikoidtherapie

Sarilumab for Relapse of Polymyalgia Rheumatica during Glucocorticoid Taper

Spiera R. et al. N Engl J Med 2023;389:1263

In dieser Placebo kontrollierten Phase 3 Studie wurde der Effekt einer Therapie mit dem IL-6 Hemmer Sarilumab versus einer konventionellen Glukokortikoidtherapie bei Patienten mit einer Polymyalgia rheumatica (PMR), welche unter einer Glukokortikoidtherapie mit ≥7.5 mg Tagesdosis Prednison ein Rezidiv der PMR hatten, untersucht.

Es wurden 118 Patienten, die die Aufnahmekriterien erfüllten, in die Studie eingeschlossen. Sie hatten eine mittlere Krankheitsdauer von 300 Tagen und standen unter einer mittleren Prednison Dosis von 10 mg bei Studieneinschluss. 60 Patienten erhielten 52 Wochen lang Sarilumab 200 mg 2mal monatlich und Prednison wurde innerhalb von 14 Tagen ausgeschlichen. 58 Patienten erhielten während 52 Wochen Placeboinjektionen und Prednison wurde langsam in der Dosis reduziert und  innerhalb von 52 Wochen augeschlichen. Den primären Studienendpunkt einer anhaltenden Remission über 52 Wochen (definiert als: keine klinischen Symptome einer PMR, dauernd normalisiertes CRP während der Studiendauer von 52 Wochen und eingehaltene Prednisondosisreduktion und Ausschleichen nach 12, resp. 52 Wochen) erreichten 28 % der Patienten in der Sarilumab Gruppe und 10% der Patienten in der Placebogruppe. Die mittlere Prednisondosis betrug 777 mg versus 2044 mg. Nebenwirkungen waren etwas häufiger bei den Patienten unter Sarilumab. Da dieser primäre Studienendpunkt sehr streng war, wurden andere sekundäre Studienendpunkte untersucht. Zum Beispiel waren 81 % der Patienten nach 52 Wochen in der Sarilumab Gruppe symptomfrei und 57 % in der Placebo Gruppe. Eine klinische Remission nach 12 Wochen erreichten 68 % versus 52%. Ein Rezidiv nach Erreichen der Remission hatten im Verlauf der Studie 24 % versus 57 %. Eine «Rescue»-Behandlung mit Prednison im Studienverlauf hatten 35 % versus 59 %. Nach Beendigung der Studie und der Therapien hatten innerhalb 6 Wochen danach 33 % in der Sarilumab und 61 % in der Placebogruppe ein Rezidiv mit der Notwendigkeit einer erneuten Steroidtherapie.

Kommentar
Diese Placebo kontrollierte Phase 3 Studie bei Patienten mit Rezidiv einer Polymyalgia rheumatica unter einer Therapie mit Prednison zeigte einen positiven Effekt einer Therapie mit dem IL-6 Hemmer Sarilumab. Im strengen primären Studienendpunkt einer anhaltenden Remission (definiert als: keine klinischen Symptome einer PMR, dauernd normalisiertes CRP während der Studiendauer von 52 Wochen und eingehaltene Prednisondosisreduktion und Ausschleichen nach 12, resp. 52 Wochen) mag der Effekt mit 28 % versus 10% etwas enttäuschend sein. In gewissen sekundären Studienendpunkten ist der Effekt aber deutlich besser. z.B. lag die klinische Beschwerdefreiheit nach 52 Wochen bei 81 % der mit Sarilumab behandelten Patienten.

Mein persönlicher Therapiealgorhythmus bei der PMR ist primär eine Glukokortikoidtherapie mit 20 mg als Anfangsdosis mit Steroidreduktion je nach klinischem und Laborverlauf. Wenn es nicht möglich ist, die Prednisondosis innerhalb von 3 Monaten unter 7.5 mg zu bringen, setze ich Methotrexat oder Leflunomid ein. Erst wenn dadurch keine befriedigende Krankheitskontrolle möglich ist, nach Reevaluation der Diagnose, setze ich die IL-6 Hemmer Tocilizumab oder Sarilumab ein.

Zur Studie
Dr. Thomas Langenegger
Baar