Konservative versus operative Therapie nach der 1. Schulterluxation?

Shoulder Stabilization Versus Immobilization for First-Time Anterior Shoulder Dislocation: A Systematic Review and Meta-analysis of Level 1 Randomized Controlled Trials

Belk J. et al. Am J Sports Med 2023;51:1634

In dieser Metaanalyse wurde untersucht, ob eine operative Therapie (offene oder arthroskopische Stabilisation) nach einer erstmaligen vorderen Schulterluxation bei jungen, aktiven Personen der konservativen Behandlung überlegen ist. Es fanden sich in einer systematischen Literatur Review 5 randomisierte Level 1 Studien, die die strengen Auswahlkriterien erfüllten.

In diesen 5 Studien wurden 126 Patienten (Durchschnittsalter 23.6 Jahre) operativ behandelt und 133 (Durchschnittsalter 23.1 Jahre) konservativ. Der mittlere Beobachtungszeitraum betrug 59.7 Monate. Von den operativ versorgten Personen hatten 6.3 %, bei den konservativ behandelten 46.6 %, eine erneute Luxation. 4 % der Operierten wurden ein 2. Mal operiert und 30.8 % der nicht Operierten wurden in der Folge operativ stabilisiert. Zudem zeigte 1 Studie einen deutlich besseren Western Ontario Shoulder Instability Index (WOSI) bei den operierten Personen.

Kommentar
Diese Metaanalyse zeigt für mich doch überraschend einen deutlich besseren Outcome einer operativen Stabilisierung bei jungen, aktiven Personen nach einer 1. vorderen Schulterluxation. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die Behandlung der 1. Schulterluxation konservativ ist, ausser es bestehen grössere ossäre oder ligamentäre Läsionen (z.B. Bankart-Läsionen, Hill Sachs Impressionen oder Kapsel/Bandläsionen). Aufgrund dieser Daten werde ich nun junge, aktive  Personen primär den Schulterorthopäden zuweisen.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Frühe Therapieeskalation bei früher RA hilfreich

Favourable effect of a ‘second hit’ after 13 weeks in early RA non-responders: the Amsterdam COBRA treat-to-target randomized trial

Hartman L. et al. Rheumatology, 2023, 62, 2098

Bei Patienten mit früher RA wurde in dieser Studie der Kollegen aus Amsterdam eine initiale Kombination aus Prednisolon mit 30mg/d und „step-down“ plus Methotrexat (COBRA-light) bei Patienten mit hohem Risiko einer Krankheitsprogression untersucht. Hierbei konnte bei 70% der Patienten mit hohem Risiko einer Verschlechterung der RA eine weitgehende Remission erzielt werden, definiert als DAS44 < 1.6 oder gutes EULAR Ansprechen nach 26 Wochen Therapiedauer.

Bei den verbleibenden 30% der frühen RA Patienten mit ausbleibendem oder schlechterem Ansprechen wurde nach 13 Wochen eine Intensivierung der Therapie vorgenommen mittels: Prednisolon 60mg/d und step-down plus Sulfasalazin 2g/ und HCQ 400mg/d für die Hochrisikopatienten. Alle anderen erhielten weiterhin Prednisolon, dann in einer Dosierung von 30mg/d mit step-down, insgesamt jedoch lediglich 14 Patienten. Bei beiden Intensivierungsschemata erreichten ca. die Hälfte der Patienten das vorgegebene Ziel im Verlauf dann ebenfalls.

Kommentar
Frühe Identifizierung der Hochrisikopatienten mit RA und initiale Kombinationstherapie aus Prednisolon und Methotrexat bleibt ein guter Standard, eine frühe Kontrolle zum weiteren step-up oder einer erneuten kurzzeitigen Prednisolon-Wiederaufnahme erscheint sinnvoll.

Die Autoren kritisieren selbst die geringe Anzahl an Patienten in der verbliebenen späteren Interventionsgruppe, dennoch sind beide vorgeschlagenen Schemata alltagstauglich und entsprechen mutmasslich weitgehend der überlegten Praxis.

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Prof. Dr. Sabine Adler
Aarau

Interossei-Sehnenentzündung bei Früharthritis

Association of Interosseous Tendon Inflammation in the Hand with Different Early Arthritides in a Ten Year MRI Study

Van Dijk B.T. et al. Arthritis Rheum 2023:online ahead of print

Niederländische Kohorte von 1’205 Patienten mit verschiedenen Formen einer Früharthritis; Untersuchung mit Kontrast-MRI der Hände betreffend Prävalenz von Sehnenentzündungen der Interossei und deren Beziehung zu klinischen Befunden.

Insgesamt wiesen 36% der frühen RA-Patienten Sehnenentzündungen der Interossei auf, ähnlich häufig bei ACPA negativen wie positiven Patienten. Am häufigsten fanden sich Sehnenentzündungen bei RS3PE (60%) sowie Konnektivitiden (44%). Deutlich weniger häufig konnten Sehnenentzündungen gefunden werden bei undifferenzierter Arthritis sowie Psoriasis Arthritis (je 14%), reaktiver Arthritis und Kristallarthritis (je 7%) sowie peripherer Spondyloarthritis (4%). Besonders häufig fanden sich Sehnenentzündungen bei Erkrankungen mit vorwiegendem Handbefall sowie bei positiven Entzündungszeichen im Blut. Bei positiven Befunden zeigte eine Assoziation mit lokaler Druckdolenz und Schwellung der MCP-Gelenke.

Fazit
Die Entdeckung einer entzündlichen Mitbeteiligung des Interossei-Gewebes bei Handarthritis ist neu im Gegensatz zu schon lange bekannten Sehnenscheidenentzündungen. Bei RA sowie anderen vorwiegend die Hände befallenden Erkrankungen sowie bei erhöhten Entzündungsfaktoren fanden sich in dieser umfassenden Studie häufig Sehnenentzündungen der Interossei im MRI. Diese zeigten eine Assoziation mit Druckdolenz und klinischer Schwellung.

Sehnenentzündungen der Interossei wurden bisher wenig beachtet (im Gegensatz zu Sehnenscheidenentzündungen); sie zeigen in der Regel eine starke entzündliche Aktivität der Erkrankung an, insbesondere bei RA, aber auch bei anderen Arthritiden.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich